- Kapitel 116 -

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Lukes Sicht

»Guten Morgen Luke«, war es Mom, die mir als Erste einen guten Morgen wünschte. Das erwiderte ich mit einem gebrummten »Morgen«, sammelte mir alles für mein Frühstück zusammen und setzte mich neben meine bessere Hälfte, die ihre Schüssel schon fast leer gegessen hatte.

Das Frühstück ging nahezu wortlos vonstatten. War mir recht, denn mein Kopf war noch nicht in der Lage großartig Gespräche zu führen.

Nachdem ich aufgegessen und mein Geschirr in den Geschirrspüler geräumt hatte, ging ich zurück auf mein Zimmer. Dort zog ich aus meinem Schrank frische Anziehsachen.
Wie so oft fiel meine Entscheidung auf Cargohose und Hoodie. Die Hose war schwarz und der Hoodie hatte verschiedene Grautöne, die ineinander verliefen.
Mein Schlafoutfit musste dem rausgesuchten weichen.

Fertig umgezogen schnappte ich mir mein Handy und setzte mich auf meinen Schreibtischstuhl.
Während der Wartezeit, bis zur Abfahrt, beschäftigte ich mich damit Kurzvideos anzuschauen.

Kurz vor Abfahrtszeit klopfte es an meiner Zimmertür.
»Bist du so weit? Wir fahren jeden Moment«, wollte Mom wissen.
»Ja, ich komme sofort«, antwortete ich darauf, steckte mein Handy in eine der Hosentaschen und stand auf.

Ich verließ mein Zimmer und ging nach unten. Ganz nach unten kam ich nicht, weil Akira auf der Treppe saß und sich ihre Schuhe anzog.
Mom war so nett und reichte mir meine Schuhe, damit ich nicht warten musste, bis Akira fertig war.

Sobald alle fertig waren, verließen wir das Haus, gingen zum Auto und stiegen ein. Wie immer saßen Akira und ich hinten und der Beifahrersitz blieb frei.

Auf dem Klinikparkplatz angekommen, nahm Akira nochmal in den Arm.
»Bis später. Du schaffst das!«, sprach sie mir Mut zu.
»Danke. Bis später und viel Spaß beim Training!« Ich drückte sie nochmal und stieg aus.
Erst als Mom und Akira vom Parkplatz gefahren und außerhalb meiner Sichtweite waren, machte ich mich langsam auf den Weg Richtung Wache.
Bereits von weitem konnte ich sehen, dass niemand vor der Tür auf mich wartete. Hieß für mich wieder einmal warten, bis Damien entweder vom Einsatz zurückkam oder rauskam, um mich reinzuholen.

Wartend lehnte ich neben der Tür an der Wand und ließ meinem Blick umherschweifen. Hängen blieb ich am Hauptgebäude. Das Gebäude, was ich seit meiner letzten Nachuntersuchung wegen meines Arms nicht wieder betreten hatte.

»Irgendwann musst du da wieder rein. Ob du es willst oder nicht. Das Metall in deinem Arm entfernt sich schließlich nicht von selbst«

Ich schüttelte den Kopf. Wollte nicht wieder über dieses Thema nachdenken.
Jedoch rückte die zweite OP immer näher und bisher hatte ich nicht das Gefühl, dass ich dieser mit weniger Angst entgegensah.

»Hör auf dir den Kopf darüber zu zerbrechen! Die OP ist nicht morgen, sondern in einigen Wochen! Bis da ist noch Zeit«, redete ich mir gedanklich ein und dachte an Damiens Worte, dass wir darauf zuarbeiten und ich mir keinen Stress machen sollte.
Einfacher gesagt als getan, wenn die Erinnerung an die Ursache des ganzen die Angst vor einer Wiederholung verschärfte.

»Vielleicht sollte ich Damien davon erzählen. Die ganze Geschichte kennt er noch nicht. Ob es hilft?«

Die Frage hatte ich mir bereits öfter gestellt, neben der frage, ob ich ihm schon ausreichend vertraute, um ihm das anzuvertrauen.
Diese Fragen konnte ich auch zu diesem Zeitpunkt nicht sicher beantworten.
Wahrscheinlich hätte ich das auch nie.
Aus Angst, dass er, egal wie sehr ich ihm vertraute, das ganze nicht ernst nahm. Den Auslöser meiner Angst als Kleinigkeit abstempelt.

»Guten morgen Luke«, wurde ich plötzlich angesprochen und aus meinen Gedanken gerissen.
Erschrocken zuckte ich zusammen und drehte mich nach links, wo die Person stand, die mich angesprochen hatte.
»Entschuldigung. Ich wollte dich nicht erschrecken«, entschuldige Damien sich.
»Schon okay«, winkte ich ab.
»Wollen wir reingehen?«, fragte der Notarzt neben mir, was ich nickend bejahte, wonach wir ins Innere der Wache verschwanden.
Angenehm warme Luft löste die kalte von draußen ab. Das freute besonders meine Hände, die eiskalt waren, trotz, dass ich sie in die Jackentaschen gesteckt hatte.

Wir liefen die Treppen nach oben und in Richtung Aufenthaltsraum. Ich atmete ein paar Mal tief durch. Versuchte damit die innere Unruhe etwas abzumildern.
Hinte Damien betrat ich als Zweites den Raum.
Um zu schauen, wer da war, linste ich an Damien vorbei.
Drei Personen. Gesehen hatte ich die schon mal, an die Namen konnte ich mich jedoch nicht erinnern.

Damien setzte sich neben einem Kollegen aufs Sofa. Neben ihm war noch genug Platz, dass ich mich auch noch setzen konnte.
»Hallo Luke«, begrüßte mich Damiens Kollege. Ich hob als Reaktion darauf einfach nur die Hand.

Damien begann mit seinem Kollegen ein Gespräch. Gab mir damit wieder Zeit mich zu akklimatisieren mit der Situation.
Ungefähr nach zwanzig Minuten, die wir bereits im Aufenthaltsraum saßen, gingen die Melder aller Besatzungsmitglieder in diesem Raum los.

Damien verabschiedete sich mit einem »Bis später«, von mir und verließ mit seinen Kollegen den Raum. Ich blieb alleine zurück.

In meinem Kopf begann ein hin und her.
Sollte ich hier im Aufenthaltsraum bleiben, war ja sowieso niemand außer mir hier und somit keine "Gefahr" oder sollte ich trotzdem in meinen Saferoom den Ruheraum wechseln?

Eigentlich hatte ich keinen wirklichen Grund den Raum zu wechseln, weshalb ich versuchte auf dem Sofa sitzen zu bleiben und dort auf Damiens Rückkehr zu warten.

Als Beschäftigung hatte ich mein Handy aus der Hosentasche geholt und spielte Subway Surfers.
In der zweiten Runde, die ich spielte, war ich sehr gut dabei und war kurz davor meinen Highscore zu knacken, als sich plötzlich die Tür öffnete. Weil ich meinen Blick vom Display anwandte, klatschte mein Charakter gegen ein Hindernis und die Runde war vorbei.

Zeit darüber zu ärgern hatte ich nicht. Ich musste schauen, wer reingekommen war.

WKM - Angst vor ihnen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt