- Kapitel 141 -

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Lukes Sicht

Die fünf Minuten Pause vergingen meiner Meinung nach viel zu schnell.
Geräuschvoll atmete ich aus und ging wieder rein. Zurück zum Raum. Ich war einer der Letzten, die aus der Pause zurückkamen. Bevor ich mich zurück auf meinen Platz setzte, ging ich zu meinem Rucksack, holte meine Wasserflasche raus und trank ein paar Schlucke.
Nachdem ich fertig getrunken hatte, packte ich die Flasche zurück und setzte mich zurück auf meinen Platz im Stuhlkreis. Akira schaute leicht besorgt zu mir rüber. Mit einem leichten Lächeln versuchte ich ihr mitzuteilen, dass sie sich keine Sorgen machen musste.

Sobald alle wieder anwesend waren, ging es weiter.

Wie Herr Wagner angekündigt hatte, bestand die zweite Hälfte des eineinhalb Stunden Blocks daraus, dass wir Spiele spielten, um uns als Gruppe besser kennenzulernen.

Entgegen meiner Erwartung zog sich meine Angst sogar ein klein wenig zurück. Nicht vollständig, aber immerhin stand ich nicht mehr ab der Grenze zur Panikattacke.

Um 14:45 Und läutete die Schulglocke und wir wurden entlassen.

Das nächste Treffen und der richtige Start unserer Ausbildung zu Schulsanitätern stand am kommenden Dienstag bevor.

Zusammen mit Viola und Akira machte ich mich auf den Weg zur Bushaltestelle. Akira legte einen Arm um mich.
»Wie geht’s dir?«, fragte sie mich.
»Geht«, antwortete ich.
»Ging es mit deiner Angst?«
Ich nickte.
»Meinst du, du kannst weiter machen?«

Gute Frage.
Fühlte ich mich dazu in der Lage mich zum Schulsanitäter ausbilden zu lassen?
Bereits an diesem Tag war ich nah an meine Grenze geraten. Dabei hatten wir noch nicht Mal was besprochen, was mit Medizin zu tun hatte. Eher war es die bloße Anwesenheit der beiden Rettungssanitäter, die meine Angst getriggert hatten.
Was, wenn die Grenze überschritten wurde, sobald es richtig losging?
Zwar weiß Finn von meiner Angst, aber konnte er mir im Fall der Fälle helfen?
Schließlich ist er Rettungssanitäter.
Einerseits weiß er, wie er handeln muss, andererseits ist es genau das, was mir Angst machte.

»Ich weiß nicht.«

Ich konnte in diesem Moment einfach keine Entscheidung treffen.

Inzwischen waren wir an der Bushaltestelle angekommen.

»Du hast das heute übrigens gut gemacht! Ich bin stolz auf dich!« Sie zog mich in eine Umarmung und hielt mir kurz in dieser. Sie ließ mich wieder los und schaute mir in die Augen.
»Ich würde mich freuen, wenn du dich dafür entscheidest. Falls du dich dagegen entscheiden solltest bin ich dir nicht böse! Ich kann es verstehen!«

Wieder nickte ich leicht.

Ich musste da einfach in Ruhe drüber nachdenken. Vielleicht sogar nochmal mit Damien darüber reden. Erst dann könnte ich mich wirklich entscheiden.

Ein paar Minuten später kam der Bus und es ging nach Hause.

Zuhause verzog ich mich direkt aufs Zimmer. Ich brauchte dringend ein paar Minuten Ruhe und nach essen war mir noch nicht zumute.

Ich ließ mich auf meinem Schreibtischstuhl nieder. Überlegte, ob ich versuchen sollte mich an meine Hausaufgaben zu setzen.

Da es Freitag war, musste ich sie nicht machen, aber erledigt ist erledigt.
Deswegen holte ich mein Hausaufgabenheft raus, schaute nach, was ich noch erledigen musste und suchte mir davon eins raus, was ich erledigen wollte. Meine Wahl fiel auf Mathe. Das war das meiste, wie immer.
Schnell das Mathebuch rausgeholt, ein kariertes Blatt zurecht gelegt und los ging es.
Aufgabe für Aufgabe arbeitete ich ab.
Insgesamt saß ich eine Dreiviertelstunde an diesen Aufgaben. Danach war genug mit Hausaufgaben. Den Rest konnte ich ein andermal erledigen.

Kaum hatte ich das Mathebuch weggelegt und das Blatt in die richtige Mappe gelegt, einheften wird überbewertet, knurrte mein Magen. Das Zeichen dafür, dass es Zeit wurde was zu essen.

Dafür verließ ich mein Zimmer und ging nach unten in die Küche.
Außer mir war niemand dort, was mir ganz Recht war. So konnte ich in Ruhe essen.
Da es erst zu Abend was Warmes gab, mussten zwei Toasts herhalten.

Während ich am Essen war, wanderten meine Gedanken zu dem altbekannten Thema.

»Es bringt mir nichts ewig darüber nachzudenken. Am besten ich rede mit Damien morgen darüber. Vielleicht kann er mir dabei helfen meine Gedanken zu dem Thema zu sortieren.«

Ich schob mir den letzten bissen des ersten Toasts in den Mund, wonach ich das zweite in Angriff nahm.

Als ich das letzte Toast fast aufgegessen hatte, kam Dad in die Küche.

»Hey großer. Alles klar?«, fragte er mich und tauschte seine leere Wasserflasche mit einer vollen aus.
Als Antwort nickte ich, da ich meinen Mund noch voll hatte.
»Wie war die Schule heute? Ihr hattet, soweit ich weiß, euer erstes Treffen mit dem Schulsanitätsdienst.« Er setzte sich zu mir an den Tisch.

Ich schluckte das letzte Stück Toast runter, damit ich wieder reden konnte.

»War ganz okay«, meinte ich.
»Auch mit deiner Angst?«
»Sie war da, aber es hat sich in Grenzen gehalten!«

In Grenzen traf es ganz gut. Ich war ziemlich an der Grenze gewesen.

»Vielleicht bessert es sich ja, je öfter du dahin gehst. Ähnlich wie deine Samstage auf der Wache.«

Darauf hoffte ich. Zumindest, wenn ich mich dafür entschied die Ausbildung wirklich zu machen.

»Mal schauen«, sagte ich auf Dads Aussage, stand auf und stellte meinen Teller in die Spülmaschine.
»Ich bin jetzt wieder oben!«
»Mach das.« Dad stand ebenfalls auf und verließ mit mir die Küche.
Er bog ins Wohnzimmer ab, während ich wieder nach oben und auf mein Zimmer ging.

Dort zog ich mich um und ließ mich auf meinem Bett nieder.

Für den Tag hatte ich genug.
Schon am nächsten stand die nächste Konfrontation mit meiner Angst in Aussicht.

Ein erneuter Tag auf der Wache.

WKM - Angst vor ihnen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt