- Kapitel 89 -

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Lukes Sicht

Einige Zeit kuschelten wir noch miteinander. Ich konnte dem Drang einzuschlafen so gerade widerstehen und meine Tränen wurden mit der Zeit. Vorsichtig löste ich mich aus Dads ein Arm Umarmung und wischte mir mit einem Hoodieärmel die Tränen aus meinem Gesicht.

»Gehts?«, fragte er mich, worauf ich nickte und zu Akira schaute, die an Dad klammerte und sich nicht mehr von dort weg bewegte. Sie hatte ihren Kopf an die rechte Seite seines Brustkorbs gelegt und die Augen geschlossen.

»Ich bin übrigens auch froh euch wiederzusehen.« Er lächelte leicht.
»Wie geht’s deinem Rücken?«, fragte ich ihn mit leicht wackeliger Stimme. »Tut noch ein bisschen weh. Dagegen helfen die Schmerzmittel aber sehr gut«
Ich nickte.
»Und wie geht’s dir?«, gab er die Frage verallgemeinert an mich zurück.

Da Jules und Mom mit im Raum waren, konnte ich erst recht nicht die Wahrheit sagen.

Deswegen beantwortete ich ihm die Frage mit einem einfachen »Geht«. Im Grunde war es die Wahrheit, nur nicht die ausführliche.

Die Müdigkeit zerrte an mir und ich rieb mir durch die Augen, die durch die Tränenflut vor ein paar Minuten noch leicht gereizt waren.

»Wie läuft deine Therapie?«, war seine nächste Frage, die mir unwohl werden ließ.

»Weiß er schon, was am Samstag passiert ist?«

Die Hitze stieg in mir auf.

»Läuft ganz okay. Kleine Schritte und so«. Ich versuchte ein leichtes Lächeln auf meine Lippen zu legen, ob es echt aussah oder nicht, konnte ich nicht beurteilen.
»Auch kleine Schritte führen irgendwann zum Ziel«
Darauf nickte ich.

»Ich … bin dann Mal wieder auf meinem Zimmer«, meinte ich und stand vom Sofa auf.
»Mach das«, kam es von Dad.
Bevor ich das Wohnzimmer verließ, schaute ich noch zu Jules und Mom, die mit auf dem Sofa saßen und sich leise unterhielten.

Auch zu Akira schaute ich nochmal. Sie schien zu schlafen. Dann machte ich mich wieder auf den Weg nach oben und zog mich in mein Zimmer zurück.

Wieder im Bett kuschelte ich mich zurück in meine Bettdecke und machte damit weiter, wo ich vor Dads Rückkehr aufgehört hatte.

»Hoffentlich sorgt Dads Rückkehr dafür, dass Mom sich wieder mehr entspannt …«

Die Stunden vergingen.
Meine Kopfschmerzen nahmen zu und das Schlappe Gefühl breitete sich noch weiter in mir aus.

Beim Abendessen musste ich mein Essen wieder reinzwängen, damit sich niemand sorgte und trotz des müden Gefühls in meinem Körper wollte dieser mich später nicht einschlafen lassen.

Stattdessen lag ich eine ganze Weile wach und musste den Presslufthammer in meinem Kopf weiter ertragen.
Immerhin war es dieses Mal nicht so schlimm wie das eine Mal, wo mir gefühlt der Schädel geplatzt ist.

»Ich muss morgen fit sein. Schließlich hab ich einen Termin mit Damien. Und ich möchte nicht, dass er bemerkt, dass ich gesundheitlich nicht ganz auf der Höhe bin. Nicht das er noch auf blöde Ideen kommt …«

Alleine die Vorstellung daran, dass Damien statt dem Gespräch versucht auch in die Konfrontation zu gehen, ließ mir unwohl werden.
Selbst wenn ich es schaffte meinen Zustand vor ihm zu verheimlichen, spätestens wenn es in Phase drei von Damiens Plan ging war ich geliefert. Und das konnte früher passieren, als mir lieb war.

Das triggerte meine Angst und wieder kam mir die Möglichkeit in den Sinn, einfach in die Stadt zu flüchten. Jedoch bezweifelte ich, dass das ein zweites Mal auf demselben Weg klappte.

Wohl oder übel musste ich zu diesem Termin und dafür sorgen, dass Damien nichts auffällt.

Während ich noch einige Zeit über mögliche Lösungen nachdachte, holte mich doch der Schlaf ein.

Am nächsten Morgen wurde ich von einem kitzelnden Gefühl im Hals geweckt, was sich weiter zu einem Hustenreiz entwickelte.
Noch gerade so konnte ich mir die Bettdecke vors Gesicht halten und diese zum Minimieren der Geräuschkulisse nutzen.
Niemand sollte mitbekommen, dass ich krank war.

»Das überstehe ich auch ohne ärztliche Hilfe!«

Langsam setzte ich mich auf und hätte mich am liebsten sofort wieder hingelegt. Die Kopfschmerzen waren immer noch da. Genauso die Halsschmerzen, die innerliche Kälte und teilweise Hitze sowie das Schlappe Gefühl. Dazugesellt haben sich Gliederschmerzen, Husten und meine Nase fühlte sich auch nicht mehr ganz frei an.

»In dem Zustand bemerkt doch jeder, das was mit mir nicht stimmt …«

Eine Lösung musste her, und zwar schnell!

Trotz der Kopfschmerzen zerbrach ich mir dafür den Kopf, was ich tun konnte, um zu verbergen, dass ich krank war.

Von den wenigen Ideen, die ich hatte, war eine am sinnvollsten.

In unserem Badezimmer gibt es einen kleinen Schrank, der für die Lagerung von Medikamenten und Pflastern etc. gedacht ist.
Meine Hoffnung war es dort drinnen Mittelchen gegen meine Beschwerden zu finden, damit ich diese zumindest für ein paar Stunden so weit in den Griff bekam, dass ich dazu in der Lage war meinen Termin bei Damien zu überstehen und, dass niemand Verdacht schöpfte.

Ich schaute auf die Uhr. Es war Viertel nach sieben.
Zu der Uhrzeit war es möglich, dass die Erwachsenen schon wach und in der Küche waren. Da bemerkten sie nicht so schnell, dass ich oben herumschlich.

Bevor ich zu meiner Mission aufbrach, musste ich noch einmal Husten.

Dann ging ich zu meiner Tür und lauschte auf den Flur. Nichts war zu hören.

Vorsichtig öffnete ich den hölzernen Raumtrenner und wagte es einen Blick auf den Flur zu werfen.

Niemand war zu sehen. Perfekt.

Auf leisen Sohlen schlich ich mich in Richtung Bad. Dabei musste ich mich enorm anstrengen den Hustenreiz zu unterdrücken.

Im Bad schloss ich die Tür hinter mir und schaute zu dem Schrank, in dem sich hoffentlich die Erlösung befand.

Als ich ihn jedoch öffnen wollte, bewegte sich die Tür kein Stück. Er war abgeschlossen.

»Verdammt!«

Eine Planänderung musste her.
Ich musste diesen Schlüssel finden. Ohne die medikamentöse Hilfe wäre ich aufgeschmissen und spätestens am Nachmittag Damien oder Jules ausgeliefert.

Angestrengt dachte ich nach, wo der Schlüssel sein konnte.
Am logischsten war das Schlafzimmer von Mom und Dad.
Doch traute ich es mich dort einfach reinzugehen und in ihren Sachen nach diesem Schlüssel zu suchen?

»Du hast keine andere Wahl! Entweder du suchst den Schlüssel und hast Zugriff auf die Medikamente oder du hast später ungewollte ärztliche Hilfe!«

Ich schüttelte den Kopf, was nicht förderlich war für meine Kopfschmerzen und schlich mich wieder aus dem gefliesten Raum raus.

Mit klopfendem Herzen und der Angst im Nacken schlich ich rüber zum Schlafzimmer von unseren Elteren.

Meine zitternde Hand bewegte ich in Richtung Türklinke.

»Bitte lass niemanden mehr da drinnen sein!«

Dann öffnete ich leise die Tür und schaute in den Raum.

WKM - Angst vor ihnen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt