- Kapitel 41 -

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Lukes Sicht

Wieder Zuhause angekommen, ging es auf direktem Weg nach oben.
Akira folgte mir in mein Zimmer, was mich nicht störte.

Wir setzten uns nebeneinander auf mein Bett und ich lehnte mich an meine Zwillingsschwester.

»Ich finde es krass, wie schnell er dich da rausgeholt hat aus der Panikattacke«. Wir schauten beide auf den Laminatboden.
»Das ging Samstag genauso schnell. Er hat sogar dieselbe Methode benutzt. Ich verstehe nicht, wieso er so einfach zu mir durchdringen kann … Jules hat das nicht geschafft«. Ich ließ mich in die Waagerechte auf den Rücken sinken. Akira tat es mir gleich.

»Damien ist Psychiater. Das hab ich auf seinem Namensschild am Kittel gelesen. Er hat viel mehr Ahnung von psychischem Kram. Jules hat das nicht«, zeigte sie den Unterschied zwischen Jules und Damien, was Sinn ergab.

»Ausgelöst wurde die Panikattacke durch die Erwägung der Konfrontationstherapie. Ich weiß nicht, was genau er damit meint und dann hat mein Kopf angefangen mir alle möglichen Szenarien, um die Ohren zu hauen und das war zu viel«, erklärte ich ihr, wie es überhaupt zu der Panikattacke gekommen war.

»Er hat gesagt, dass der Plan noch nicht ganz ausgereift ist. Eines hat er aber klargemacht, und zwar, dass du noch genug Kontrolle darüber haben sollst, wie viel zu dir zutraust und wie viel nicht.«

Die Tatsache erleichterte mich enorm, auch wenn ich nach wie vor keine Ahnung hatte, was Damien plante.

»Genug darüber geredet. In den nächsten Wochen wird er unsere Gedankenwelt noch oft genug auf den Kopf stellen. Jetzt sollten wir uns entspannen oder wenigstens auf andere Gedanken kommen«, meinte sie und zog ihr Handy aus der Jackentasche. Sie startete das Spiel Schiffe versenken.

»Mit oder ohne Einsatz?«. Ich angelte mein Handy aus meiner Hosentasche.
»Ein und ausräumen vom nächsten Geschirrspüler?«
»Den letzten hab ich gemacht, den nächsten machst du!«
»Ey. Nein. Genau deswegen spielen wir doch darum. Damit wir genau diese Diskussionen nicht führen müssen!« Sie startete eine Runde. Ich trat dieser bei. »Ist ja gut. Hast ja recht«, grummelte ich und wir begannen zu spielen.

Meine Konzentration ließ nach der Panikattacke vorher zu wünschen übrig und Akira versenkte ein Schiff nach dem anderen von mir, bis ich nur noch eines übrig hatte.
Aus Glück schaffte ich es in meinem Zug eines von ihr zu treffen und zu versenken.

Letztendlich gewann sie die Runde und ich stieß einen Seufzter aus.

»Mach dir nichts draus. Nächstes Mal läuft es vielleicht besser für dich« Sie tätschelte mir leicht die Schulter. Ich schaute blöd aus der Wäsche, griff nach meinem Kopfkissen und warf es ihr ins Gesicht. Danach war sie diejenige, die verdattert glotzte. Ich konnte mir das Lachen nicht verkneifen.

»Na warte. Komm her!«. Mit einer Hand versuchte sie mich zu packen, ich hatte jedoch damit gerechnet und war bereits nach hinten ausgewichen. Aufgeben tat sie nicht und kam mir hinterher. Da das Bett nicht ewig lang war, musste ich irgendwann aufstehen und flüchtete lachend aus meinem Zimmer.

Ein leises Fluchen konnte ich hinter mir hören, woraufhin die Verfolgungsjagd durchs Haus an Fahrt aufnahm. Wir jagten uns die Treppe runter. Durch den Flur in die Küche, wo Mom in dem Moment am Essen machen war.

Ich rannte um den Tisch, sodass dieser zwischen mir und meiner Zwillingsschwester lag.

»Akira denk dran, dass du dich eigentlich noch schonen solltest«, erinnerte Mom Akira an ihre Gehirnerschütterung.

»Lass uns doch den Spaß«, grummelte Angesprochene.
»Wenn du nicht erst vor kurzem aus dem Krankenhaus entlassen worden wärest, hätte ich damit auch kein Problem. Ich hab aber keine Lust, dass dein Zustand später wieder schlechter wird, weil du die Schonfrist nicht eingehalten hast!«

Akira verdrehte die Augen und stapfte Richtung Wohnzimmer. Erst schaute ich ihr nach und folgte ihr dann. Mit verschränkten Armen ließ sie sich auf dem Sofa nieder, ich pflanzte mich neben sie.

Sie starrte mit grummeliger Mine auf den schwarzen Bildschirm des Fernsehers.

Stumm saß ich neben ihr. Wusste nicht, was ich sagen sollte.

Nach ein paar Minuten lehnte sie sich an mich und schloss die Augen. Stören tat es mich nicht. Wenn es für sie bequem war, war es okay für mich.

Wir blieben auf dem Sofa. Akira war zwischenzeitlich auf mir eingeschlafen und ich wagte es nicht mich großartig zu bewegen. Gelangweilt schaute ich auf den ausgeschalteten Fernseher. Den anzuschalten hatte meiner Langeweile nicht entgegengewirkt. Es lief nichts Spannendes. Egal zu welcher Uhrzeit. Mein Handy lag oben, wo ich nicht ran kam, weil ich Matratze spielte.

So blieb mir nichts anderes übrig, als einfach dazuliegen und abzuwarten.

Etwa gegen halb sieben kam Dad von seiner Schicht nach Hause. Man hörte seine und Moms Stimme in der Küche. Ein paar Minuten später ließ er sich bei uns im Wohnzimmer blicken und entdecke den Stapel bestehend aus Akira und mir.

Ich schaute ihn an, legte meinen Zeigefinger auf meine Lippen und deutete auf Akira, um ihm zu signalisieren, dass er leise sein sollte, damit Akira nicht wach wurde.

Er fand den Anblick wohl amüsant, da seine Mundwinkel verdächtig in die Höhe zuckten.
»Soll ich dich aus deiner Lage befreien?«

»Sie schläft doch gerade«, verneinte ich leise.
»Es gibt eh bald Abendessen. Die paar Minuten mehr Schlaf machen keinen Unterschied, zumal sie später sonst nicht schlafen kann«, argumentierte Dad und kam näher zum Sofa.
»Okaaay«, gab ich nach und ließ ihn Akira wecken.

Er strich ihr erstmal die Haarsträhnen aus dem Gesicht und rüttelte daraufhin leicht an ihrer Schulter.

Leises Brummen ließ darauf schließen, dass sie langsam aus dem Land der Träume wieder in die Gegenwart gelangte.

»Hey. Es gibt gleich Abendessen. Zeit, wieder munter zu werden.«

Murrend drehte sie den Kopf auf die andere Seite und versuchte so weiterzuschlafen. Dad ließ jedoch nicht einfach von ihr ab.

»Na komm Schlafmütze. Sonst kannst du heute Nacht nicht schlafen«, versuchte er es weiter.

»Es ist Wochenende … Ist doch egal …«, kam es grummelnd von meiner Zwillingsschwester.
»Nichts egal. Hopp.«

Geräuschvoll beschwerte sie sich, aber es kam leben in sie. Sie setzte sich auf, rieb sich durch die Augen und schaute Dad mit verschlafenem Blick an. Auch ich konnte mich wieder aufsetzen.

»Werd erstmal wacher. Ich hole euch gleich zum Essen«, meinte Dad und verschwand nach oben.

Wir Zwillinge blieben im Wohnzimmer auf dem Sofa. Anhand der halb geöffneten Augen neu Akiras konnte man sehen, dass sie Mühe hatte wach zu bleiben.

Ihre Gehirnerschütterung schien ihr noch in den Knochen zu stecken.

Die zwanzig Minuten bis zum Abendessen wurde sie ein wenig wacher und konnte essen ohne dabei einzuschlafen.

Nach dem Essen gingen wir auf unsere Zimmer. Das Erste, was ich tat, war auf mein Handy zu schauen.

Eine neue Nachricht von Nick.
»Hi. Ich wollte fragen, ob du morgen Zeit hast für ein Treffen?«

»Zeit habe ich. Wo willst du dich denn treffen?«, schrieb ich zurück und wartete auf eine Antwort. Die bekam ich innerhalb von zehn Minuten.

»Du bist ja jetzt diese Gipsschiene los, da dachte ich, dass es doch an der Zeit ist dir diesen coolen Parkour Park zu zeigen, wo ich des Öfteren trainiere. Wir könnten uns am Hauptbahnhof treffen und von dort gemeinsam dahin fahren«, war sein Vorschlag. Der sich ganz gut anhörte. Zweifel wegen meines Armes hatte ich trotzdem. Er war noch nicht stark genug um wieder richtig loszulegen.

»Können wir machen, aber ich kann noch nicht alles machen. Die Muskeln sind noch nicht wieder so weit.«

»Das macht nichts. Wie wäre es mit 13 Uhr am Hauptbahnhof?«, schrieb er zurück.

»Passt«

»Nice! Dann bis morgen!«.

Ich verabschiede mich auch bis morgen und wechselte von Chat auf YouTube. Abschalten war angesagt.
Das tat ich auch.

WKM - Angst vor ihnen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt