- Kapitel 131

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Lukes Sicht

Eine knappe Stunde, nachdem ich es mir auf meinem Bett bequem gemacht hatte, klopfte es an meiner Zimmertür.
»Ja?«
Die Tür öffnete sich und Dad kam rein. »Hast du deinen Termin auf dem Schirm?«, fragte er mich.

Für ein paar Sekunden schaute ich ihn wie ein lebendiges Fragezeichen an.

»Termin? Was für ein Termin? … oh!«

Fast hätte ich meinen Termin bei Damien vergessen!

»Du musst mit dem Bus fahren. Schaffst du das?«, wollte Dad wissen.
»Schaffe ich«, bejahte ich. Das sollte kein Problem sein.
Dad nickte. »Hausaufgaben alle fertig bekommen?«
»So weit...« Mir kam das Bewerbungsformular wieder in den Sinn, was noch von einem Elternteil unterschrieben werden wollte. »Du musst mir später noch was unterschreiben … Nichts Schlimmes! Nur das Bewerbungsformular für den Schulsanitätsdienst. Das was Akira auch machen möchte«
»Achso. Das können wir auch jetzt schnell erledigen, dann ist das vom Tisch und kann nicht mehr vergessen werden«, schlug Dad vor.
»Liegt aufm Schreibtisch. Ein Stift sollte da auch liegen!«

Das ging zu meinem Schreibtisch, fand besagten Zettel, las sich diesen durch, schnappte sich den Stift, der daneben lag und setzte seine Unterschrift darunter.

»Es überrascht mich, dass du dort mitmachen möchtest. Medizin ist ja nicht so deins« Er legte den Stift ab und drehte sich zu mir.
»War nicht meine Idee. Akira und Damien haben sich zusammengetan und das ist draus entstanden …«, erklärte ich.
»Vielleicht hilft es dir«
Ich zuckte mit den Schultern. »Das wird sich zeigen«
»Das wird schon großer« Dad lächelte leicht und ging auf meine Zimmertür zu.
»Sagst Bescheid, wenn du gehst?«
Zustimmend nickte ich.
»Gut. Ich bin wieder unten, wenn du mich suchst«, sagte er, verließ mein Zimmer und ging nach unten.

Leise seufzend ließ ich mich wieder ins Kissen sinken.
Wie konnte ich diesen Termin fast vergessen? War mein Kopf derart mit dem Thema Schulsanitätsdienst beschäftigt, dass mir das entfallen war?
Zum Glück hatte Dad mich erinnert.

»Ob Damien was eingefallen ist?«, kam die Frage in mir auf.

Die Antwort darauf erhielt ich erst dort.

Die Zeit, die ich noch übrig hatte, bis ich mich fertig machen musste, verbrachte ich mit chillen.
Zeitig genug machte ich mich fertig und ging nach unten.
Wie versprochen meldete ich mich ab und ging zum Bus.
Mit diesem ging es Richtung Klinik.

Dort angekommen begab ich mich zum üblichen Treffpunkt. Anders als die letzten Tage regnete es nicht, sondern die Sonne ließ sich zeitweise blicken.

Es dauerte bis fünf Minuten nach der abgemachten Zeit, bis Damien sich zu mir gesellte.

»Hallo Luke«, begrüßte er mich.
»Hallo«, war meine Erwiderung.
»Wie geht’s dir?« Die typische Frage nach der Begrüßung.
»Ganz okay denke ich«, ich hatte meine Hände in die Jackentaschen gesteckt. Trotz, dass die Sonne sich Zweitwesen zeigte, war es ziemlich frisch.
»Denkst du?«, forschte der Psychiater neben mir nach, was ich brummend bejahte.
»Beschäftigt dich das Thema Schulsanitätsdienst?«
Nickend stimmte ich zu. »Ich hab’s geschafft den Zettel zu holen und auszufüllen«
»Das ist super!«
»Hätte es fast nicht geschafft. Wenn Fynn nicht gewesen wäre …«, fügte ich deutlich leiser hinzu.
»Fynn?«, hakte Damien nach.
»Er ist vom Schulsanitätsdienst und hat mir den Zettel gegeben«, Erklärte ich ihm, wer Fynn ist.
»Dann kennst du ja jetzt schon wen«
»Na ja. Kennen tu ich bisher nur seinen Namen und das er zum Schulsanitätsdienst gehört. Mehr nicht«, meinte ich darauf.
»Meinst du, er konnte für dich die Vertrauensperson dort sein?«
Skeptisch schaute ich den Weißkittel neben mir an. Den Vorschlag, dass wir jemanden in meine Angst einweihen sollten, hatte er bereits Samstag gemacht, kam für mich jedoch nicht infrage. Es war mir zu unangenehm. Was wenn, Fynn sich darüber lustig macht?

»Ich weiß. Schwierig, aber es ist die beste Lösung, falls was passiert. Dann weiß nicht nur Akira was los ist und es kann passend reagiert werden«, erläuterte er mir, wieso er es für eine gute Idee hielt.
Unsicher verzog ich das Gesicht.
»Was, wenn er sich drüber lustig macht? …«, teilte ich Damien meine größte Angst mit, die mich daran hinderte diesen Vorschlag anzunehmen.
»Wie alt, meinst du, ist Fynn?«, stellte er mir eine Gegenfrage.
»Weiß nicht. Er ist älter. Wahrscheinlich in der Oberstufe. Vermutlich 17 oder schon 18«, gab ich meine Schätzung ab und zuckte mit den Schultern.
»In dem Alter sollte man reif genug sein, um die Ängste und Sorgen seiner Mitmenschen ernst zu nehmen. Leider ist das nicht bei allen der Fall, aber ich habe Hoffnung, dass es zumindest bei ihm der Fall ist«, meinte Damien.
Darauf kam nur ein »Hm«, von mir und schaute den gepflasterten weg vor mir an.

»Morgen ist dir Deadline für die Abgabe, richtig?«
Bestätigend nickte ich.
»Vielleicht hast du das Glück nochmal auf Fynn zu treffen«
»Vielleicht, aber ich schaffe es niemals ihm davon zu erzählen«, sagte ich kopfschüttelnd.
»Musst du auch nicht. Zumindest noch nicht. Du kannst ihn ja erstmal fragen, ob er dir mehr erzählen kann. Zum Beispiel, wie die Ausbildung abläuft. Dadurch bekommst du vielleicht mehr Sicherheit«, schlug Damien vor.

Er hatte recht. Zu wissen, was auf mich zukommen konnte, könnte mir Sicherheit geben und mir damit vielleicht ein Stück weit die Angst nehmen. Doch schaffte ich es Fynn das zu fragen?

»Ich versuchs«, stimmte ich zu.
»Sehr gut. Erzählst du mir Samstag wie es gelaufen ist?«
»Kann ich machen«
»Dann könnten wir auch Mal wieder die Angst Tabelle rausholen. Wenn du weißt, was ich meine. Vielleicht hat sich da ja was verändert«
Auch hier gab ich zustimmend ein Nicken von mir.

Der Plan stand. Ob ich es schaffte, Fynn zu fragen war was anderes. Erstmal musste ich das Glück haben auf ihn zu treffen.

WKM - Angst vor ihnen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt