Kapitel 4

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Der restliche Schultag war eine Qual und meine Gedanken folterten mich. Wenigstens sah ich meinen sogenannten Freund kein einziges Mal. Das hätte ich schwer ertragen bei all der Folter in meinem Kopf.

Runa riss ich an ihrem Handgelenk mit mir und soeben hatten wir die Akademie verlassen. Sie hatte keine einzige Beschwerde von sich gegeben, obwohl ich derart schnell die Gänge entlang geeilt war. Ein Beweis, dass ihr klar war, wie ernst es war.

Ein paar Schüler warfen uns seltsame Blicke zu, was ich gekonnt ignorierte. Sie durften sich alle denken was sie wollten, denn ich hatte ein ganz anderes Problem.

Am liebsten hätte ich uns teleportiert, aber das würde für zu viel Aufmerksamkeit sorgen. Schon mal davon abgesehen, dass es viel Energie verbraucht und ungern gesehen war. Eigentlich sogar verboten, aber ich redete mir gerne ein, dass es in Notsituationen sehr wohl erlaubt war.

Erst als wir die Hälfte des Weges zum Wohnheim zurückgelegt hatten, fragte Runa: "Was ist mit Eric?"

Stimmt, normalerweise traf ich mich nach der Schule mit ihm. Meist begleitete er mich bis zu meinem Zimmer. An sich machte es Sinn, da wir denselben Weg hatten. Jede Spezies hatte ihr eigenes Wohnheim und er war ein Hexer, ergo wohnten wir im selben Gebäude.

Die lange Version der Geschichte bekam meine beste Freundin sobald wir auf unserem Zimmer waren, also antwortete ich: "Vergiss ihn."

"Ok." Bei ihrem negativen Gefühl ihm gegenüber, dürfte sie das gerne hören. Ich hätte ihr viel mehr Vertrauen schenken sollen. Das hatte ich jetzt davon.

Eigentlich liebte ich den Campus und den kurzen Spaziergang bis zum Wohnheim. Nur heute konnte es mir nicht schnell genug gehen, bis ich mit Runa alleine war.

Die Neugier in ihr war wohl zu groß, denn sie fragte besorgt über den Channel: "Was ist passiert?"

Da ich sowieso darauf brannte es ihr endlich zu erzählen, fing ich an: "Wie du weißt, habe ich mich heute mit Asher unterhalten. Lange Rede, kurzer Sinn. Asher meinte, dass ich Eric fragen sollte, ob er wirklich so oft Probe hat."

Theoretisch hatte ich ihr die volle Version erzählen wollen, nur schien das unwichtig zu sein. Das waren die Fakten, die kannte sie damit.

"Oh."

Ihr fehlten die richtigen Worte dafür und das konnte ihr niemand verübeln. Sie mag zwar mit schlechten Dingen gerechnet haben, trotzdem war es etwas anderes, wenn man einen direkten Tipp bekam. Falls man das überhaupt so nennen konnte.

Wir kamen bei der gewünschten Tür an, welche ich mit einer einfachen Handbewegung öffnete. Eher tat das meine Magie, wofür ich sie liebte.

Der restliche Weg in den ersten Stock, bis zu unserem eigenen kleinen Reich, verlief schweigend.

Hinter uns schloss Runa die Tür. Ich ging bis in die Mitte des Raumes, während ich mir verzweifelt durch die Haare fuhr. Falls wirklich was faul war, dann warf das meinen gesamten Lebensplan über den Haufen. Alles würde sich ändern und ich fing bei null an, um einen passenden König an meiner Seite zu finden.

Das wäre ein Alptraum.

Meine Eltern würden mich umbringen oder ihn. Ja, eher Eric, denn er hätte es verbockt. Das würde ich definitiv klarstellen, denn auf die Wut meiner Mutter konnte ich verzichten.

Ich drehte mich zu meiner besten Freundin um, welche nachdenklich wirkte. Sie meinte: "Vielleicht ist es Zufall, aber bei Syrena habe ich dasselbe Gefühl."

Wenn er mich ernsthaft betrog, dann mit ausgerechnet einer Freundin von mir. Keiner der beiden würde das überleben.

Leider musste ich mir eingestehen, dass er sich durchaus komisch verhalten hatte in letzter Zeit. Die Anzeichen wären da gewesen, egal wie klein sie waren.

In meiner Wut kanalisierte sich meine Magie von alleine, dabei wurden meine Augen automatisch dunkler. Das war eine normale Reaktion, wenn man viel Magie anwandte oder eine starke, negative Emotion uns überrannte.

Ich wollte das sofort klären, weshalb ich mich in Bewegung setzte. Meine beste Freundin wollte ich beiseite bitten, damit ich den Raum verlassen konnte, nur packte sie mein Handgelenk. Danach versetzte sie mir einen starken Stromschlag, der mich auf den Boden holte. Der Schmerz kombiniert mit dem Schock taten einem in solchen Situationen einen großen Gefallen.

Die Welt der starken Hexen, wir verpassten einander Elektroschocks, um uns ruhig zu halten. Zumindest war das die Methode von Runa und mir.

Meine Augen fanden die ihren, welche mich besorgt musterten. Ich nickte ihr zu und flüsterte: "Danke."

"Immer wieder gerne."

Sie ließ ab von mir und ich schüttelte mich einmal durch. Das mit dem Stromschlag war immer so ein Ding. Einerseits schmerzhaft, anderseits ein kleiner Kick, der guten Sorte. Das war schwer zu beschreiben.

Meine beste Freundin deutete auf ihr Bett, das an der linken Wand stand, und meinte: "Setzen wir uns doch, danach klären wir alles in Ruhe."

Ich schüttelte den Kopf und ging ein paar Schritte in das Zimmer hinein. "Mein Freund betrügt mich vielleicht, da kann ich schlecht still halten."

"Gut, da hast du ein Argument gefunden. Bevor wir weiteres besprechen, sollten wir etwas klarstellen." Ihre Stimme klang sehr ernst, weshalb ich automatisch stehen blieb und wieder zu ihr sah. Dieser Gesichtsausdruck spiegelte die Tonlage wieder, was ein paar Fragen aufwarf.

Runa fragte schon: "Weiß Eric das bestimmte Detail wegen deiner Berufung?"

Mir war natürlich sofort klar was sie meinte. Zum Glück konnte ich sie an der Stelle beruhigen, denn was das anbelangte war ich sehr vorsichtig.

"Nein, er hat keine Ahnung. Du und meine Eltern wisst es."

Unwillkürlich fand ein Lächeln auf ihre Lippen, welches eher in die fiese Richtung ging. "Sehr gut, dann finden wir zuerst die Wahrheit heraus. Danach können wir Rache ausleben, denn er hat nichts gegen dich in der Hand."

Mit einer Hand fuhr ich mir übers Gesicht, denn da fiel mir ein Gegenargument ein. "Runa, wir sind weiße Hexen. Die Gesellschaft erwartet von uns, dass Rache ein Fremdwort für uns ist. Bei meinem zukünftigen Job erst recht."

Negative Handlungen wurden den schwarzen Hexen zugesprochen, was auch zutraff. Sie waren die bösen unter den Hexen und spaßig war ihre Gesellschaft nie.

Runa und ich waren noch 18, somit bestand uns die Berufung erst bevor. In dem Fall sollte man vorsichtig sein, was man tat. Die Öffentlichkeit hatte ein strenges Auge auf junge Hexen, bis sie endlich 19 waren.

Meine beste Freundin grummelte, weil sie wusste, wie recht ich hatte.

Aber, tja, am Ende wussten nicht mal wir selbst zu welcher Seite wir berufen wurden. Das war eine Überraschung, die durchaus böse enden konnte.

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