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Als Diego vor ein graues Backsteingebäude parkte, wurde ich wach. Ich hab die ganze Fahrt über geschlafen und konnte mich schwach an alles erinnern. Wir stiegen aus und je näher ich dem Haus kam, desto nervöser wurde ich. Vielleicht war es doch falsch herzukommen. Vielleicht ist er doch noch mit Angie zusammen.
Diego führte mich ins Haus nachdem er die braune Haustür aufgeschlossen hatte. Ich schaute nicht schlecht als er das Licht an machte und die Tür hinter uns schloss. Das Haus war zwar klein aber groß innen drin. Eine kleine Wendeltreppe war gleich neben der Haustür, vor uns war der Wohnzimmer mit ein Kamin und eine perfekte Aussicht auf die Stadt. Rechts war die angrenzende Küche, ebenfalls groß und ganz elegant. Im oberen Geschoss müssten dann das Schlafzimmer und das Badezimmer sein.
"Willst du was trinken?", fragte Diego neben mir. Ich nickte und er führte mich in die Küche. Als er zum Kühlschrank ging setzte ich mich stumm auf den roten Barhocker und lehnte mich an die Kücheninsel. Diego holte noch zwei Gläser aus dem Schrank und stellte sie vor mich ab. Er goss uns eiskaltes Wasser ein und setzte sich auch.
"Danke, dass ich bei dir bleiben kann.", murmelte ich.
"Du hast dich heute schon zu oft bei mir bedankt."
Er lächelte und schaute auf sein Glas.
"Ich hab das übrigens mit Emilio gehört. Gehts dir damit gut?"
"Ich weiß nicht. Er war für mich wie ein Vater. Und seine eigene Familie ist auch traurig drüber. Wieso warst du nicht bei der Beerdigung?"
"Ich war da. Ich hab Lucila das Geld für die Beerdigung gegeben. Sie wollte es erstmal nicht aber ich hab drauf bestanden, und du weißt ja das ich alles kriege was ich will."
Ich weiß nicht ob dieser letzter Satz an mich und seine Eroberinnen gerichtet sein sollte oder wegen der Arbeit. Ich nickte bloß und trank ein Schluck.
"Es ist schon spät, oder früh, wollen wir uns schlafen legen?"
Ich nickte und stand genauso wie er auf. Dann nahm er still meine Hand und lief mit mir die Wendeltreppe hoch.

Diegos Schlafzimmer war, kein Wunder, groß. Die Wände waren schwarz, das Bett war schwarz mit weißen Kissen, Decke und Bettbezug, der Kleiderschrank war ebenfalls schwarz.
"Und wo soll ich schlafen?", fragte ich dumm obwohl ich die Antwort kenne, hoffe aber das ich mich irre. Er schaute mich an.
"Ich hab nur ein Schlafzimmer und auf der Couch lass ich dich bestimmt nicht."
Somit war die Antwort bestätigt. Ich nickte bloß und sah Diego dabei zu wie er sich das Hemd auszog. Ich ertappte mich selber, dass ich ihn solange anstarrte und schaute auf den Boden als sich unsere Blicke trafen.
"Willst du dich nicht auch umziehen? Oder schläfst du so?", fragte er belustigt.
"Ich hab nichts zum wechseln."
Aus einer Schublade holte er eine schwarze Jogginghose und ein weißes Shirt, was mir viel zu groß ist.
"Ist jetzt nicht wirklich passend, aber besser als das du anhast.", meinte er und streckte mir die Klamotten aus.
"Ich weiß nicht recht."
"Du kannst auch gerne in Unterwäsche schlafen.", zuckte er mit den Schultern. Ich nahm sofort die Kleidung aus seiner Hand und drehte in den Rücken zu als er anfing seine Jeans auf zu knöpfen.
"Das Bad ist die letzte Tür rechts.", hörte ich ihn ganz nach hinter mir. Ich nickte und stürzte aus den Zimmer ins Bad.
Ich schloss ab, legte die Sachen auf die geschlossene Toilette und lehnte mich ans Waschbecken. Ich ließ mein Kopf fallen uns schloss meine Augen. Was mache ich hier bloß? Warum bin ich hier? Ich war Diego lange nicht mehr so nah und es fühlt sich so an, als wäre alles gut zwischen uns gelaufen. Keine Probleme, keine Hochzeit, kein Verrat. Seufzend zog ich mich um und schlüpfte in Diegos Sachen, die auch noch nach ihm riechen. Ich roch am Shirt und blinzelte die Tränen weg. Ich liebe Diego immer noch und es schmerzt so sehr.

"Ich dachte schon du kommst da garnicht mehr raus.", lachte Diego als ich wieder still ins Schlafzimmer kehrte. Ich lächelte auch kurz und lief auf die andere Bettseite.
"Es ist nur für eine Nacht, Francesca.", sagte er beruhigend als er mein traurigen Blick bemerkte. Diego saß schon im Bett und wartete. Ich schluckte meine Angst hinunter und setzte mich auch ins Bett.
"Mein Shirt steht dir."
"Ist aber zu groß."
"Besser als Unterwäsche, obwohl ich damit auch kein Problem gehabt hätte.", grinste er.
"Halt die Klappe!", sagte ich und musste anfangen zu lachen. Er lachte und legte sich nun hin. Als er sein Arm nach mir ausstreckte blieb mir das Lachen im Hals stecken.
"Komm.", flüsterte er. "Bitte."
Ich rutschte näher an ihn und legte mein Kopf an seine Brust. Als er seine Arm fest um mein Rücken legte, legte ich mein Arm um sein Bauch.
"Wie in alten Zeiten, oder?", murmelte Diego und ich musste mir ein Träne wegwischen. Ich konnte Diegos Herzschlag spüren. Seine Hand streichelte mein Haar und ich fing an das ganze hier zu genießen. Ich kuschelte mich enger an sein Körper und schloss die Augen. Doch eine Frage brannte mir schon die ganze Zeit auf der Zunge.
"Wieso hast du dich nicht bei mir gemeldet als du dich geschieden hast?"
Seine zärtlichen Bewegungen hörten auf und sein Herz schlug doppelt so schnell.
"Weil ich nicht wusste was ich sagen sollte.", fing er an. "Ich dachte mir, dass du vielleicht besser ohne mich dran wärst. Vielleicht hasst du mich auch so sehr, dass du nicht mal mit mir reden wolltest."
"Ich könnte dich niemals hassen, Diego.", seufzte ich. Seine linke Hand legte er auf meine Wange und streichelte diese. Genau wie in alten Zeiten.
"Es tut mir leid."
Er küsste mein Haar und drückte mich an sich. Ich sollte das alles wahrscheinlich garnicht tun und Diego abgrundtief hassen, aber das kann ich nicht. Ich liebe diesen wundervollen Mann einfach, egal wir sehr oder wie oft er mich verletzen würde. Ich liebe ihn und ich hab diese 5 Jahre mehr als nur gelitten. Ich war verloren, alleine mit Violetta. Violetta hat einen Vater gebraucht, einen Vater der sie liebt und zum Kindergarten bringt, der ihr so viele Teddybären schenkt wie sie will. Sowas braucht Violetta. Und das konnte ich ihr leider nicht geben.

"Weißt du was Violetta von dir hält?", fragte ich. Augenblicklich spannte Diego seinen Körper an.
"Was?", fragte er ängstlich.
"Ein Held."
Ich zeichnete Kreise auf sein Bauch und Diego entspannte sich.
"Ein Held?"
"Ja."
Ich setzte mich hin und stütze mich auf mein Ellbogen.
"Sie weiß zwar wer du bist und was du mir ... uns ... angetan hast aber trotzdem liebt sie dich sehr, genauso wie ich, und sieht dich als Held. Als ich ihr die Wahrheit erzählt hatte war sie noch jung und verstand kaum was. Später wurde ihr einiges klar. Sie weiß praktisch alles über dich. Sie weiß auch unsere Geschichte. Aber jetzt ... jetzt ist sie so scharf drauf dich kennenzulernen. Sie fragt sogar ob du ihr mal ein riesengroßen Teddybär kaufst."
"Ein Teddybär?"
Ich nickte lachend.
"Ja! Diego sie liebt dich wirklich sehr als Vater. Und ich auch."
Eine Weile starrten wir uns nur so an. Ich versuchte abzulesen was in sein Köpfchen vorgeht doch Fehlanzeige. Bei Diego weiß man das nicht. Plötzlich legte Diego seine Hand an meine Wange und drückte seine Lippen auf meine.

Mein Chef, seine Frau & ich ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt