- Kapitel 66 -

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Lukes Sicht

Noch war Damien nicht dort und auch um Punkt zwölf Uhr war von ihm noch nichts zu sehen.

»Ist wahrscheinlich im Einsatz.«

Ich schaute die Eingangstür an.

»Sollte ich versuchen alleine reinzugehen? Marius sollte da sein und mit ihm Chris. Es sind also Personen da, die ich kenne«, wägte ich ab.

Das was dagegen sprach es alleine zu versuchen, war die Angst vor der Panik. Die Angst davor, dass ich es ohne Damien noch nicht schaffte mich zu beherrschen und die Kontrolle verliere.

Dann kam mir die Situation wieder in den Sinn, wo Marius sich geschnitten hatte und ich hierhin musste, damit Marius Verletzung genäht werden konnte. Da war ich auch ohne Damien dort drinnen und ich hab’s geschafft mich Zusammenzureißen. Sogar während dem Zusammentreffen mit Maik.

Die der kurze Vibrationsalarm meines Handys holte mich aus meinen Gedanken. Dieses fischte aus meiner Hosentasche und schaute drauf.

Eine neue Nachricht von Marius.

»Wann kommst du heute? Ich, Papa und Aylin sind schon da«, schrieb er.

Er war also bereits dort drinnen, seine Tante war auch schon da Und ich stand davor und zerbrach mir den Kopf darüber, ob ich weiter auf Damien warten sollte, oder versuchen sollte alleine reinzugehen.

Meine beiden Daumen schwebten über der Tastatur auf dem Display, während ich überlegte, was ich ihm antworten sollte.

»Soll ich ihm schreiben, dass ich da bin? Vielleicht kommt er dann raus? Reinschleppen wird er mich sicher kein zweites Mal nach dem Desaster, was noch nicht allzu lange zurückliegt«, überlegte ich und schaute dem Cursor in der Nachricht Leiste dabei zu, wie er wiederholt verschwand und wieder auftauchte.

Nachdem ich zwei Minuten später immer noch zu keinem Ergebnis gekommen bin, schüttelte ich den Kopf und tippte die Worte: »Bin da, aber vor der Türe«.
Ohne weiter darüber nachzudenken, drückte ich auf absenden und ließ den Chat keine Sekunde aus den Augen.

»Ob das die richtige Entscheidung war? Nicht, dass er so aufgeregt darüber ist, mir seine Tante vorzustellen, dass er vergisst, was das letzte Mal passiert ist, als er mich einfach so in die Wache geschleppt hat.«

Lange hatte mein „nicht weiter drüber nachdenken“ Vorhaben nicht angehalten.

»Hey Luke!«, hörte ich jemanden meinen Namen sagen und blickte in Richtung Tür, wo die Stimme herkam. Aus der Richtung kam Marius auf mich zugelaufen.
»Hi«, erwiderte ich die Begrüßung.
»Damien ist leider noch nicht da. Der ist noch unterwegs«, klärte er mich direkt darüber auf, wo Damien steckte und bestätigte mir damit meine Vermutung, die ich hatte.

Nickend nahm ich das zur Kenntnis.

»Wollen wir reingehen?«, fragte er und deutete Richtung Tür. Mit meinen Augen folgte ich seiner Bewegung und schaute dorthin.
Noch immer war ich mir unsicher darüber, ob ich es ohne Damien schaffte rein zu gehen.
»Geht nicht?«
Unsicher zuckte ich mit den Schultern.

In meinem Kopf hatte das Pingpong Spiel der Gedanken wieder begonnen und keine Seite schien sich wirklich behaupten zu können.

»Verdammt nochmal! Wir stehen hier gleich schon fünf Minuten und ich schaffe es immer noch nicht reinzugehen? Wieso kann ich mich nicht einmal gegen die Angst behaupten und das machen, was ich als richtig empfinde? Wieso muss sie immer Zweifel sähen, wenn ich gerade etwas in die Richtung „ich schaffe das“ tendiere?«

Aufgrund des Frustes in mir, hatte sich mein Körper noch einmal mehr angespannt.

»Alles okay?«, wollte Marius wissen, der anscheinend meine angespannte Körperhaltung bemerkt hatte. Ich brachte nur ein »hm-m« heraus und ging auf die Eingangstür zu. Ich machte mir den Frust zunutze und zwang mich dazu reinzugehen.

Die Schritte hinter mir deuteten darauf hin, dass Marius mir folgte.

Gemeinsam betraten wir das Gebäude.
Als die Tür hinter uns ins Chaos fiel, wirkte das auf mich, wie ein Schalter. Der Frust war weg, dafür wurden die Zweifel wieder laut, was mich dazu verleitete auf der Stelle umzudrehen und wieder aus dem Gebäude zu verschwinden.

»Hier seid ihr. Hab mich schon gefragt, wo ihr bleibt«, ertönte eine andere Stimme aus Richtung der Treppen. Vor Schreck schaute ich in die Richtung und entdeckte Chris.

»Okay. Reiß dich zusammen! Einmal vor Chris eine Panikattacke zu bekommen hat gereicht! Nochmal muss ich ihm das nicht antun«, rief ich mich gedanklich zur Vernunft und atmete einmal durch, um mich zu vergewissern, dass ich mich selbst noch im Griff hatte und die Panik noch nicht viel zu sagen hatte.

»Kommt ihr hoch?«, wollte Chris wissen.
»Wir kommen sofort!«, antwortete Marius darauf und schaute zu mir. Leicht nickte ich, machte ihm so klar, dass ich so weit war.
Er nickte auch und wir gingen die Treppen nach oben zu Chris.
»Bei dir alles klar Luke?«, erkundigte der Sanitäter sich bei mir, während wir in Richtung Aufenthaltsraum gingen.
»Geht«, meinte ich. »Wenns dir zu viel wird, ist das okay«, erinnerte er mich daran, mir nicht zu viel auf einmal zuzumuten. Darauf nickte ich nur. Wir waren am Aufenthaltsraum angekommen.

Chris öffnete die Tür und betrat als Erster den Raum, Marius nach ihm und ich bildete das Schlusslicht. So hatte ich zumindest ein wenig Sichtschutz und stand nicht direkt wieder in Zentrum der Aufmerksamkeit.

Leider blieben die beiden nicht lange an Ort und Stelle stehen, Chris ging in Richtung der beiden Sofa und Marius folgte ihm. Ich blieb bei der Tür stehen und wusste nicht, was ich tun sollte.

»Umdrehen, rausgehen und abhauen wäre eine Option!«

Innerlich schüttelte ich den Kopf, um diese Möglichkeit gleich wieder zu verwerfen.

»Du bist dann wohl Luke?«, wurde ich von einer weiblichen Stimme gefragt, die wohl von der Person kam, die sich von Sofa erhoben hat und auf mich zukam.

Mein Herz schlug mir bis zum Hals, mir war eiskalt und der Fluchtimpuls war wieder einmal omnipräsent und kaum zu unterdrücken.

Auf ihre Frage konnte ich nur nicken.

»Freut mich dich kennenzulernen. Ich bin Aylin, Marius Tante«, stellte sie sich bei mir vor.
Wieder nickte. Darum kämpfend nicht die Panikattacke gewinnen zu lassen.

Leider war das enorm kräftezehrend und ich wusste nicht, wie lange ich noch dazu in der Lage war sie zu unterdrücken.

WKM - Angst vor ihnen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt