Kapitel 34

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„Darf ich dich etwas fragen?", wandte Hicks sich an Lova, kaum dass sich die Hüttentür hinter ihnen schloss. Er ließ ihr gerade einmal die Zeit, das Gesicht zu verziehen, als er bereits zum Weitersprechen ansetzte – offenbar war er sich vollkommen bewusst, dass sie abgelehnt hätte. Doch die Neugier überwog, obwohl Lova ihm das schlechte Gewissen ansehen konnte. „Woher weißt du, wie Viggos Feuerschwert funktioniert?"

Verdutzt runzelte Lova die Stirn. „Ich wusste nicht, dass das einfache Betätigen eines Hebels ein Geheimnis sein soll", gab sie zurück und musterte das Schwert in Hicks Händen. Die Technik hinter der Waffe war ohne Frage kompliziert, doch ihre Anwendung... Das war nichts, wofür Lova über einen Verstand wie Viggo verfügen müsste.

„Nein, aber..." Hicks geriet ins Stocken. Unruhig glitten seine Finger über den Schwertgriff, fuhren über die Rubine und ertasteten jede kleine Kerbe. „Das Schwert erhält seine Brennbarkeit durch das Gel eines Riesenhaften Albtraums. Wenn du es eingesetzt hast, musst du irgendwann auch an die Grenzen des Speichers gestoßen sein."

„Ich nutze es nicht oft", erklärte Lova mit einem beiläufigen Schulterzucken. „Es ist schließlich eine sehr auffällige Waffe." Sie trat einen Schritt auf Hicks zu, ignorierte das Knurren seines Drachen und machte Anstalten, ihm das Schwert aus der Hand zu nehmen. „Nichtsdestotrotz ist es meins, und ich hätte gern, dass das so bleibt."

Hicks verstärkte seinen Griff, bis seine Knöchel weiß hervortraten. Mit zusammengekniffenen Augen taxierte er Lova, studierte sie von Kopf bis Fuß. „Du kämpfst normalerweise gar nicht mit dem Schwert", stellte er überrascht fest. „Deine Haltung und die Neigung deines Handgelenks sind nicht auf Nahkampfwaffen ausgelegt."

Mit einem Ruck riss Lova Viggos Schwert an sich und klammerte sich an den ledernen Griff, als würde Hicks es ihr gleich erneut entreißen. „Danke für die Analyse", sagte sie. „Aber das wusste ich bereits."

„Warum schleppst du es dann mit dir herum?", fragte Hicks. „Du könntest dich damit nicht verteidigen und wie du bereits gesagt hast, es zieht unnötige Augen auf sich."

„Augen wie deine?" Lova zog die Augenbrauen hoch und widerstand dem Impuls, ein spöttisches Schnauben auszustoßen. „Hast du noch mehr unerwünschte Hinweise für mich?"

Er runzelte die Stirn. „Mein Vater scheint dir zu vertrauen", sagte Hicks widerwillig. „Eigentlich sollte mich das überzeugen, aber du wirfst mehr Fragen auf, als du beantwortest."

Jetzt schnaubte Lova doch. „Ich bin ein offenes Buch", gab sie zurück und befestigte Viggos Schwert wieder an ihrem Waffengürtel. Das ungewohnte Gewicht ruinierte ihre kampfbereite Haltung und verschob ihren Schwerpunkt, doch Lova behielt ihre ungerührte Miene bei. „Aber wenn es dich glücklich macht, kannst du mich noch etwas fragen, bevor ich mir einen Schlafplatz suche."

„Du kannst für eine Nacht mein Zimmer haben", bot Hicks an und tätschelte seinem Nachtschatten die Schnauze. „Ohnezahn und ich können eine Nacht in der Schmiede verbringen."

„Danke", sagte Lova, und diesmal meinte sie es tatsächlich ernst. „Und jetzt frag schon."

„Am Tag von Viggos Tod hat er sich geopfert, damit Ohnezahn und ich entkommen könnten." Hicks' Stimme hatte einen ungläubigen Unterton, als kämen ihm seine eigenen Worte absurd vor. „Ohne seine Lektionen hätte ich niemals über die Stärke und das Wissen verfügt, um Johann zu besiegen. Damit hat Viggo nicht nur Berk, sondern das ganze Inselreich gerettet. Aber wenn ich an alles denke, was er vorher getan hat, ist das fast unvorstellbar." Obwohl Hicks genauso alt war wie die beiden Zwillinge, lag in seinen grünen Augen eine unverkennbare Ernsthaftigkeit, als er Lova eindringlich ansah. „Viggo ist nicht mehr hier, um mein Bild von ihm zu berichtigen, doch du kanntest ihn. Glaubst du, dass er sich verändern konnte?"

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