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Mein Körper zitterte. Mein Vater stand am Eingang mit meiner Mutter. Hat Ilaria die etwa eingeladen? Was machen die beide hier? Ich versteckte mein Gesicht und lief eilig zu Diego. Er saß immer noch am Tisch.
"Können wir gehen?", fragte ich plötzlich und stellte mich vor ihn hin.
"Warum?", fragte er irritiert.
"Lass uns gehen. Bitte!", flehte ich ihn verzweifelt an und schluchzte. Er war sofort an Ort und Stelle und nahm mein Gesicht in seine Hände.
"Hey, beruhige dich. Alles ist gut! Was ist los?"
"Diego ... er ... er ..."
Ich erstickte an meinen eigenen Tränen. Diego nahm mich in den Arm und redete beruhigend auf mich ein. Plötzlich erstarrte ich als ich diese Stimme hörte. Die Stimme meines Vaters. Ich löste mich von Diego. Zitternd drehte ich mich um. Meine Eltern standen vor uns, lächelnd. Ich nahm Diegos Hand und drückte diese.
"Francesca, Liebes. Ach, wie schön es ist dich wieder zu sehen!", sagte meine Mutter freudig und breitete die Arme aus. Ich reagierte drauf nicht sondern starrte nur mein Vater an. Nein, eher mein Vergewaltiger. Meine Mutter senkte ihre Arme.
"Du siehst toll aus, Francesca.", sagte mein Vater. Natürlich. Denk nur an das Aussehen. Komm und begrapsch mich doch gleich!
"Hat euch Ilaria eingeladen?!", fragte ich kalt. Ich bin überrascht, dass ich überhaupt was raus bekomme.
"Nein, Matteo. Als wir von der Hochzeit erfuhren sind wir sofort hergefahren.", erklärte meine Mutter.
"Hergefahren?"
"Dein Vater und ich waren in Rom."
Als meine Mutter 'dein Vater' gesagt hatte, spürte ich wie Diegos Hand meine fester umklammerte. Er spannte sein Arm an. Mein Vater überprüfte mich unauffällig mit sein Blick. Sein hungrigen Blick.
"Ich bin Diego, hallo.", stellte sich Diego vor und reichte meine Mutter die Hand. Mein Vater ließ den Blick von mir ab und schaute zu Diego.
"Anna, sehr erfreut.", erwiderte meine Mutter den Händedruck. "Das ist mein Mann Paolo."
Mein Vater machte nichts sondern guckte nur. Guckte und lebte seine perversen Fantasien. Diegos Blick wurde kalt. Ich streichelte sanft seine Hand als Beruhigung, was auch etwas klappte.
"Und ihr zwei seit ..."
"Zusammen, ja.", sagte ich stolz und umklammerte Diegos Hand fester. Diego lächelte. Meine Mutter ebenfalls.
"Nun gut, wir gehen dann mal wieder zu deiner Schwester. Bis dann Liebes. Hat mich gefreut Diego!", sagte sie noch bevor sie und mein Vater davon liefen.

"Wir gehen.", sagte Diego fest entschlossen und wollte mich mitziehen doch ich blieb stehen.
"Nein."
"Was? Du wolltest doch eben selbst weg."
"Er ist mein Vater, Diego. Das ist meine Familie!"
"Dieser Mann ist nicht dein Vater."
"Doch, Diego. Lass uns bleiben. Ich war seit Jahren nicht mehr in Italien, hatte weder Kontakt zu meiner Schwester noch zu meinen Eltern! Ich will nur bei ihnen bleiben. Bei Ilaria."
Ich schluchzte wieder und ließ Diegos Hand los. Er sagte drauf nichts sondern lief an mir vorbei. Ich sah ihn noch hinterher. Er lief durch den Gang, der zur Terrasse führte. Als ich meine Schwester im Saal entdeckte ging ich aufgeregt zu ihr.
"Mamá und Papá sind hier!", sagte ich ohne Pause. Sie schaute mich mit großen Augen an.
"Matteo hat sie eingeladen."
"Matteo? Das darf doch nicht wahr sein! Ich hab ihn das doch verboten!", sagte sie wütend und ging zu Matteo, der am Buffet stand. Ich folgte Ilaria.
"Du hast meine Eltern eingeladen?!", fragte sie und stemmte ihre Hände an die Hüfte. Matteo verstand erstmal nichts.
"Ja habe ich."
"Ich habe dir doch gesagt, dass du das nicht machen sollst!"
"Den Grund hast du mir auch nicht gesagt."
Stöhnend ging Ilaria wieder zurück zu ihren Gästen. Ein Streit genau bei der Hochzeit? Wow. Matteo wollte ihr nachfolgen, doch ich hielt ihn zurück.
"Kann ich mit dir reden?"
Er nickte und führte mich in einen kleinen Raum im Gang. Er öffnete mir die Tür und schloss sie hinter uns.

"Was gibts?", fragte er.
"Wieso hast du sie eingeladen?"
"Fängst du auch schon damit an? Das sind eure Eltern! Natürlich lade ich sie ein!"
"Aber Ilaria wollte es nicht."
"Ja und? Ich hab Anna und Paolo gefragt und sie waren einverstanden. Ich verstehe nicht warum ihr so ein -"
"Mein Vater ist das Problem!", unterbrach ich ihn. Ich seufzte als er mich verwirrt ansah.
"Es ist so das mein Vater mich als Kind ... vergewaltigt hat."
"Was?!", fragte er laut und sauer zu gleich. Ich nickte und setzte mich auf den grauen Plastikstuhl.
"Was Ilaria nicht weiß ist, dass eigentlich sie vergewaltigt werden sollte und nicht ich. Sie war neben an und hat geschlafen. Mein Vater dachte das ich Ilaria bin."
Geschockt setzte er sich neben mich auf den Stuhl. Ich wischte die Tränen weg und schniefte. Was ist denn los mit mir?
"Das wusste ich nicht. Tut mir Leid."
"Mir auch.", hörten wir beide plötzlich. Wir sahen zur offenen Tür, wo meine Schwester mit Tränen in den Augen stand.
"Ilaria.", murmelte ich und stand auf. Sie weinte und kam zu uns.
"Ist das wahr, Francesca?", fragte sie. Ich schaute ängstlich zu Matteo.
"Ja.", gab ich leise zu. Meine Schwester schluchzte und fiel mir um den Hals. Ich umarmte meine Schwester doll und vergrub mein Gesicht in ihr Hals.
"Wieso hast du nichts gesagt?!"
"Ich wollte nicht das du dir Vorwürfe machst! Eine von uns hat gelitten, es sollten nicht beide tun."
Sie löste sich langsam von mir und wischte ihre Tränen weg.
"Mein Makeup.", seufzte sie. Ich lachte und wischte meine salzigen Tränen weg, die an meiner Wange waren.
"Wir reden morgen weiter!", sagte sie streng zu mir bevor sie Matteo an die Hand nahm und mit ihm wieder zurück zur Halle ging.

Mein Chef, seine Frau & ich ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt