- Kapitel 134 -

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Lukes Sicht

»Hallo Luke,

Wir freuen uns dir mitteilen zu dürfen, dass deine Bewerbung für die Schulsanitätsdienst AG erfolgreich war! Wir haben uns dein Bewerbungsformular angesehen und sind davon überzeugt, dass du zu unserem Team passt!

Und damit herzliche Willkommen im Schulsanitätsdienst!

...«

Der Brief ging noch weiter, mein Blick blieb aber an den ersten Zeilen kleben und durch meinen Kopf schwirrte immer und immer wieder derselbe Satz:
Ich bin angenommen.

Ein Satz, der bei anderen Freude auslöst. Bei mir machte sich dagegen ein anderes Gefühl breit. Angst.

Trotz, dass ich wusste, was ungefähr auf mich zukam und bereits jemanden kannte, schaltete mein Kopf auf Alarm.

»Abgelehnt worden?«, fragte Nick.
Verneinend schüttelte ich den Kopf.
»Angenommen?«, war Akira die nächste, die fragte.
Ohne den Blick von diesem Stück Papier zu nehmen, nickte ich.
»Das ist doch super!«, kam es erfreut von Viola. Doch sie bemerkte schnell, dass meine Freunde darüber sich in Grenzen hielt.
»Wieso freust du dich nicht?«

»Ich … Bin gleich wieder da«, presste ich hervor, da ich Mühe hatte nicht an Ort und Stelle der Panik nachzugeben und machte mich mit zügigen Schritten auf den Weg zum Verwaltungsflur. Für mich gab es nur eine Lösung: Meinen Beitritt zurückzunehmen. Ich schaffte es nicht.

Zitternd und um Fassung ringend stand ich vor der Tür des Sanitätsraumes.

»Klopf an, geh da rein und sag, dass du es dir anders überlegt hast und das Thema ist beendet! Dann musst du doch damit nicht einschlafen und dich zu nichts überwinden, was außerhalb von Damiens Konfrontationstherapie passiert!«

In Gedanken klang es einfach. In der Praxis hatte ich damit zu kämpfen dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen.

»Alles in Ordnung bei dir?«, wurde ich plötzlich angesprochen. Etwas was ich in den Moment gar nicht gebrauchen konnte.
»Geht … schon«, brachte ich zwischen meinen immer hektischer werdenden Atemzügen hervor. Die Panik begann mich immer und immer mehr in Beschlag zu nehmen. Mir blieb immer weniger Zeit, bis mir die übrig gebliebene Kontrolle entrissen wurde.

Ich kniff die Augen zusammen, versuchte in einen ruhigeren Atemrhythmus zu finden. So wie Damien es mir beigebracht hatte.

Einatmen … Ausatmen. Ganz ruhig.

»Luke? Was ist los?«, fragte die nächste Person nach meinem Wohlbefinden.
Die Stimme.

Fynn.

Die Erkenntnis gab mir den Rest. Mein Vorhaben war über Board geworfen.
Ich musste hier weg.

Ohne auf seine Frage einzugehen, nahm ich die Beine in die Hand und flüchtete aus dem Verwaltungsflur. Wohin genau ich rennen sollte, wusste ich nicht.
Einfach weg.
Weg von Fynn.
Weg von dem Raum.

Im Vollsprint ging es die Treppe runter ins Erdgeschoss, durchs Foyer, vorbei an anderen Schülern und immer weiter Richtung Tür, die mich nach draußen führte.

Die frische Luft schlug mir entgegen. Flutete meinen Lungen, die nach Luft rangen. Der plötzliche Temperaturabsturz verschaffte mir eine Ganzkörpergänsehaut. Das war aber nichts, was mich davon abhielt weiter zu Rennen. Getrieben von der Panik, die mir gefühlt das Messer an die Kehle hielt.

Aus dem nicht begann sich die Welt vor meinen Augen zu drehen, wodurch ich stolperte und dem Boden entgegenfiel. Ich versuchte mich noch mit den Händen abzufangen, was auch klappte, aber sie rutschen, wie meine Knie auch über den asphaltierten Boden.

Stoßweise atmete ich ein und aus.
Die Handflächen brannten wie Feuer und kribbelten unangenehm.
Tränen liefen.
In meinen Ohren rauschte es.

Und das alles wegen eines verdammten Briefes!

Plötzlich spürte ich eine Berührung an meiner linken Schulter. Ich versuchte mich einzurollen. Denn aufstehen und weiterrennen funktionierte nicht.

Die Person bei mir versuchte mich in Rückenlage umzudrehen. Die Versuche mich zu wehren verliefen im Sande und ich fand mich auf dem Rücken liegend wieder.

Um trotzdem noch sowas wie Schutz zu haben, hielt ich mir meine Arme vor das Gesicht. Diese versuchte jemand vorsichtig beiseite zu schieben. Sobald meine Arme ausreichend zur Seite geschoben wurden, wurde mir etwas auf Mund und Nase gelegt. Es roch nach Plastik und ich versuchte es loszuwerden, indem ich meinen Kopf beiseite drehte. Erfolg hatte es keinen. Das Ding blieb auf meinem Gesicht.

Überraschenderweise begann das Kribbeln und das Rauschen in meinen Ohren weniger zu werden. Ich begann Stimmen wahrzunehmen, verstehen konnte ich jedoch noch nichts. Mit der Zeit wurde auch die Luftnot besser und meine Atemfrequenz senkte sich allmählich. Die Panik begann sich zurückzuziehen.

»Er beruhigt sich langsam wieder«, sagte jemand. Die Stimme kam mir bekannt vor. Es war Fynn seine.

War er mir nach gelaufen?

Vorsichtig öffnete ich meine Augen. Das Tageslicht blendete mich. Zum Glück war die Sonne nicht draußen. Sonst hätte ich meine Augen nicht öffnen können.

»Hey. Wie geht’s dir?«, fragte Fynn mich, als er bemerkte, dass ich meine Augen geöffnet hatte.
Statt ihm zu antworten, versuchte ich mich aufzusetzen. Ein brennender Schmerz durchfuhr meine Hände, als ich mich auf diesen aufstützen wollte.
»Du hast dir die Handflächen und die Ellenbogen aufgeschürft bei deinem Sturz«, machte der Schulsanitäter auf meine Verletzungen aufmerksam.

Statt mir meine Verletzungen näher anzusehen, schaute ich, wer alles bei mir war. Da war Fynn und ein anderer älterer Schüler, den ich nicht kannte. Sehr wahrscheinlich ebenfalls ein Schulsanitäter.

»Tut dir sonst noch was weh, außer deine Hände?«, wollte Fynn wissen.
Verneinend schüttelte ich den Kopf. Zumindest spürte ich nur die Schmerzen in meinen Händen.
»Bist du mit dem Kopf aufgeschlagen?«, fragte er weiter.
»Weiß nicht. Glaube nicht«, meinte ich und startete einen weiteren Versuch mich aufzusetzen. Im Liegen fühlte ich mich zu ausgeliefert.

Der andere Schulsanitäter wollte das verhindern, was in mir die Angst wieder hochholte. Fynn bemerkte das und bat ihn darum, mich machen zu lassen, worauf die Hände von meinem Schultern verschwanden.

»Erzählst du mir was los war?«, erkundigte Fynn sich nach dem Grund dafür, dass wir nun hier saßen.

»Sollte ich ihm die Wahrheit sagen?
Wenn nein, was sollte ich für eine Ausrede bringen? Ihm wird klar sein, was das war. Er ist nicht doof.
Aber wenn ich es erzähle, bekommt es der andere auch mit und das … Nein. Das geht nich!«

Verneinend schüttelte ich den Kopf und schaute kurz zu Fynns "Kollegen" rüber.
Vielleicht verstand er, was ich damit sagen wollte. Wenn nicht, dann nicht.

»Kannst du uns alleine lassen? Ich hab das in griff«, bat Fynn den anderen Schulsanitäter.
»Okay. Sag Bescheid, wenn du Hilfe brauchst«, kam es von dem mir unbekannten Schulsanitäter. Das Rascheln von Kleidung und sich entfernende Schritte verriet mir, dass er aufgestanden war und uns alleine ließ.

»Magst du es mir jetzt erzählen?«, fragte Fynn noch einmal.
Ich hatte meinen Blick auf den Boden gerichtet. Kleine Steinchen lagen dort verteilt.

»Sollte ich ihm davon erzählen? Kann ich ihm das anvertrauen, ohne dass er sich darüber lustig macht?«

Ich war mir unsicher.

WKM - Angst vor ihnen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt