Kapitel 103

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Draußen angekommen, holte ich tief Luft und entfernte mich ein paar Schritte vom Gebäude. Ich hatte den Hinterausgang gewählt, denn dort gab es einen Garten. Er war für Patienten gedacht und im Grunde war ich einer.

Vielleicht half mir der Anblick, nur war die Unruhe zu groß. Eher war es die Wut, welche mich eingenommen hatte.

So schön der Garten war, mit all den Blumen und Bäumen, welche einen Kiesweg säumten. Aber das konnte meine Stimmung nicht heben. Egal wie viel Mühe sich die Gärtner dafür gemacht hatten. Ansonsten bestand die meiste Fläche aus Rasen und ein paar Sitzgelegenheiten. Allerdings befand sich niemand hier.

Irgendwie gab das ein seltsames Bild ab. Die Einrichtung mag klein sein mit wenigen Patienten, dennoch sollte wenigstens irgendwer im Garten sein und den kleinen Fleck Natur genießen.

Ich ließ meinen Blick nochmal die Runde schweifen, aber ich war ganz alleine.

Plötzlich wurde ich von hinten umarmt und verspürte sogleich Erleichterung. Mir war nämlich bewusst wer genau das sein musste. Alleine die Arme um mich erkannte ich sofort und seinen herrlichen Geruch konnte ich wahrnehmen.

Wie gedacht war mir Asher gefolgt. Ich lehnte mich nach hinten an ihn und schloss meine Augen. Er beugte sich zu mir, um mir einen Kuss auf die Wange zu geben.

Ganz leise sagte er: "Ich habe dich vermisst." Dieser Mann schaffte es in kürzester Zeit, dass ich wieder auf den Boden fand. Ich musste sogar leicht lächeln. "Ich dich auch."

Die Zeit im Koma war einsam gewesen. Beinahe hätte ich mich selbst verrückt gemacht. Da war es nun umso schöner meinen Mate bei mir zu haben.

"Die Welt ist ein grausamer Ort ohne dich." Seine Tonlage wies darauf hin wie ernst ihm das war. Seine Arme hatte er fest um mich gelegt und atmete an meiner Halsbeuge tief ein. Noch immer schien er sich mit meinem Geruch selbst zu beruhigen.

Ich wäre ja weiter auf diese Unterhaltung eingegangen, aber wollte etwas anderes geklärt haben.

"Asher, würdest du mich je im Keller einsperren?" Wobei der Keller sehr spezifisch war. Eigentlich sollte ich die Frage allgemein stellen, nur hatte meine Mum mir diesen Floh in den Kopf gesetzt.

Kurz war es still und ich war mir unsicher, was ich davon halten sollte. Das konnte nichts Gutes bedeuten. Meine Mum dürfte wirklich Recht haben.

Nach einer kleinen Weile antwortete er: "Ich würde gerne Nein sagen, aber sag niemals nie. Und mein Dad hat das mal bei meiner Mum gemacht. Ein weiterer Grund um keine klare Antwort zu geben." Mit einem Seufzen legte ich meine Arme auf die seinen und würde es ihm nicht verübeln. Obwohl es Freiheitsberaubung wäre. Dennoch sollte ich einem Werwolf Verständnis entgegen bringen. Er konnte einfach nicht anders. Wie ich, die ständig ihre Magie anwandte, einfach weil es wie ein Zwang war.

Asher fuhr fort: "Mein Dad hat den Keller echt schön eingerichtet, womit er meine Mum auf 180 gebracht hat." Mir mangelte es an den gerechten Worten, weshalb ich den Mund hielt. Da ließ ich lieber ihn reden. "Den genauen Grund kenne ich nicht. Dad schweigt das Thema tot und Mum wagt man nicht zu fragen. Wenn sie sauer ist, lässt man sie besser in Ruhe."

"Hast du keine Vermutung?"

"Auf jeden Fall war das bevor wir überhaupt auf der Welt waren. Vielleicht lag es an den damaligen Unruhen. Die gab es doch immer wieder."

Das klang logisch, nur die Frage warum der Alpha zu so harten Mitteln griff. Wobei es vermutlich nicht viel brauchte, damit ein Alpha dem Wahn verfiel seine Luna um jeden Preis zu beschützen.

Nach einem weiteren tiefen Atemzug an meinem Hals, fragte er: "Wie kommst du darauf?"

Ich musste tief seufzen, denn all das war unendlich anstrengend. "Meine Mum meinte, dass du das tun würdest, falls ich Apollonias Plan umsetze. Es geht darum Runa zu retten." Er drückte mich fest an sich und fragte: "Wie lautet der Plan?"

"Wie wäre es, wenn wir das nachher mit meiner Mum besprechen? Jetzt könnten wir die kurze Zeit für uns genießen. Nur einen Moment den ganzen Alptraum vergessen."

Asher war zwar sicherlich neugierig und wollte die Fakten kennen. Aber kurz hätte ich gerne eine Auszeit. Dieser Wunsch sollte für ihn nachvollziehbar sein.

Tatsächlich tat er mir den Gefallen, denn er gab mir einen Kuss auf den Hals. "Du riechst nicht mehr nach mir." Er hatte es geschafft, denn ich musste leicht lachen. Natürlich musste er das als erstes ansprechen.

"Lass mich raten, sobald wir alleine sind, muss mein Hals dran glauben." Flüsternd antwortete er: "Eigentlich ist hier draußen niemand. Wir sind bereits alleine." Entsetzte riss ich meine Augen auf und spannte mich an. "Bist du verrückt? Du kannst mir doch nicht hier draußen einen Knutschfleck verpassen."

"Naja, den Versuch war es wert. Dann eben später, wenn du wünschst auf andere Gedanken gebracht zu werden. Mich stört das nämlich schon die ganze Zeit. Ein Werwolf kriegt psychische Probleme, wenn die eigene Mate nicht nach einem riecht. Als Hexe ist das vielleicht schwer zu verstehen, aber mich macht das unruhig."

Er gab mir einen weiteren Kuss auf den Hals, welcher mir die Gänsehaut aufzog. Seine Berührungen waren etwas das man vermisste.

Ich drehte mein Gesicht ihm zu und sagte: "Ich liebe dich, Asher." Nach einem kurzen Kuss antwortete er: "Und ich liebe dich." Danach folgte ein längerer, der in einer anderen Position sicherlich leichter wäre, nur war die Umarmung zu schön.

Es war nicht in Worte zu fassen wie sehr ich diesen Mann vermisst hatte. Mit diesem Kuss fühlte es sich so an als würde das die verlorene Zeit wieder gut machen.

Als wir unsere Lippen voneinander lösten, musste ich leicht lächeln und öffnete meine Augen. Sie sahen gleich in die seinen und auch er musste lächeln. 

Unsere Zweisamkeit wurde viel zu schnell zerstört, denn hinter uns wurde die Tür geöffnet. Ich löste mich aus der Umarmung und drehte mich um, denn dem unerwünschten Besuch wollte ich mich gleich stellen.

Meine Mum kam zum Vorschein und fackelte nicht lange, um zu sagen: "Asher, es wäre schön, wenn du in der Nähe von Luana bleibst. In Kürze dürfte sie einen weiteren Magieschub haben."

Für sie schien die vorherige Diskussion beendet zu sein. In mir keimte die Wut hoch, weil es für sie derart selbstverständlich war, dass Apollonias Idee verworfen wurde. Mein Mate bemerkte das und nahm meine Hand. Mittlerweile hatte nicht nur er mich als Beruhigungsmittel nötig, sondern ich ihn genauso.

Bevor ich etwas erwidern konnte, tat er es. "Ich bin immer an Luanas Seite, darüber muss sich niemand Sorgen machen." Sie nickte leicht und wandte sich anschließend an mich. Meine Laune stand mir sicherlich groß ins Gesicht geschrieben, nur meine Mum schien guter Dinge zu sein. "Noch ist Daphne geschwächt. Sobald sie wieder stärker ist, solltet ihr vorübergehend ins Territorium. Dort kann sie dir nichts anhaben."

Asher sprang gleich wieder ein: "Dann können wir auf den Campus und am Unterricht wieder teilnehmen?" Als ob mein Mate scharf auf die Akademie wäre. Er wollte vor meiner Mum wohl einen guten Eindruck hinterlassen. Oder Asher konnte es kaum erwarten mit mir alleine zu sein.

"Ja, sofern die Lage ruhig bleibt, steht dem nichts im Weg."

Ich konnte es nicht halten zu fragen: "Was ist mit Runa? Ist die Diskussion für dich beendet?" Überraschenderweise schüttelte sie leicht mit dem Kopf. "Nein, wir reden ein andermal darüber. Nach dem wir beide nachdenken konnten und zumindest eine Nacht darüber geschlafen haben."

Ich sollte keine Beschwerde einlegen, denn das war besser als nichts. Immerhin wollte sogar meine Mum alles nochmal durchgehen.

"Ok, danke." Meine Wut war damit schnell verraucht, denn eine kleine Hoffnung bestand. Dann musste ich das nur noch irgendwie Asher erklären und zwar so, dass er nicht ausrastete.

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