- Kapitel 118 -

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Lukes Sicht

Angestrengt überlegte ich, wie ich ihm am besten von dem ganzen erzählen sollte.
Egal was mir in den Sinn kam, es stellte mich nicht zufrieden.

»Wieso mache ich mir da so einen Kopf drum? Ist doch egal wie ich es erzählte. Hauptsache er kennt danach die Geschichte!«

Mit einer Hand strich ich mir durchs Gesicht.
Damien blieb geduldig und ließ mir meine Zeit.

»Das Ganze ist passiert, da war ich ungefähr fünf …«, fing ich leise zu erzählen an. Den Blick hatte ich dabei auf die Matratze gerichtet.

Mein Herz hat angefangen unangenehm schnell zu schlagen.

»Mir ging es an einem Tag nicht gut. Bauchschmerzen. Dad war an dem Tag nicht da und Mom hatte viel um die Ohren, weshalb ich nichts gesagt habe. Akira hat natürlich bemerkt, dass bei mir was nicht stimmte. Sagte aber auch nichts. Ich konnte es auch eine Weile gut verrutschen, doch irgendwann ging es nicht mehr. Akira hat dann Mom bescheid gegeben. Die hat den RTW geholt, der mich ins Krankenhaus gebracht hat und dort nahm das ganze dann seinen Lauf …«
Ich musste schlucken und krallte mich in meinen Hoodie.

»Du bekommst jetzt keine Panikattacke nur von darüber reden!«, ermahnte ich mich in Gedanken und atmete ein paar Mal durch, um mein Nervensystem zu regulieren.

»Nimm dir die Zeit, die du brauchst!«, sagte Damien.

Wenn das so einfach wäre. Er konnte jederzeit zu einem Einsatz gerufen werden und dann wäre unser Gespräch beendet gewesen.

Ich nickte auf seine Aussage und holte Luft, um meine Erzählung fortzusetzen.

»Ich kam in die Notaufnahme. Bereits dort hatte ich Angst, weil um mich herum ordentlich Gewusel herrschte und niemand da war, der mir Sicherheit bieten konnte. Der eigentliche Auslöser für meine Angst war jedoch die OP. Ich alleine in einer fremden Umgebung und Menschen die ich nicht kenne. Außerdem wusste ich nicht Mal was auf mich zukam. Das hat dazu geführt, dass ich mich gewehrt habe.«

Ich sah die ganze Situation wieder Bildlich vor mir.
Hitze und Kälteschauer durchzogen abwechselnd meinen Körper. Die Tränen stiegen mir in die Augen und mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen.

»Schau mich Mal an«, forderte Damien mich auf.
Ich schaute nach wie vor die Matratze an. Vorsichtig hob ich meinen Blick an. Die leichte Bewegung ließ die Tränen über die Ufer treten und meine Wangen hinablaufen.
»Und jetzt kurz innehalten und einfach atmen«, gab er mir die Anweisung und half mir dabei in einen ruhigeren Atemrhythmus zu finden. Das holte mich wieder ein wenig aus der Panik Reaktion raus.

»Dem Personal hat es nicht gefallen, dass ich mich gewehrt habe. Die haben gemeckert, dass ich gefälligst ruhig liegen bleiben soll. Darauf gehört hab ich nicht. Irgendwann hat es denen wohl gereicht und sie haben mich festgehalten und die Narkose gestartet. Das war der Startschuss für die Angst. Seitdem konnte ich keiner Person mit medizinischem Beruf ohne Angst gegen übertreten. Die ersten Kinderarztbesuche danach waren auch nicht gerade förderlich«, setzte ich meine Erzählung fort.

Mit einem Hoodieärmel wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht.

»Ich bin stolz auf dich, dass du dich getraut hast mir das zu erzählen« Damien hatte ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen. Meine Mundwinkel zuckten auch kurz in die Höhe, obwohl mir nicht nach lächeln zumute war.

»Jetzt verstehe ich auch, wieso die anstehende OP dein "Endgegner" ist. Das erinnert dich am meisten an das was passiert ist«, schlussfolgerte der Notarzt.
Bejahend nickte ich.
Als er erneut zum Reden ansetzte, ging sein Melder los.
»Ich muss los. Bleib du hier und ruh dich aus!« Er erhob sich von Bett.
»Mache ich«, meinte ich darauf und ließ mich in die Waagerechte sinken.
Daraufhin verließ er den Ruheraum und ich blieb alleine zurück.

Ich schaute an die Zimmerdecke. Gefühlt hatte ich an Ort und Stelle einschlafen können, doch das kam nicht infrage. Nicht hier, wo jederzeit jemand reinplatzen konnte. Ungern wollte ich einschlafen und das nicht mitbekommen.
Aus meiner Hosentasche kramte ich mein Handy und schaute drauf. Wir hatten es gerade Mal kurz nach elf. Knapp vier Stunden musste ich es hier noch überleben.
Seufzend steckte ich das Handy wieder ein und starrte weiter an die Decke.

Ich fragte mich, ob Damien an diesem Tag noch vorhatte mich durch den Teil des ABCDE Schemas zu jagen, was ich bereits kannte.
Herausfinden konnte ich das erst, wenn er zurück war. Und das konnte mehr oder weniger lange dauern.

Während ich da lag und grübelte, klopfte es plötzlich an der Tür.

War Damien bereits wieder zurück?

Ich setzte mich auf.
Niemand kam rein.
Seltsam.

»Luke?«, sagte jemand vor der Tür meinen Namen. Die Stimme klang nicht nach Damien.
Sollte ich antworten oder so tun, als würde ich schlafen?
Was wollte die Person von mir?
Wer war das überhaupt?
Maik?

»Sag Mal bitte was, wenn du wach bist, sonst muss ich reinkommen und nach dir sehen«, bat er mich darum ein Lebenszeichen von mir zu geben.
»W-Was gibts denn?«, beschloss ich zu antworten.
»Damien hat mich darum gebeten dir was zu trinken zu bringen. Darf ich kurz reinkommen dir das bringen oder kommst du kurz raus und holst es dir?«, erklärte die Person, wieso sie vor der Tür stand.

Gute Frage. Sollte ich ihn reinlassen oder nicht?
Schwer zu entscheiden, wenn ich nicht wusste, wer vor der Tür stand.
Meine Entscheidung fiel letztendlich darauf, dass ich rauskam. Das teilte ich der Person vor der Tür auch mit.

Langsam stand ich auf. Ich musste mich Kurzzeitig festhalten, da mein Kreislauf nicht ganz auf der Höhe war. Dann näherte ich mich der Tür und hoffte, dass es nicht Maik war, der dort stand.
Mein Herz klopfte, als ich die Türklinke runterdrückte und die Tür öffnete.

Ich schaute die Person an, die auf mich wartete. Kein Maik. Glück gehabt. Stattdessen war es der Notarzt, den ich vorher im Aufenthaltsraum getroffen hatte. Wie war sein Name noch gleich? Irgendwas mit V.

»Hier.«, er reichte mir eine Wasserflasche.
»Danke« Ich nahm sie entgegen.
»Sonst alles in Ordnung?«, erkundigte er sich nach meinem Wohlbefinden.
»Ja, alles okay«, bejahte ich.
»Okay. Sag Bescheid, wenn was ist.«
Das bestätigte ich mit einem Nicken wonach die Tür schloss. Schritte entfernten sich und ich setze mich wieder aufs Bett.

»Valerius. Das ist sein Name«, erinnerte ich mich an deinen Namen, während ich die Flasche öffnete und ein paar Schlucke trank. Nachdem ich genug getrunken hatte, stellte ich sie wieder weg und legte mich wieder hin. Das Warten auf Damiens Rückkehr setzte sich fort.

WKM - Angst vor ihnen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt