- Kapitel 128 -

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Lukes Sicht

Ich hüpfte von der Liege.
»Hat Akira gestern noch mit dir gesprochen?«, kam der Herr Psychiater direkt auf ein anderes Thema zu sprechen und ich meinte zu wissen, worauf er hinaus wollte.
»Hat sie«, bestätigte ich.
»Über das Schulsanitätsdienst Thema?«
»Ja«
»Hat sie dir von ihrer Idee erzählt?«
Ich nickte.

Von ihrem Vorschlag, dass ich mir überlegen sollte mich beim Schulsanitätsdienst zu bewerben, hat sie mir erzählt und ich wusste nicht, was ich davon halten sollte.
Eigentlich kam es für mich nicht infrage. Fühlte mich nicht imstande das durchzustehen, ohne die Kontrolle über die Angst zu verlieren.

»Was hältst du von ihrer Idee?«, wollte Damien wissen, der sich auf dem Rollhocker niedergelassen hatte, während ich mitten im Raum stand und meinen Blick umherschweifen ließ, weil ich nicht wusste, wo ich hinschauen sollte.
Ich zuckte mit den Schultern.

»Ich weiß nicht, ob ich das schaffe …«, gab ich zu.
»Wovor hast du Angst?«, fragte er.
»Das ich die Angst nicht im Griff habe. Die Ausbildung wird sicher von einer Person geleitet, die Ahnung von der Materie hat. Also Sanitäter oder sowas. Und da ne Panikattacke bekommen? Ne. Möchte ich nicht!«, erklärte ich ihm, wovor genau ich Angst hatte.
»Verstehe. Was könnte dir helfen, dort nicht in Panik zu verfallen?« Ohne ihn anzusehen, wusste ich, dass er mich ansah. Ich spürte seinen Blick auf mir.

»Was könnte mir helfen? Würde Akiras Anwesenheit ausreichen? Was, wenn nicht? Was könnte mir die Situation noch erleichtern?«

Mir wollte nichts einfallen.

»Die Atemübung wäre ein Werkzeug, was dir zur Verfügung, steht. Das kann dir dabei helfen deine Aufmerksamkeit auf was anderes, als die Angst zu legen«, nannte er mir eine mögliche Hilfe.
»Das funktioniert, aber nur bis zu einem Punkt, wo ich noch Kontrolle habe. Ist dieser Punkt überschritten, brauche ich Hilfe von außen«, teilte ich ihm das Problem daran mit.
»Deswegen müssen wir uns mehrere Strategien für dich überlegen, die du nutzen kannst, wenn du merkst, dass du in Panik verfällst. Sagt dir progressive Muskelentspannung was?«
Verneinend schüttelte ich den Kopf.
»Dabei spannst du nacheinander bestimmte Muskelgruppen erst an und entspannst sie wieder. Das soll dabei helfen einerseits die Konzentration auf die Anspannung und Entspannung der Muskeln zu legen und die Spannung aus dem Körper zu nehmen. Gefühle wie Angst oder Wut brauchen Muskelspannung. Kannst du Mal ausprobieren. Versuch Mal wütend zu sein, ohne einen Muskel anzuspannen«, erklärte Damien.

Um seiner Aufforderung nachzukommen, versuchte ich wütend zu werden, ohne dabei einen Muskel Anzugspannen.
Ich dachte an meine Schulgefühle gegenüber Marius und versuchte die Wut auf mich selbst hervorzuholen. Achtete dabei darauf, mich nicht anzuspannen.
Es funktionierte nicht.

»Funktioniert nicht, hab ich Recht?«
»Ne«
»Verstehst du jetzt, was ich meine?«
Ich nickte und schaute meine Hände an.
»Das machen wir uns mit der progressiven Muskelentspannung zunutze. Wollen wir das einmal zusammen durchgehen?«, schlug er vor.
»Können wir machen«, stimmte ich zu, wonach Damien aufstand und sich vor mich stellte.
»Wir fangen mit den Armen an. Dazu bildest du mit beiden Händen eine Faust und spannst deine Arme komplett an«, gab er mir die erste Anweisung und machte es sogar vor.
Wie aufgefordert ballte ich meine Hände zu Fäusten und spannte jeden erdenklichen Muskel in meinen Armen an.
»Halten … und entspannen. Richtig lockerlassen«, fuhr er mit der Anleitung fort und ich entspannte meine Muskeln.
Nach einer kurzen Pause, fuhren wir mit demselben Ablauf bei Kopf, Oberkörper und den Beinen fort.

»Wie fühlst du dich?«, fragte Damien, nachdem wir zum Ende gekommen waren.
»Entspannter als vorher«, meldete ich zurück.
Es war seltsam, dass so was Simples, wie dem bewussten anspannen und entspannen der Muskeln helfen konnte.
»Wenn du meinst, dass dir das helfen könnte, Versuch das ein bis zweimal am Tag durchzugehen«, meinte Damien.
»Ich schau Mal.«

»Ein Versuch ist es wert. Vielleicht hilft es.«

»Das kannst du dann nutzen bevor du zum Schulsanitätsdienst musst. Zusammen mit der Atemübung sollte das eine gute Kombination sein.«
»Was, wenn ich trotzdem anfange in die Panik zu rutschen? Ich möchte nicht einfach aus dem Raum flüchten. Was denken die dann von mir?« Ich schaute zu Damien.
»Kennst du da schon jemanden?«, wollte der Notarzt vor mir wissen.
»Nein.«
»Okay. Es wäre am besten, wenn mindestens einer Bescheid wüsste. Für den Fall der Fälle«
Unsicher verzog ich das Gesicht. Mir war nicht wohl dabei, wenn jemand davon wusste, den ich nicht kannte.

Ja. Damien war anfangs auch ein fremder gewesen und ist es im Grunde immer noch. Der Unterschied ist, dass er sich mit der menschlichen Psyche auskennt und die Schulsanitäter nicht.

»Weiß nicht … Das ist echt peinlich! Ich entscheide mich hinzugehen hab aber Angst. Das kommt doch komisch rüber. Außerdem würde dann sicher jemand sich um mich kümmern. Und das würde meine Angst nicht bessern, wenn die Person, die die meiste Ahnung hat, also der Sanitäter, versucht sich um mich zu kümmern«, teilte ich ihm meine Zweifel an seinem Vorschlag mit.
»Okay. Dann fällt das weg«. Er tippte sich ans Kinn. Schien nach Lösungen zu suchen.
»Folgender Vorschlag. Du versuchst es. Bewirbst sich zumindest. Damit ich ja noch nicht offiziell, ob du angenommen bist oder nicht. Ich überlege mir in der Zeit was bis Dienstag. Das besprechen wir dann und schauen, ob die Lösungen was für dich sind oder nicht«, erläuterte er mir, was er vorhatte.

War mir das genug Sicherheit, damit ich es schaffte mir diesen Zettel zu holen, ihn auszufüllen und wieder zurückzugeben?

»Wie er gesagt hat. Wenn du den Zettel abgegeben hast bedeutet das noch nicht, dass du angenommen bist. Du hast noch Zeit dich vorzubereiten. Außerdem bist du nicht alleine. Viola und Akira wollen ebenfalls zum Schulsanitätsdienst«, rief ich mir in Erinnerung.

»Okay. Machen wir es so«, stimmte ich seinem Vorschlag zu und nickte zusätzlich.
»Sehr gut. Und falls dir das Thema zu Kopf steigt, denk an das, was du heute gelernt hast. Okay?«
»Ich versuchs«
»Das reicht mir schon. Komm. Lass uns wieder rübergehen, oder besuchst du noch Zeit?« Er deutete in Richtung Tür.
»Können ruhig rüber«, meinte ich, worauf Damien nickte und wir zurück zum Aufenthaltsraum gingen.

WKM - Angst vor ihnen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt