Kapitel 40

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"Da bist du ja endlich, Luana." Das klang als wäre ich zu spät dran, dabei war ich drei Minuten zu früh. Ich hatte mich extra beeilt, damit ich auf keinen Fall nach zwölf Uhr eintraf. Mir war bewusst wie sehr meine Mum Verspätungen hasste. 

Sie kam vom hinteren Teil des Hauses und deutete hinter sich. "Dein Vater wartet bereits im Esszimmer auf uns. Heute gibt es dein Lieblingsgericht." Sie drehte schon um, ging voraus und ich eilte ihr nach. 

Wenn es mein Lieblingsessen gab, dann wurde das bedenklich. Entweder war etwas passiert oder es stand etwas an, das mir nicht gefallen würde. Da gab es einen Hintergrund. Meine Mum war die berechnende Sorte Mensch, bei dieser Handlung würde jeder skeptisch werden. 

Nach einem Räuspern, welches viel zu laut von den Wänden widerhallte, sagte ich: "Danke, das ist lieb." 

Sie tat es mit einer Handbewegung ab und ich schloss mit ihr auf. Kurz sah ich zu ihr hinüber und wie immer sah sie einfach nur perfekt aus. Es tat fast schon weh. Neben ihr fühlte ich mich automatisch klein und wie eine Person, die zu null Prozent ihr Leben auf die Reihe bekam. 

Nebenbei fragte meine Mum: "Wie geht es dir? Konnte sich die Lage mit Eric beruhigen? Unruhen können wir nicht gebrauchen." Der letzte Satz war ein Befehl, der mir mitteilte wie wichtig es war unauffällig zu sein.

"Ja, es ist alles in Ordnung. Ich habe keinen Kontakt mehr zu ihm." 

"Sehr gut."

Wir erreichten das Esszimmer, worin sich mein Vater befand. Er saß auf seinem üblichen Stuhl und ich setzte ein Lächeln auf. "Hallo Dad." Er erwidert es, was vermutlich echt wirken sollte, nur war er dazu weniger der Typ für. "Luana, wie schön, dass du kommen konntest."

"Natürlich. Sonntage sind doch gerne Familientage."

Meine Mum und ich nahmen auf unseren Stühlen Platz, somit saß ich den beiden gegenüber. Einem Verhör stand nichts mehr im Weg. Alleine bei dem Gedanken wurde ich nervös, weshalb ich direkt die Flucht ergreifen wollte. 

Das Essen war bereits am Tisch und mein Dad fing an zu essen. Da meine Mum mir gewidmet war, erwiderte ich diesen Blick, damit sie ansprach worauf sie hinauswollte. Zumindest teilte mir ihr Gesichtsausdruck das mit. 

"Am Mittwochabend kommt Tatiana mit ihrer Familie zu Besuch. Du solltest genauso anwesend sein." An sich war das ein Befehl, dennoch würde ich versuchen mich da rauszureden. Das Treffen die Woche hatte gereicht. Einen weiteren Abend der Folter wollte ich mir ersparen. 

Ich versuchte mich an einer entschuldigenden Miene, denn vielleicht half das. "Diese Woche habe ich an der Akademie unglaublich viel zu tun. Prüfungen stehen an, dafür muss ich lernen, damit ich die bestmögliche Note bekomme." Ich sah ihr an wie sie das abwog, aber derart verbissen konnte sie nicht darauf sein, mich mit Lian zu verkuppeln. Und wenn seine Familie eingeladen war, lief es auf das hinaus. Tatiana und sie hatten das sicherlich längst geplant. Ein weiterer Grund auf keinen Fall zu erscheinen, weil ich meine Ruhe haben wollte. 

Schließlich meinte sie: "Na gut. Die Ausbildung ist wichtig. Ich bespreche das mit Tatiana, um es auf die nächste Woche zu verschieben."

Verflucht, ich musste mir diese Folter antun. Wenigstens diese Woche konnte ich es mir ersparen. Eine kleine Pause von diesen verkrampften Treffen würde gut tun. 

"Danke."

Danach wandten wir uns beide dem Teller vor uns zu, womit ein Essen starten konnte.

~~~

Das Mittagessen war die reinste Folter gewesen. Man hatte mich über die Akademie und meine Noten verhört. Meine Mum hatte nochmal ansprechen müssen, dass das mit Eric ruhig gestellt bleiben sollte. Wie nett es doch war, wie wenig sie dabei mein Seelenwohl interessierte. Klar, es ging mir gut, was hauptsächlich Asher zu verdanken war. Aber davon hatte sie keine Ahnung. 

Mittlerweile waren wir in die Bibliothek verschwunden, wie letztes Mal hatten wir es uns auf den beiden Sesseln gemütlich gemacht. Wobei gemütlich das falsche Wort war, weil ich krampfhaft versuchte eine gerade Haltung an den Tag zu legen. Allgemein das Verhalten zu haben, welches laut meiner Mum von einer Königin erwartet wurde. 

Mein Vater hatte sich in sein Büro verabschiedet, da er angeblich viel zu tun hatte. Die beiden hatten das sicherlich vereinbart, weil meine Mum Zeit mit mir alleine wollte. 

Auf dem kleinen Tisch zwischen uns lag ein Buch, auf jenes deutete sie gerade. "Das ist eine interessante Lektüre. Du solltest es mitnehmen und bei Gelegenheit lesen. Darin geht es um die Geschichte unserer Familie, um die echte Version davon, die unter Verschluss bleibt." Wie schön, dann wurde ich immer mehr eingeweiht und vielleicht erfuhr ich etwas über den Dreck, den man unter den Teppich kehrte. Meine Neugier war auf jeden Fall geweckt.

"Ok, das werde ich machen. Danke." 

Schon fuhr sie fort: "Apollonia hat dich zwar bereits darauf hingewiesen, dass es bei Vollmond schlimmer sein wird, aber ich würde gerne mehr ins Detail gehen. Du sollst eine ungefähre Vorstellung haben wie das abläuft." Ich nickte und ihr todernster Blick machte mir Angst. Meine Hoffnung dürfte zerschlagen werden, dass es doch nicht ganz so schlimm war. 

"Deine Magie wächst stetig, wie du weißt. Die Schübe zu Vollmond werden wesentlich stärker kurz vor der Berufung. Da es ein starker Schub wird, ist es schwieriger damit umzugehen. Erschwert wird es durch die schwächere Trennung zur Ahnen- und Unterwelt. Es wird wesentlich leichter werden zu dir Kontakt aufzunehmen, für jegliche Wesen." Ich nickte nur, weil mir beim besten Willen keine geeigneten Worte dafür einfielen.  

Sie legte ihre Hand auf den Tisch mit der Handfläche nach oben. Mir war klar was sie wollte, der bitte kam ich kommentarlos nach in dem ich ihre Hand nahm. Sie verfestigte ihren Griff und fuhr fort: "Niemand kann beurteilen wie stark du wirklich bist, eher sein wirst. Zumindest kann Apollonia es besser einschätzen nach deinem nächsten Schub."

Es folgte wieder ein Nicken von mir und nebenbei versuchte ich all das zu verarbeiten. Der nächste Vollmond würde der reinste Alptraum werden.

"Luana, solange es gut geht, kannst du die schwierigen Zeiten mit Runas Hilfe durchstehen. Falls etwas schief geht, wird sie mich sofort rufen und zukünftig bist du dann zu Hause. Es kann eine gefährliche Zeit sein, die man niemals unterschätzen sollte. Wir sind keine einfachen Hexen, das solltest du stets im Kopf behalten."

Damit fühlte ich mich unter Druck gesetzt, weil ich mich bei meiner besten Freundin wesentlich wohler fühlte. Außerdem war auf Runa Verlass, dass sie mir stets helfen und beistehen würde. Aber natürlich konnte ich meine Mum verstehen, denn es machte Sinn, wenn ich ansonsten bei ihr blieb. Sie hatte dasselbe durchgemacht und wusste worauf man achten musste.

"In Ordnung."

Sie würde auch kein Nein akzeptieren, da musste ich zustimmen und es hinnehmen. Sofern sie mich nicht in den Kerker warf, sollte ich dankbar sein. Denn dort könnte ich wirklich nichts anstellen, falls es ein heftiger neuer Magieschub wurde.

Meine Mum schien zufrieden zu sein mit meiner Antwort, weshalb das Verhör fortfahren konnte. "Wie geht es dir mit Daphne? Ist sie sehr aufdringlich?" Zumindest an der Front konnte ich sie beruhigen, denn eigentlich war das gut verlaufen. Wofür man vermutlich Asher den Dank aussprechen sollte.

"Soweit habe ich das im Griff. Ich gebe Bescheid, falls es Probleme gibt."

Sie löste ihre Hand aus der meinen und stand von ihrem Sessel auf, dabei sagte sie: "Gehen wir doch in den Trainingsraum. Du hast viel Energie. Deine Vorräte sollten wir nieder halten so knapp vor dem Vollmond." Mit einem vielsagenden Blick merkte sie an: "Wir sollten das Ausmaß unserer Magie niemals unterschätzen."

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