- Kapitel 81 -

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Lukes Sicht

Noch immer saß ich mit angezogenen Knien auf meinem Bett und starrte die Wand an.

Die Gedanken flogen unaufhaltsam durch meinen Kopf.

»Kann das nicht einfach aufhören?
Ich will Jules vertrauen, aber ich kann nicht!
Wieso kann ich mich ihm nur anvertrauen, wenn es keinen anderen Ausweg gibt?«

Ein Klopfen an meiner Zimmertür unterbrach mich in meinem Gedankenkreisen.

»Ja?«, brummte ich.
»Hast du einen speziellen Wunsch fürs Mittagessen?«, wollte Jules wissen. »Nein«, verneinte ich das. Das Essen war in dem Moment mein geringstes Problem.
»Okay. Ich schau dann mal, was ich zu essen zaubere«, kam es von der anderen Seite der hölzernen Raumtrennung, wonach sich entfernende Schritte zu hören waren.

Ich ließ mich von einer sitzenden in eine liegende Position sinken. Meine Augen ließen dabei nicht von der Wand ab, die sie fixiert hatten.

Immer und immer wieder kreiste mir Moms Aussage des mangelnden Fortschritts durch meinen Kopf und die Zweifel an der Sinnhaftigkeit von der Therapie mit Damien wurden lauter.

Vielleicht war es sinnlos, gegen die Angst zu kämpfen.
Vielleicht sollte ich einfach mit ihr leben.
Sie hatte mich sowieso mehr als feste in Griff. Alles, was ich bisher erreicht hatte, war diesen Griff ein wenig zu lockern, nur damit sie später umso härter zupackte.

Ich wickelte mich in meine Bettdecke ein. So als wäre sie ein Schutzschild gegen diese quälenden Gedanken.
Nur waren diese Gedanken in meinem Kopf, weshalb das nicht viel brachte.

Auch als es ein weiteres Mal an meine Zimmertür klopfte und ich zum Mittagessen geholt wurde, lag ich noch so auf meinem Bett.

Hunger hatte ich keinen.
Das Mittagessen zu streiken, war keine Option. Das hätte mir noch mehr Stress mit Mom und Jules eingebracht, auf den ich getrost verzichten konnte.
Deshalb richtete ich mich auf, quälte mich aus dem Bett und machte mich auf den Weg nach unten.

In der Küche saßen Akira und Jules bereits am Tisch.
Ohne was zu sagen, setzte ich mich an den Tisch.

Auf meinem Teller landete eine kleine Portion Nudeln mit Tomatensoße.
Alleine Jules Blick, der erst auf meinem Teller lag und dann zu meinem Gesicht hochwanderte, machte mir klar, dass der Herr Mediziner nicht einverstanden mit meiner Portionsgröße war.
»Keinen Hunger?«, kam auch prompt die erwartete Frage. Darauf nickte ich und schob mir die erste Gabel mit Nudeln in den Mund.
Ein wenig essen sollte ich schon. Ansonsten endete das ganze noch in einem Kollaps, wie bei Akira vor ein paar Wochen. Und das brauchte ich wirklich nicht.

»Hat deine Mutter dem Treffen mit deiner Freundin zugestimmt?«, wandte Jules sich an meine Zwillingsschwester.
»Hat ein wenig Diskussion benötigt, aber ja. Ich darf«, bestätigte sie das.
Mein Schicksal alleine mit Jules in diesem Haus zu sein war damit besiegelt.
»16 Uhr werde ich abgeholt«
Darauf nickte unser Onkel.

Der leichte Seitenblick von Akira zu mir, war mir nicht entgangen. Darauf sagen tat ich nichts.

Fertig mit essen, wurde der Tisch gemeinsam abgeräumt, wonach ich mich wieder in mein Zimmer verzog.

Statt mich meinen Gedanken wieder voll hinzugeben, versuchte ich auf andere Gedanken zu kommen und nahm dabei mein übliches Ablenkungsprogramm zur Hilfe. Nämlich YouTube.
Alternativ hätte ich auch rausgehen und trainieren können, bezweifelte aber, dass meine Konzentration ausreichte, weshalb ich es lieber bleiben ließ, bevor ich mich wieder verletzte.

So verlief der Nachmittag sowie der frühe Abend dieses Donnerstags.
Erst das Abendessen unterbrach mich in meiner monotonen Tätigkeit.

Der Gedanke daran alleine mit ihm am Tisch zu sitzen löste Bauchschmerzen bei mir aus.

Kurz überlegte ich mich einfach schlafend zu stellen und so den Abendessen zu entgehen. Die Tatsache, dass das Jules skeptisch machen könnte wegen meines Sturzes auf den Kopf, ließ mich die Möglichkeit verwerfen.
Wohl oder übel musste ich mich dem stellen und ich machte mich auf den Weg nach unten.

In der Küche saß zu meiner Überraschung nicht nur Jules am Tisch, auch Mom war da.
Auch wenn mich ihre Worte noch immer verfolgten, war ich froh, dass sie da war und ich nicht alleine mit Jules war.

»Hey Luke. Wie geht’s dir?«, erkundigte Mom sich nach meinem Wohlbefinden. »Ganz okay«, meinte ich und nahm mir eine Scheibe Brot, die ich mit Geflügelwurst belegte.
»Wie geht’s Dad?«, versuchte ich das Gespräch von mir auf Dad umzulenken. »Er hat die OP gut überstanden. Montag soll er entlassen werden, wenn alles gut läuft«, ließ Mom sich auf den Themenwechsel ein.

»Also knapp vier Tage, die ich Jules noch aushalten muss«, schlussfolgerte ich in Gedanken.

Der Rest vom Abendessen verging ruhig und, wie bereits nach dem Mittagessen verschwand ich auch nach dieser Mahlzeit wieder auf mein Zimmer.

Den Rest des Abends verbrachte ich weiterhin mit Videos schauen.

Gegen null Uhr beschloss ich es gut sein zu lassen, mich Bettfertig zu machen und mich hinzulegen.

Leider war die Müdigkeit nicht so präsent wie am Abend zuvor, weshalb ich deutlich länger wach lag und darauf wartete, dass ich einschlief.

WKM - Angst vor ihnen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt