- Kapitel 91 -

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Lukes Sicht

Die knapp zehnminütige Fahrt verging und Mom parkte das Auto auf dem Parkplatz der Klinik.

»Bis später. Ich fahre jetzt einkaufen. Sollte in einer Stunde wieder da sein«, sagte Mom zu mir, bevor ich das Auto verließ und ich mich auf den Weg zum Klinikpark machte.

Es wehte ein leichter Wind, der mir durch die Haare strich und mich trotz Jacke frieren ließ.
Meine Hände hatte ich bereits in den Jackentaschen vergraben.

Wie so oft ließ ich mich auf einer Bank im Klinikpark nieder und wartete auf Damien.

»Was, wenn Damien trotz der Medikamente was bemerkt?«

Das war wohl meine größte Angst in dem Moment. An zweiter Stelle stand das Thema meiner Flucht am Samstag zuvor.

Der Hustenreiz begann sich ein weiteres Mal bemerkbar zu machen und ich nutzte die Zeit, in der noch kein Damien zu sehen war, um Husten zu können. Denn sobald er da war, musste ich alles dafür tun das zu unterdrücken.

Keine zehn Minuten vergingen nach meiner Ankunft an unserem Treffpunkt und der Psychiater gesellte sich zu mir.

»Hallo Luke, darf ich mich zu dir setzen?«, fragte er nach Erlaubnis, die ich ihm mit einem Nicken gab.
Er ließ sich neben mir auf der Bank nieder. Meine Augen waren geradeaus gerichtet. Auf einen Baum, dessen Blätter langsam anfingen, ihre herbstlichen Farben anzunehmen.

»Wie geht's dir?«, kam auch schon die erste Frage bezüglich meines Wohlempfindens.
»Ganz okay«, antwortete ich darauf.
»Du siehst etwas angeschlagen aus«, bemerkte auch er mein nicht optimales Äußeres Erscheinungsbild.
»Die Nacht war ein bisschen schwierig … Wenig Schlaf gehabt«, nutzte ich meine zurechtgelegte Lüge und hoffte, dass er mir diese abkaufte.

Für einen Moment war es ruhig. Seine Augen musterten mich, was mich umso nervöser machte.

»Hast du Angst mir zu sagen, dass es dir nicht gut geht?«

Ich musste schlucken und saß wie eingefroren auf dieser Bank.

»Oh Wow. Das ging schneller als gedacht … Scheiße!«

Am liebsten wäre ich aufgestanden und gegangen, doch weglaufen ist nur eine vorübergehende Lösung. Außerdem bezweifelte ich, dass ich in meinem Zustand weit kam.

Noch immer hatte ich kein Wort herausgebracht, womit Damiens Frage weiterhin im nicht vorhandenen Raum stand.

»Hast du Angst, dass ich dich zu etwas zwinge? Untersuchungen oder sowas?«, versuchte er den Grund zu ermitteln, wieso ich versucht hatte meinen angeschlagenen Zustand vor ihm zu verheimlichen.

Was sollte ich ihm antworten?
Ja, ich hatte Angst.
Angst davor, dass ich dazu „gezwungen“ wurde mich untersuchen zu lassen.

Da mein Mund mir nicht gehorchen wollte, bejahte ich Damiens Frage mit einem nicken.

»Ich verstehe, dass du Angst davor hast. Zwingen würde ich dich jedoch niemals, außer es gäbe einen Notfall, der es nicht erlaubt viel Zeit zu verlieren. Und dein Zustand scheint mir gerade kein Notfall zu sein. Deshalb können wir uns die Zeit nehmen, die du brauchst.«

Diese Aussage erleichterte mich ein klein wenig. Trotzdem blieb ein Teil der Anspannung.

»Ich hab einen Vorschlag«, begann Damien wieder zu reden und schaute mich dabei an.
»Die Wache kannst du ja mittlerweile betreten. Deswegen schlage ich vor, dass wir beide jetzt rüber zur Wache und da rein gehen. Eigentlich war ja geplant, dass wir Samstag offiziell in Phase drei meines Plans einsteigen. Das können wir heute nachholen. Und dafür nehmen wir uns alle Zeit der Welt. Zumindest die, die uns überlassen wird. Was halst du davon?«, unterbreitete er mir seinen Vorschlag und wollte meine Meinung dazu wissen.

Ich wandte meinen Blick ab und richtete diesen, wie so oft, auf den Boden.

Was hielt ich von seiner Idee?

Die Angst in mir war natürlich dagegen. Wollte, dass ich auf gar keinen Fall zustimmte.
Das schlechte Gewissen in mir meinte, dass die einfachste Lösung ist, um sich nicht noch tiefer in Lügen zu verstricken.

Einmal atmete ich tief durch und stimmte Damiens Vorschlag zu.

»Was erwartet mich denn jetzt? Das, was wir besprochen hatten oder geht er weiter, weil ich krank bin?«

»Was erwartest du? Natürlich wird er weiter gehen!«

»Was geht dir gerade durch den Kopf?«, war es Damiens stimmte, die mich aus meinen Gedanken holte.
»Bleibt es bei dem Teil des Schemas, den wir besprochen haben?«, traute ich es mich nachzufragen.
»Ich bin ehrlich, wahrscheinlich wird mehr dazu kommen. Dass das ausgerechnet dann passiert, wenn Phase drei meines Plans beginnt, ist ungünstig, aber wir schaffen das zusammen. Okay? Ich erkläre dir alles und gebe dir die Zeit, die du brauchst«, beantwortete er mir meine Frage.

Leicht verzog ich das Gesicht.
Wohl war mir dabei nicht, aber ich war auch irgendwie erleichtert, dass es Damien war, dem es zuerst aufgefallen war. Wenn ich wem zutraute, dass er wirklich Rücksicht auf meine Angst nahm, dann ihm.

»Wollen wir rüber, oder brauchst du noch einen Moment?«, vergewisserte er sich. »Wir können«, meinte ich, woraufhin er Aufstand, was ich ihm gleich tat. Ein wenig schummerig wurde mir und ich musste mich an der Bank festhalten, um mein Gleichgewicht nicht zu verlieren.

»Gehts?«, wollte Damien wissen. Zustimmend brummte ich, dann machten wir uns auf den Weg zur Wache. Damien lief neben mir und hatte mich mit Sicherheit über den Augenwinkel im Blick. Hatte wohl Angst, dass ich doch noch Opfer der Schwerkraft wurde. Verübeln konnte ich es ihm nicht.

WKM - Angst vor ihnen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt