Lukes Sicht
Gegen zwanzig nach zehn erreichten wir den Hauptbahnhof und betraten diesen.
Gleis 14 war unser Ziel. Dort fuhr nicht nur unser Zug ab, sondern es war auch der Treffpunkt, der erste Teil der Gruppe auf die zweite warten sollte. Je nachdem, welcher Teil zuerst da war.
Bevor wir uns auf den Weg zum richtigen Gleis machten, holten wir noch an einem Ticketautomaten unsere Tickets.
Nachdem das erledigt war, ging es zum Gleis 14. Oben, an der Treppe, standen Nick und Viola und warteten auf uns.Mit Handschlag und Umarmung wurde sich begrüßt.
»Habt ihr euch schon Tickets geholt?«, wollte Akira von den beiden wissen. »Ist erledigt. Jap«, bestätigte Viola. »Gut. Dann heißt es jetzt nur noch warten und hoffen, dass die Fahrt ohne Probleme verläuft«, sagte Akira darauf und warf einen Blick auf diese blaue Infoanzeige, wo unter anderem der nächste Zug draufstand, der von diesem Gleis Abfuhr. In unserem Fall der RE 42.
»Hoffentlich bekommen wir Sitzplätze. Eine Stunde zu stehen wäre schon sehr ätzend«, meinte Nick. Da konnte ich mich nur anschließen, denn außer uns standen noch einige andere Leute an diesem Bahnsteig und wollten den Zug Richtung Mönchengladbach nehmen.
Ein paar Minuten vor Abfahrtszeit, kam der Zug in der typischen roten Bahn Farbe eingefahren.
»Lasst uns den hinteren Zugteil nehmen!«, schlug Akira vor. Wir drei anderen stimmten zu und liefen schnellen Schrittes nach hinten, bevor der Zug ganz zum Stehen kam und die vielen Leute sich auf die Türen verteilten.
Die Tür, vor der wir uns positioniert hatten, ging auf, wir betraten das Innere des Zuges und sicherten uns den ersten Viererplatz, der uns begegnete.
Sobald alle saßen, und wir noch ein wenig über Gott und die Welt gequatscht haben, warteten wir darauf, dass der Zug sich in Bewegung setzte. Denn das war der Zeitpunkt, ab dem sich jeder für sich selbst beschäftigte für die Zeit der Fahrt. Meine Beschäftigung war Musik hören und aus dem Fenster schauen.Es war für mich und Akira nicht alltäglich Zug zu fahren. Zudem waren wir noch nicht oft auf eigene Faust in eine Stadt gefahren, die mit dem Zug eine Stunde entfernt von zuhause lag. Ja. Unser Ziel war unsere alte Heimatstadt, aber es war trotzdem ein seltsames Gefühl mal ohne die Eltern weiter weg unterwegs zu sein. Klar, allzu weit weg war es nicht, aber weiter als nur die Innenstadt.
Während der Fahrt in Richtung Essen, kamen wir an Städten vorbei wie, Haltern, Recklinghausen und Gelsenkirchen. Letztere war sogar der letzte Halt vor unserem Ziel, wo ich schon mal meine Kopfhörer wieder in den Rucksack packte.
Als die Ansage für den Essener Hauptbahnhof kam, stupste ich Akira an, die daraufhin auch ihre Kopfhörer einpackte. Viola und Nick taten es ihr gleich, wir setzten unsere Rucksäcke auf und gingen zur Tür auf der richtigen Seite.
Der Zug kam zum Stehen und wir stiegen aus.»Willkommen in unserer alten Heimat«, kam es von Akira.
Man fühlte sich das komisch an wieder hier zu sein. Vor knapp drei Monaten hatten wir diese Stadt hinter uns gelassen und waren nach Münster gezogen.
Drei Monate.
Ein Viertel Jahr.
Krass wie viel Zeit bereits vergangen war und wie viel passiert ist.Jemand stupste mich an und ich schaute in die Richtung, aus der das kam. Akira guckte mich leicht fragend an. »Alles in Ordnung?« »Jaja. Alles gut«, meinte ich. Kurz ließ sie ihren Blick noch auf mir verweilen, dann übernahm sie wieder die Führung unserer Gruppe und wir verließen den Hauptbahnhof durch den Hauptein - und Ausgang.
»Ich schlage vor, dass wir erst mal in die Fußgängerzone gehen«, war es Akiras Vorschlag. »Klingt gut«, schloss Viola sich dem an. »Aber Wehe ihr seht irgendeinen Laden und verfallt in einen Shoppingwahn!« Nick hatte während dieser Aussage warnend den Zeigefinger gehoben. »Wir doch nicht«, grinste Viola unschuldig, was Nick mit einem hochziehen der Augenbrauen quittierte.
Während diese kurze Unterhaltung stattgefunden hat, waren wir über die Hauptstraße weiter in Richtung Fußgängerzone gelaufen.
Durch diese liefen wir auch durch und zeigten Viola und Nick ab und an mal Stellen, wo Akira und ich gerne waren.
Ein weiterer Punkt auf unserer Liste war unsere alte Schule. Das Problem daran war, dass diese in einem nördlichen Stadtbezirk liegt und es zu Fuß ewig gedauert hätte, bis wir dort waren. Deswegen nahmen wir die öffentlichen Verkehrsmittel. Genug Geld für Tickets hatten wir dabei. Deshalb stellte das kein Problem dar.
An unserem Ziel angekommen zeigten wir Viola und Nick das Schulgelände unserer alten Schule und erzählten den beiden ein paar Storys, die sich dort ereignet hatten.
Nach der Schul Tour ging es noch in unser altes Wohngebiet. Der Ort, wo Akira und ich aufgewachsen waren.
Während wir die Straße entlang liefen, kamen mir immer wieder Erinnerungen hoch. Erinnerungen an unsere Kindheit und auch welche, die noch gar nicht allzu lange her waren.
»Ist das nicht komisch für euch hier zu stehen und zu wissen, dass in der Wohnung, in der ihr bis vor ein paar Monaten gelebt habt, jetzt fremde Menschen leben? Ich meine … Dort drin waren mal eure Zimmer«, fragte Nick uns.
»Naja. Ein bisschen komisch ist es. Schließlich hängen an diesem Ort viele Erinnerungen«, antwortete Akira ihr, während sie in Richtung des Mehrfamilienhauses schaute, in dem wir Mal gelebt haben.Noch ein paar Minuten standen wir dort. Akira hatte einen Arm um mich gelegt und ich hatte meinen Kopf an ihre Schulter gelehnt. Vorteilhaft, wenn eine Person größer ist als man selbst. Auch wenn das auf Dauer nicht so bleiben sollte.
Irgendwann machten wir uns wieder auf den Weg in Richtung Innenstadt und beschäftigten uns den weiteren Nachmittag mit zeigen von orten, wo Akira und ich gerne waren oder dem Bummeln in Läden.
Dabei ging die Zeit sehr schnell vorbei und damit wurde auch die Zeit immer weniger, die uns in unserer alten Heimat blieb.
Da wir Dad gesagt hatten, dass wir gegen 19 Uhr wieder Zuhause sein wollten, mussten wir den Zug um 17:17 anpeilen für die Fahrt nach Hause.
Der Blick von der Fußgängerzone aus Richtung Hauptbahnhof konnte sich schon sehen lassen. Denn der Bahnhof führte als Brücke über die Straße drüber.
Im Bahnhof angekommen, warfen wir einen kurzen Blick auf die große Anzeigetafel, die die ganzen Züge anzeigte, die in den nächsten Minuten Ankunft und Abfahrt hatten. Darunter unserer RE 42, der uns nach Hause bringen sollte.
»Fünf Minuten Verspätung. Na, wenn das mal nicht gute Aussichten sind«, grummelte Akira ionisch.
»Das wird schon«. Nick schien diesbezüglich optimistischer zu sein.
Doch auch sein Optimismus ließ sich kippen, als wir an dem Bahnsteig ankamen, wo unser Zug abfahren sollte. Denn es war voll und wenn es bereits hier so voll war, dann wollte ich nicht wissen, wie voll es bereits im Zug war.
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WKM - Angst vor ihnen
RandomDas Buch gehört zu der WKM (Westfalen Klinikum Münster) Serie und beinhaltet die Geschichte der Charaktere Luke und Akira Zellner. !Triggerwarnung! (mehr dazu im Vorwort) Phobien, Angststörungen, Panikattacken. Für viele Realität und Alltag. Auch f...