Kapitel 10

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Der Dienstagmorgen wäre eine wahre Folter gewesen, wenn ich keine Hexe wäre. So konnte ich die Kopfschmerzen innerhalb von Sekunden verschwinden lassen. Einem Kater konnte ich damit elegant ausweichen. Bei Runa war es derselbe Fall, da wir es beide mit dem Alkohol übertrieben hatten. Da hatten wir uns eine Ausnahme gegönnt, die definitiv Spaß gemacht hatte. 

Allerdings hatte mich die Realität mittlerweile eingeholt und vor der ersten Unterrichtsstunde graute es mir. Ich saß mit Runa auf unseren üblichen Plätzen. Heute durfte ich mich Eric und Syrena stellen, die kein Geheimnis daraus machen wollte, dass sie ein Paar waren. Die beiden waren Abschaum und ließen kein Gras über die Sache wachsen. Man gab mir absolut keine Zeit die Scheiße zu verdauen.

Meine beste Freundin nahm unterm Tisch meine Hand und flüsterte: "Ich bin für dich da, egal was kommt." Deborah war genauso hier und hatte den Platz direkt vor mir. Sie drehte sich um, schenkte mir ein sanftes Lächeln und merkte an: "Ich auch."

Wahre Freunde, in solchen Situationen waren sie nochmal wichtiger. 

Ich lächelte leicht von einer zur anderen und antwortete: "Danke Mädels."

Zu einer weiteren Unterhaltung kam es nicht, da Syrena in den Klassenraum kam und damit stieg die Anspannung. Wer weiß, ob sie den Nerv hatte sich neben Deborah zu setzen, somit in meiner Nähe wäre. Die warf ihrer früheren besten Freundin einen eiskalten Blick zu, der ihr im Grunde mitteilte, dass sie es auf keinen Fall wagen sollte. Auf Deborah war eben Verlass. 

Mein Herz bekam einen Stich versetzt, als sie sich auf den Stuhl eine Reihe vor Deborahs Platz fallen ließ. Ihr neuer Sitznachbar schien mein Ex zu sein, zumindest saß Syrena auf dem Sitzplatz von Bruno. Er war der beste Freund von Eric. 

Deborah meinte trocken: "Was soll man sich von dir erbärmlichen Existenz anderes erwarten? Wenn dann jagst du deinen Freundinnen richtig ein Messer in den Rücken." Genau für solche Kommentare musste man sie praktisch lieben. Ihr war nichts zu dumm und sie sprach ihre Gedanken gerne laut aus. Syrena erwiderte nichts darauf und machte sich daran ihre Schulsachen auszupacken. 

Gerade als Eric hereinkam und es mir reingerieben werden würde, dass die beiden zusammen waren, fragte jemand: "Luana, was geht ab?" Mein Blick schnellte automatisch in die Richtung und natürlich war das Asher mit seinem frechen Grinsen im Gesicht. Das war eine tolle Ablenkung, auf die ich mich einließ. "Dir auch ein Hi, Asher." Er sah noch von Deborah zu Runa, als er sagte: "Hi Mädels." Wie höflich er doch alle grüßte, warum auch immer. Normalerweise beschränkten sich die Unterhaltungen zwischen uns. Die gestrige Party hatte wohl eine Freundschaft losgetreten.

Er lehnte sich an den leeren Stuhl vor Deborahs Tisch und meinte: "Mir scheint ihr habt die Sitzordnung über den Haufen geworfen." Die antwortete sarkastisch: "Nein, das täuscht dich. Wie kommst du auf diese verrückte Idee? Warum sollten wir das überhaupt tun?" Danach wurde ich Tonlage ernst, als sie sich selbst antwortete: "Stimmt, verlogene Bitches, die ihren Freundinnen in den Rücken fallen, will ich niemals neben mir sitzen haben." Asher gab ihr mit einem Nicken Recht und Runa warf ein: "Verständlich."

Danach widmete er sich mir und deutete auf den leeren Tisch neben meiner besten Freundin. "Wenn wir schon alles über den Haufen werfen, dann vollständig. Luana, wir sollten uns den Tisch dort drüben teilen. Ich bin ein toller Sitznachbar und Deborah hat einen schönen Platz neben Runa."

Wie zur Hölle kam er auf diese Idee?

Vermutlich betrachtete er mich als sein neuestes Opfer. Da er seine Luna noch nicht gefunden hatte, suchte er nach einem Zeitvertreib. Mein Singledasein schien ihm gelegen zu kommen. Ich war eine gefühlte Ewigkeit mit Eric zusammen gewesen, da hatte nie ein anderer Typ eine Chance gehabt.

Ich deutete auf Deborah und erklärte: "Sie sitzt alleine und nicht ich." 

"Ja, aber wir wollten uns alle einen neuen Sitzplatz aussuchen, damit wir uns gemeinsam dieser Herausforderung stellen können. Obwohl die Wahrscheinlichkeit nahe liegt, dass sich Bruno neben Deborah setzt. Willst du dieses Risiko wirklich eingehen?" Mir war selbst bewusst, dass Deborah kein Fan von Bruno war, allerdings gab es den freien Tisch, den Bruno beschlagnahmen konnte. Es war nicht so, als könnte dort sonst niemand sitzen außer uns. 

"Die logischste Lösung wäre es, wenn du das Deborah anbietest. Mir erschließt sich nicht, warum du ausgerechnet mich fragst." Das tat es zu null Prozent, weil es absolut keinen Sinn machte. Außer natürlich er hatte ernsthaft aus Langeweile die Jagd auf mich eröffnet. 

Deborah meinte: "Sorry, ich hab echt nicht das Bedürfnis neben dem Hund zu sitzen." Ja, das war eben ihr Humor, hoffentlich erkannte der Alpha das. Er musterte sie unbeeindruckt und erklärte: "Ich auch nicht neben dir, Sektenanhängerin."

Wie man die Werwölfe beleidigte Hunde zu sein, tat man das mit dem Vergleich, dass wir Hexen eine Sekte wären. Da gab es allgemein für jegliche Spezies diese gewissen Beleidigungen. Deborah fing zu lachen an, damit hatte er bei ihr Pluspunkte gesammelt.

Asher wandte sich wieder an mich. "Und erweist du mir die große Ehre?" Mir schien, dass er nie aufgeben würde. Runa hatte denselben Gedanken, denn sie sagte über den Channel: "Gib dir einen Ruck, denn der labert uns mit Verkaufsargumenten nieder, bis du zuschlägst. Und mit Glück können wir Eric damit ärgern. Rache!"

Ich nickte und stand von meinem Stuhl auf. Sofort war dieses unverschämt gutaussehende Lächeln auf seinen Lippen zu finden. Er hatte auch bekommen, was er wollte. 

Während ich mein Schulzeug in die Hand nahm, fragte ich: "Bekommst du eigentlich immer was du willst?" Auf jeden Fall hatte er ein gewisses Talent dafür. "Nein, aber ich gebe mir große Mühe meine Ziele zu erreichen und besitze Ausdauer."

Meine Tasche schnappte ich mir noch und Runa erklärte: "Ein falsches Wort und du hast dir einen Stromschlag von mir verdient. Und ich versichere, die sind meine Spezialität." Hach ja, meine beste Freundin. Stets passte sie auf mich auf und gab ihr Bestes.

Asher lachte daraufhin, dabei sollte er das besser ernst nehmen. Ihm dürfte klar sein, dass wir zu dem fähig waren. Runa kam aus einer stärkeren Familie und hatte einiges drauf.

Da der Tisch nur eins weiter links stand, hatte ich ihn schnell erreicht. Zu fern war ich Runa damit nicht, denn es war lediglich ein schmaler Gang zwischen uns. Der zukünftige Alpha hatte bereits Platz genommen und ich durfte gespannt sein, was genau er ausgeheckt hatte. Rein gute Absichten konnte ich ihm schlecht anrechnen. Der Herr hatte nämlich einen bestimmten Ruf und der dürfte nicht von ungefähr kommen.

Wenigstens hatte ich für einen Moment meinen Ex vergessen, der nun neben Syrena saß. Die beiden unterhielten sich ziemlich angeregt miteinander, vor allem flüsternd. Manchmal konnte es gemein sein, weil es mich dann doch interessieren würde um was es ging.

Mit einem Kopfschütteln wandte ich mich der Tafel zu, allerdings flüsterte Asher: "Deinem Gesichtsausdruck nach bist du neugierig. Eric fragt sich warum du dich neben einen Köter wie mich setzt. Syrena ist sauer, weil ihn dein Verbleib interessiert." Mein Blick schnellte zu ihm, denn die beiden quatschen sehr leise miteinander. Nicht mal Deborah direkt hinter ihnen könnte das hören.

Asher hob eine Augenbraue und fragte: "Hast du vergessen wie gut Werwölfe hören? Ok, du hast den Vorteil von mir. Alphas hören nochmal besser, da entgeht mir sehr wenig, sofern ich darauf achte."

Es war beinahe beängstigend wie sensibel seine Ohren waren. Andererseits war es beeindruckend und sicherlich praktisch. Obwohl, wenn man genauer darüber nachdachte, musste es unfassbar nervig sein.

"Wie überlebt man das? Du müsstest längst wahnsinnig sein."

"Nein, man kann Geräusche ausblenden und sich wenig darauf konzentrieren. Ansonsten würde man wirklich irre werden."

Hm, das war interessant.

Leider kam es zu keiner weiteren Unterhaltung, da die Lehrerin den Raum betrat. Somit konnte der Unterricht beginnen.

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