- Kapitel 94 -

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Lukes Sicht

Während der Wartezeit unterhielten Chris und ich uns ein wenig.

Es vergingen etwas mehr als zehn Minuten, bis es an der Tür klopfte und Jules hereinkam.
»Tagchen. Hab gehört, ich darf Krankentaxi spielen?«, waren seine Worte zur Begrüßung. Den Impuls meine Augen zu verdrehen konnte ich noch gerade so unterdrücken.

»Fieber so geblieben oder hat sich da noch was verändert?«, erkundigte sich mein Onkel bei Chris.
»Das weiß ich nicht. Ich hab selbst nicht nachgemessen. Wollte ihn nicht noch zusätzlich stressen«, antwortete ihm dieser und hatte dabei verneinend den Kopf geschüttelt.
Daraufhin drehte der sich nicht im Dienst befundene Notarzt sich zu mir um.

»Darf ich nochmal Fieber nachmessen bei dir?«, fragte er mich und nahm bereits das Ohrthermometer zu Hand. Begeistert davon war ich nicht. Am liebsten hätte ich meine Ruhe gehabt. Auch wenn es nichts Großes war.
»Du hast die Wahl, jetzt oder spätestens Zuhause«, stellte er mich vor die Wahl. Die Option „ich hätte gerne meine Ruhe“ stand leider nicht zur Verfügung.
»Ich will in mein Bett, Jules. Bitte …«, grummelte ich.
»Dann erledigen wir das bei dir Zuhause«, entschied er, da ich ihm seine Frage nicht beantwortet hatte und legte das Ohrthermometer wieder beiseite.
»Kannst du laufen?«, wollte er als Nächstes von mir wissen.
»Ich hab Fieber und ein bisschen Husten. Meine Beine sollten noch funktionieren«, meinte ich und ließ mich langsam von der Liege auf meine Füße rutschen. Für einen Moment blieb ich noch an der Liege lehnen. Einfach für den Fall, dass mein Kreislauf kurz nach dem Aufstehen meinte in die Knie zu gehen.
»Gehts?«, vergewisserte Jules sich, was ich mit einem Nicken bestätigte.

»Danke dir fürs Aufpassen«, bedankte er sich bei Chris.
»Kein Problem. Er soll sich jetzt ordentlich ausruhen, damit er Montag wieder fit ist. Sonst wird Marius wohl nicht ganz so glücklich sein«
»Bekommen wir schon hin. Ich wünsche dir und den anderen noch einen ruhigen Dienst«, setzte mein Onkel zur Verabschiedung an, was Chris erwiderte, wonach ich mit Jules den weißen Raum verließen und uns auf den Weg nach draußen machten.

Zu deinem Auto war es zum Glück nicht weit. Er hatte es sich für die paar Minuten erlaubt auf dem Mitarbeiterparkplatz zu parken. War mir recht.
Wir stiegen ein und es ging zu mir nach Hause.

Die ganze Situation auf der Wache hatte mich enorm müde gemacht. Ich hatte nicht Mal bemerkt, dass mir die Augen zugefallen waren und ich eingedöst war.

Zuhause angekommen rüttelte mich wer leicht an der Schulter und holte mich so aus meinem kurzen Nickerchen. Verwirrt blinzelte ich, schaute mich um und realisierte, das ich noch in Jules Auto saß.

»Na komm. Lass uns reingehen damit du schnellstens ins Bett kommst«, animierte er mich dazu auszusteigen und ihm zum Haus zu folgen.

Unmotiviert verließ ich das KFZ und lief Jules hinterher Richtung Tür.
Er nutzte seinen Schlüssel, um uns Zugang zum inneren zu verschaffen.

Nachdem meine Schuhe mehr oder weniger ordentlich im Schuhregal gelandet waren, ging ich direkt nach oben und zu meinem Zimmer. Jules war kurz ins Wohnzimmer verschwunden. Wohl um Mom und Dad, bzw. nur Dad aufzuklären. Mom konnte noch einkaufen sein.

In meinem Zimmer ließ ich mich auf mein Bett fallen und zog meine Bettdecke in meine Arme.

Ich wollte dir paar Minuten Jules freie Zeit noch genießen, bevor ich zum zweiten Mal an diesem Tag einen Arzt an mich ran lassen musste.

Da ich ein wachsames Ohr auf die Tür hatte, um Jules Ankunft in meinem Zimmer auch bloß nicht zu verpassen, döste ich nicht wieder ein.

Als es an der Tür klopfte, zog ich mir meine Bettdecke über den Kopf und grummelte nur, damit Jules wusste, dass er reinkommen durfte.

Die Tür öffnete sich, Schritte kamen ins Zimmer, die Tür schloss sich und er kam in meine Richtung. Ich bewegte mich kein Stück und blieb halb unter meiner Bettdecke vergraben.
Mein Herzschlag dröhnte mir in meinen Ohren.

Die Matratze senkte sich links von mir ab. Er hatte sich zu mir gesetzt.

»Wie geht’s dir gerade?«, wollte er von mir wissen. »Müde«, brummte ich. »Du darfst gleich schlafen. Zuerst möchte ich nochmal Fiebermessen und dir auf die Lunge hören«
»Das hat doch Damien bereits gemacht«
»Das stimmt, aber ich möchte schauen, ob dein Fieber gesunken oder gestiegen ist. Und ich möchte selbst nochmal auf deine Lunge hören. Zwar vertraue ich Damien, das er mir keinen Schwachsinn erzählt, aber ich mache mir gerne nochmal selbst ein Bild davon«, erklärte er mir, wieso er das selbst nochmal machen wollte.

»Wenn ich unter der Decke vergraben bleibe kommt er nicht so einfach an mich an«, ging es mir durch den Kopf.
Zeitgleich kam mir der Gedanke, dass das dumm ist, da er mich sicher erst in Ruhe ließ, wenn er hatte, was er wollte.

Wohl oder übel musste ich meinen Schutzmantel, die Bettdecke, ablegen und mich aufsetzen. Kaum saß ich aufrecht, musste ich husten.
Jules reichte mir meine Wasserflasche, nachdem ich fertig abgehustet hatte. Diese nahm ich dankend an und trank einen Schluck. Die Kohlensäure tat meinem Hals zwar nicht gut, was anderes zum Trinken hatte ich allerdings nicht in Reichweite.
Fertig mit trinken, stellte ich die Flasche wieder auf den Boden.

»Darf ich?« Jules deutete auf das Ohrthermometer in seiner Hand. Nickend gab ich ihm das okay, woraufhin zum zweiten Mal ein Ohrthermometer seinen Weg in mein Ohr fand, um Fieber zu messen.

Lange dauerte es nicht, bis die Messung abgeschlossen war und Jules das Thermometer aus meinem Gehörgang entfernte.
»Ist gestiegen. Bist bei 38,8 Grad. Noch nicht dramatisch, aber das wird im Auge behalten. Noch sollte die Ibu das Fieber etwas in Schach halten«, sagte Jules, nachdem er sich den Wert angeschaut hatte.
Das Fieberthermometer legte er weg und schnappte sich das Stethoskop.

Um ihm zu zeigen, dass ich auch dazu in der Lage war wirklich zu kooperieren, zog ich mir meinen Hoodie aus, damit ich nur noch im T Shirt vor ihm saß und drehte mich mit dem Rücken zu ihm.

»Wird gleich kurz kalt«, warnte er mich vor und begann dann mich abzuhören. Nachdem der kurze Kälteschauer überwunden war, folgte ich seinen Anweisungen, wie ich zu atmen hatte.

Dieses Mal kam mir das weniger lange vor.

»Fertig. Kannst deinen Hoodie wieder anziehen.«

Das ließ ich mir nicht zwei Mal sagen und schlüpfte wieder in das Stück Stoff.

»Vorerst habe ich dich genug geärgert. Dein Fieber wird wie erwähnt regelmäßig nachgemessen.
Hoffen wir einfach mal, dass das Fieber im Rahmen bleibt und deine Lunge keine Lungenentzündung entwickelt. Am besten versuchst du zu schlafen. Viel trinken nicht vergessen«, sagte er, während ich es mir wieder bequem machte.
»Dann hast du jetzt erstmal deine Ruhe«. Er stand auf, sammelte Stethoskop und Fieberthermometer ein und verschwand aus meinem Zimmer.

Endlich Ruhe.

Nicht mal zwei Minuten, nachdem Jules mein Zimmer verlassen hatte, war ich eingeschlafen.

WKM - Angst vor ihnen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt