- Kapitel 44 -

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Lukes Sicht

Der Nachmittag verging mit Mittagessen Hausaufgaben, chillen und dem Rest der täglichen Routine für Wochentage.

An Ende lag ich in meinem Bett und versuchte zu schlafen. Allerdings war mein Kopf der Meinung, dass ich mir noch ein paar Gedanken um den morgigen Termin machen sollte.

Dabei ging es immer um dieselbe Frage. Was hatte Damien vor und wann verriet er uns, was sein Plan war?
Meine Hoffnung lag auf dem nächsten Termin. Dann hätte ich Klarheit gehabt und sicher weniger Angst.

Irgendwann war ich eingeschlafen.

Der nächste Tag startete wie immer mit unserer üblichen Morgenroutine und der Fahrt in die Schule.

Auf den Unterricht konnte ich mich semi gut konzentrieren. Bereits Stunden vor dem Termin begann die Nervosität sich in mir breitzumachen. Um einen Teil dieser inneren Anspannung abzubauen, wippte ich mit dem linken Bein auf und ab.

»Es wird schon nichts passieren. Damien ist vertrauenswürdig. Das hat er gezeigt.«

»Trotzdem hast du eine Panikattacke bekommen!«

»Er hat mich da rausgeholt!«

»Er verrät dir nicht, was sein Plan ist.«

Leise atmete ich aus.

Das Gedanken Pingpong ging weiter.

»Ob das mit der Zeit besser wird?«, fragte ich mich.

Der Schultag verging, der Termin rückte näher. Die Angst vor einer weiteren Panikattacke oder möglicher Konfrontation saß mit im Nacken.

Zu Hause versuchte ich zumindest eine Kleinigkeit zu essen.

Pünktlich um zehn vor vier ging es los in Richtung Klinik.

Ich hatte meine Augen geschlossen und ratterte immer und immer wieder in Gedanken die Worte: »Damien ist vertrauenswürdig. Er tut dir nichts« runter.

Knapp zehn Minuten später erreichten wir unser Ziel.

Akira und ich verabschiedeten und von Mom und liefen in Richtung Klinikpark.

Wie bereits am Freitag waren wir vor Damien da und ließen uns auf einer freien Bank nieder.

»Was denkst du hat er sich für heute ausgedacht?«, wollte Akira wissen und schaute zu mir rüber. Unwissend zuckte ich mit den Schultern. Ich hatte keine Ahnung.
»Vielleicht verrät er mehr darüber, was er bezüglich deiner Angst geplant hat.«

Das war zumindest meine Hoffnung.

»Hallo ihr beiden. Dieses Mal müsst ihr nicht so lange auf mich warten«. Damien gesellte sich zu uns.
»Wie war euer Tag bisher?«, erkundigte er sich.
»Ganz okay. Schule halt. War nichts Besonderes heute«, nahm Akira das Wort an sich. Damien nickte.

»Wie ist die Situation Zuhause?«, war seine nächste Frage.
Akira ließ geräuschvoll die Luft entweichen und ihre Hände krallten sich fester um das Holz der Bank.

»Ich weiß ja bereits, dass du aktuell nicht gut auf eure Mutter zu sprechen bist. Ist die Situation immer noch so angespannt wie letzte Woche?«

Akira nickt leicht und schaut auf den gepflasterten Boden.
»Ich hab einfach Angst, dass wir kein vernünftiges Gespräch führen können. Sobald ich merke, dass sie meine Meinung in die Schublade "irrelevant" steckt, insbesondere, wenn es um Luke geht, dann werde ich wütend und neige dazu lauter zu werden. Eigentlich erhoffe ich mir dadurch, dass sie versteht, wie ernst mir die Angelegenheit ist, aber leider artet das aktuell immer in einen ungelösten Streit aus.«

»Luke ist dein Zwillingsbruder. Sozusagen ein Teil von dir, obwohl ihr zwei individuelle Personen seid. Ihr habt eine enge Bindung zueinander und du willst ihn beschützen. Hab ich recht?«. Da ging es los. Damien begann die Fakten, die er bereits kannte zusammenzufügen, wie ein Puzzle.

Mit einem Kopfnicken stimmte meine Zwillingsschwester ihm zu.
»Ich kann nicht zulassen, dass ihm was angetan wird«, murmelte sie kaum hörbar.

»Hast du ein Ventil, wobei du die ganze Wut rauslassen kannst?«

»Ich hatte. Seit dem Umzug ist das aber nicht mehr so. Und drum kümmern konnte ich mich aufgrund der ständigen Zwischenfälle auch nicht«
Mir war sofort klar, wovon sie sprach. Ihr Hobby. Der Kampfsport. Das ist ihr Ventil. In Essen hat sie ein bis zwei Mal die Woche trainiert und sogar an Wettbewerben teilgenommen. Das war ihre Möglichkeit mit negativen Emotionen umzugehen. Das fehlte ihr hier und das merkte man.

»Was genau ist dein Ventil?«, hakte Damien nach. Akira hob ihren Kopf und schaute zu dem Psychiater rüber. »Kampfsport. Da kann ich alles kontrolliert rauslassen. Zwar habe ich Dad zum Trainieren und einen Boxsack im Zimmer, aber das ist nicht das gleiche, wie Training in einer.l Kampfsportschule.«
»Ich verstehe, was du meinst. Pass auf. Wir sehen uns ja Freitag wieder. Versuch Mal dich schlau zu machen, was für Vereine es hier in der Umgebung gibt. Das wäre ein erster Schritt, der dir vielleicht dabei hilft wieder ausgeglichener zu werden, um in Konflikten einen kühleren Kopf zu bewahren«, schlug Damien vor.
»Ich hab noch Schonfrist und darf deswegen nicht …«
»Wenn du nur nach Kampfsportschulen suchst, betätigst du dich ja nicht körperlich. Du schaust ja nur. Und wenn deine Mutter sich beschwert, sag ihr, dass das deine Hausaufgabe bis Freitag ist, die ich dir aufgegeben habe. Quasi eine ärztliche Anweisung«.
Auf Akiras Gesicht schlich sich ein leichtes Lächeln und sie stimmte diesem Vorschlag zu, was Damien freute.

Die Idee war gut. Vielleicht war das die Lösung für sie, die ihr dabei half weniger hitzköpfig im Laufe einer Diskussion zu werden.

Damiens Blick hatte derweil mich ins Visier genommen und ich schluckte.

»Wie hoch ist deine Anspannung heute? Erinnere dich an sie Skala vom letzten Mal«, fragte er mich.

Wieder musste ich einen Moment in mich gehen, um das einordnen zu können. Mein Herz war am Rasen. Eiskalte Hände. Die innere Unruhe. Das übliche …
»Vier oder fünf«

»Wir haben am Freitag ja das Thema Konfrontationstherapie angeschnitten. Da könnte ich ja noch nicht viel dazu sagen. Der Plan ist übers Wochenende weiter ausgereift und ich kann mehr darüber erzählen«, ging er auf das Thema ein, wo ich einerseits gehofft habe mehr darüber zu erfahren, aber andererseits auch Angst hatte, was mich erwartete.

»Fühlst du dich dazu bereit darüber zu sprechen oder sollen wir das auf einen späteren Zeitpunkt verschieben?«, fragte er mich.

War ich dazu bereit?
Ich wollte mehr wissen, aber was, wenn ich mir dadurch wieder zu viele Gedanken machte?

Zu viele Fragen! Was sollte ich tun?

WKM - Angst vor ihnen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt