- Kapitel 26 -

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Lukes Sicht

»Bis später ihr beiden«, verabschiedete uns Dad an diesem Morgen zur Schule und wir gingen zum Bus.

Wie an jedem Morgen ging es mit dem Bus zur Schule, wo Nick und Viola und bereits am Eingang erwarten.

»Guten Morgen«, begrüßte das Mädchen mit den dunkelbraunen Locken uns und nahm erst Akira und dann mich in den Arm. Nick und ich begrüßten und mit einem einfachen Handschlag.

Zusammen gingen wir zu unserem ersten Unterricht. Deutsch.

In Deutsch erklärte Frau Kiel was über rhetorische Mittel. Sowas wie Metaphern und Alliterationen. Da hört es bei mir schon auf mit dem, was ich mir gemerkt hatte.

Darüber sollten wir ein Arbeitsblatt ausfüllen. Ich schiebe meine Antworten auf dem Tablet seperat auf.

»Ich werde mich freuen, wenn ich endlich wieder normal schreiben kann«, ging es mir durch den Kopf und ich versuchte mich auf die Aufgaben zu konzentrieren.

Versuchte zu verdrängen, was für ein Tag es war.

Knapp schaffte ich es in der Einzelarbeitszeit mit den Aufgaben fertig zu werden, bevor sie besprochen wurden.

Irgendwie ging die Stunde sehr schnell vorbei und die erste Pause kam.

An unserem Stammplatz unter dem Baum holten wir unsere Brotboxen raus und begannen zu essen.

Akira wurde von Viola mal wieder in ein Gespräch verwickelt, während Nick und ich einfach in Ruhe aßen.

Dabei beobachtete ich das Treiben auf dem Pausenhof.

Manche Schüler standen in Grüppchen zusammen. Ein paar jüngere jagten sich über den Pausenhof. Andere saßen auf den Sitzgelegenheiten und aßen. Wieder andere liefen umher.

Und dann war da noch der Junge, der auf uns zukam.

Moment. Wieso sollte jemand zu uns kommen?

Dieses Mal schaute ich genauer zu dem Jungen, der sich in unsere Richtung bewegte.

Plötzlich fiel es mir wieder ein.
Bei diesem Jungen musste es sich um Marius handeln!

»Ich hab meine Entscheidung noch gar nicht getroffen!«, kam mir das Anliegen von Marius wieder in den Sinn, was Jules mir vor wenigen Tagen überbracht hatte.

Viel Zeit zum überlegen hatte ich nicht mehr. Er bemerkte bereits meinen Blick und hob eine Hand. Auch Nick neben mir hatte Marius bemerkt.

»Kennst du den Jungen?«, flüsterte er mir fragend zu. Bestätigend nickte ich. Dann war er bei uns angekommen.

»Eh. Hi?«, kam es unsicher von ihm. Sein Gesicht hatte wieder eine normale rosige Farbe und nicht so blass wie zu dem Zeitpunkt, als es ihm schlecht ging.
»Hey. Setz dich doch«, erwiderte ich seine Begrüßung.

Das Gespräch von Akira und Viola neben uns ist verstummt. Sie hatten den Neuzugang wohl auch bemerkt.

Zögerlich setzte der Jüngere sich zu uns.

»Danke nochmal, dass du mir geholfen hast«, bedanke er sich persönlich bei mir. Ich lächelte leicht und ließ meine Brotbox in meinem Rucksack verschwinden. »Nichts zu danken. Ich hab dich schließlich nicht einfach da sitzen lassen können«, meinte ich und versuchte die leichte Unsicherheit in meiner Stimme, aufgrund des noch immer etwas anwesenden schlechten Gewissens, zu verbergen.

Er bemerkte es nicht und nickte.

»Wer bist du?«, kam es von Akira, die den jüngeren Schüler leicht skeptisch musterte. Marius schaute zu ihr, dann wieder zu mir. »Du erinnerst dich an die Situation, wo ich am Ende der Pause auf dich zugerannt kam und im Foyer ein Rettungsdienstteam war?«, fragte ich sie. Akira schaute zu mir und nickte. »Er war es, dem ich geholfen habe, an Hilfe zu kommen. Er heißt Marius«, klärte ich sie auf.
»Ach so. Verstehe.«

Ich schaute wieder zu Marius. »Das ist übrigens Akira. Meine Zwillingsschwester«, stellte ich ihm meine extrovertiertere Hälfte vor und fuhr mit Nick und Viola fort.
»Hi«, sagte er zu den Beiden, wandte sich wieder an mich.

»Hat Jules meine Frage an dich weiter geleitet?«, wollte er wissen.

Früher oder später musste es so weit sein, dass er auf das Thema zu sprechen kam.

»Ja, das hat er.«

Ein Lächeln zog sich über sein Gesicht.

»Und? Was hältst du davon? Wollen wir uns mal nach der Schule treffen?«.

Es war an der Zeit, eine Entscheidung zu fällen.
Eigentlich ganz einfach.
Ja oder Nein.

Ich hätte meine Gründe gehabt nein zu sagen, aber ich musste ihm auch einen liefern, der mir nicht zu peinlich war, um ihn zu nennen. Er und Viola sowie Nick sollten nicht erfahren, dass ich Angst vor dem medizinischen Kram hatte.

Mein Schweigen hielt zu lange an. Ich musste mir was einfallen lassen.

»Wann hast du denn Zeit?«, stellte ich die Frage, um mir etwas mehr Zeit zu verschaffen.
»Morgen? Da ist kurzer Schultag«. Die Antwort kam schneller als gedacht. Er hatte sich anscheinend zuvor Gedanken. darüber gemacht.

»Ich kann nicht absagen wegen Zeit und ich kann nicht absagen wegen der Angst. Obwohl ich es will!«, ging es mir durch den Kopf.

Schweiß bildete sich auf meiner Stirn. Die Nervosität begann auf sich aufmerksam zu machen.

»Okay. Ich habe da auch Zeit«, meinte ich und hatte mich entschieden.

Ich wollte ihn nicht enttäuschen. Das brachte ich nicht über mich.

»Cool! Dann morgen nach der Schule?«, freute er sich und grinste über beide Ohren. Ich nickte.
»Ich freu’ mich drauf! Dann kannst du auch meinen Papa kennenlernen!«

Das, wovor es mir bei diesem Treffen am meisten graute.

»Ja«, sagte ich darauf nur, versuchte trotzdem leicht zu lächeln, um ihm nicht zu zeigen, dass mir nicht ganz wohl bei der Sache war.

Akira hatte meine Fassade bereits durchschaut. Auf ihrer Stirn hatten sich Falten gebildet und ihre Augenbrauen waren zusammengezogen.

Die Schulglocke ertönte und beendete die Pause.

»Wir sehen uns morgen, Luke. Wo treffen wir uns?«, wollte er noch wissen, bevor es wieder in den Unterricht ging.
»Am Vertretungsplan?«, schlug ich vor.
»Okay. Bis morgen«, verabschiedete er sich und lief davon in Richtung Gebäude.
Dort gingen auch Akira, Viola und ich hin. Zum nächsten Unterrichtsblock. Mathe.

Akira zog mich etwas näher zu ihr.

»Was war das?«, hakte sie flüsternd nach und ich wusste, worum es ging, ohne Nachfragen zu müssen
»Ich konnte schlecht nein sagen.«
»Und was war das Problem?«
»Sein Vater ist Jules Kollege.«
Akiras Augenbrauen wanderten in die Höhe. Sie hatte verstanden.

»Ich konnte nicht nein sagen. Anlügen wollte ich ihn nicht. Dafür war das schlechte Gewissen zu stark. Die Wahrheit zu sagen kam auch nicht infrage, weshalb mir nicht anderes übrig blieb, als zuzusagen«, erklärte ich die Zwickmühle, die ich hatte.
Sie seufzte und nickte darauf.

Damit war das Thema beendet. Sie schien auch keine Ahnung zu haben, wie ich es hätte vermeiden können.

Wir erreichten den Mathe Klassenraum. Lange dauerte es nicht, bis unser Mathelehrer kam und wir in den Raum konnten.

Jeder suchte sich seinen Platz und kurz darauf ging es auch schon los mit dem Unterricht.

WKM - Angst vor ihnen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt