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Versteinert stand ich dort und blickte in das Gesicht meines Vaters. Ich fühlte mich falsch wenn ich ihn mein Vater nenne. Ich meine, ist er es denn? Nur weil er mein Zeuger ist?
"Was willst du hier?!", fragte ich etwas aufgebracht. Ich darf keine Angst zeigen.
"Ich wollte meine Tochter sehen. Darf ich rein?"
"Ich denke nicht ob das eine gute Idee ist."
"Bitte, Francesca."
Er sah mich mit diesen flehenden Blick an, wo ich schon als Kind nie Nein sagen konnte. Etwas verängstigt öffnete ich die Tür weiter und er betrat meine Wohnung. Sofort kam mir Angst hoch. Er fand sofort das Wohnzimmer und ich schloss die Tür zu. Mit verschwitzten Händen folgte ich ihm.
"Woher weißt du wo ich wohne?"
Er schaute sich in meinem kleinen Wohnzimmer um bevor er sich zu mir drehte.
"Louis.", antwortete er. Louis Ganera, der Privatdetektiv meines Vaters. War klar.
"Und wieso bist du hier und nicht in Italien?"
Ich schluckte und vermied den Augenkontakt.
"Wegen der Arbeit."
"Arbeit? Wow. Bist du vom kleinen Verkäufer zum Ingenieur aufgestiegen?!", fragte ich reizbar.
"Francesca.", versuchte er mich zu beruhigen.
"Nein, nichts mit Francesca! Du hast nicht das Recht mich von dein Privatdetektiven stalken zu lassen und herzukommen!"
"Ich wollte doch nur mit dir reden. Bei der Hochzeit deiner Schwester haben wir nicht geredet."
"Ja, was auch das Beste war!"
Er schüttelte den Kopf.
"Ich will das du jetzt gehst. Diego wird gleich kommen.", log ich, hoffte aber das er wirklich aufkreuzte.
"Diego? Ist das dein Freund? Der war bei der Hochzeit nicht wahr? Seit ihr schon lange zusammen?"
"Mein Privatleben geht dich überhaupt nichts an!", fauchte ich. "Lass mich einfach in Frieden."
Langsam platzte ich vor Wut. Mein Vater kam mir nah und legte seine Hände auf meine Schultern. Diese Hände, die mein schutzlosen Körper anfassten. Die Hände, die mein Körper beschmutzten.
"Papá geh jetzt. Bitte.", wimmerte ich. Ich blinzelte die Tränen weg.
"Es tut mir leid, Francesca.", sagte er.
Ich konnte es nicht mehr zurück halten und fing an langsam zu weinen. Sofort wischte ich die Tränen wieder weg und schniefte.
"Wirklich. Es tut mir leid. Kannst du mir verzeihen?"
"Ist das dein ernst?!", spuckte ich in sein Gesicht. "Ich soll dir verzeihen, nachdem du mir sowas angetan hast?! Ein Scheiß tue ich!"
Ich schlug seine dreckigen Hände weg und löste mich von ihm.
"Verlass meine Wohnung oder ich rufe die Polizei."
Ich sah Angst und Verwirrung in sein Gesicht. Doch er nickte nur stumm und lief an mir vorbei. Als ich die Tür zu fallen hörte brach ich auf dem Boden weinend zusammen.

Mein Vater ist vor zehn Minuten gegangen. Ich rufe die ganze Zeit Diego an doch er geht nicht ran! Ich rufe ihn an, schreibe ihn und verfluche ihn. Wozu hat er ein Telefon?! Es ist zwar fast 9, doch ich musste jetzt zu Diego. Ich schnappte mir meine Jacke und schlüpfte in meine Schuhe. Ich griff noch schnell nach mein Handy und die Schlüssel und verließ die Wohnung. Eilig rannte ich aus dem Gebäude und lief die Straße runter. Ich musste zu Diego. Mir egal ob er in ein Familiendrama verwickelt war. Ich kannte seine Adresse dank den Daten in meinen Adressbuch. Sekretärin zu sein hat seine Vorteile. Ohne ein Verkehrsmittel zu benutzen kam ich fast zwanzig Minuten später an. Diego wohnte in ein Schicki-Micki-Haus mit ein Garten und einer Terrasse. Die Lichter sind an also ist er im Haus. Ich muss wahrscheinlich wie eine Vogelscheuche aussehen, doch das war mir egal. Ich lief die Treppenstufen hoch und klingelte. Ich hörte Schritte und die Tür wurde von Diego selbst geöffnet. Sein wunderschönes Lächeln verschwand als er mich entdeckte.

"Francesca! Was ... was machst du hier?", fragte er verwundert und trat hinaus. Er schloss die Tür.
"Ich ... ich wollte zu dir.", schluchzte ich.
"Du weinst! Was ist los?"
Ich konnte wegen den Tränen nicht sprechen und ließ mich weinend in seine Arme fallen. Er krauelte mir den Rücken und redete beruhigend auf mich ein. Wir setzten uns auf die Gartenbank und Diego gab mir sein Glas Wasser.
"Erzähl jetzt ganz in Ruhe was los ist."
"Mein Vater. Er war bei mir."
"Was?!", fragte er sauer. "Was hat er getan?!"
"Nichts ... er ... er wollte mich nur sehen."
"Dafür kommt er extra von Europa hier her?! Ich bitte dich Francesca, was wollte er wirklich?"
"Ich weiß es nicht! Ich wollte zu dir damit du mich tröstest und nicht anschreist.", sagte ich aufgebracht.
"Tut mir leid, komm her."
Er streckte seine Arme nach mir aus und ich schlang meine zitternden Arme um ihn. Er gab mir ein beruhigenden Kuss auf de Wange und drückte mich stark an sich. Plötzlich ging die Tür auf und Florencia kam raus.
"Diego wo bleibst du denn? Oh. Was macht die denn hier?"
Arrogant wie eh und je stand sie dort. Mit ein Weinglas in der Hand und brauner Hochsteckfrisur.
"Ich wollte Sie überraschen! Tada.", gab ich ebenfalls arrogant von mir.
"Pff, unverschämt und respektlos wie immer.", murmelte sie.
"Damit kennen Sie sich ja am Besten aus."
"Francesca!", warnte mich Diego leise und drückte mein Bein. Doch ich ließ mir nichts einreden. Gerade als ich wieder respektlos sein wollte, ging die Tür weiter auf und eine weitere Frau kam heraus. Sie war blond, so groß wie ich und hatte fantastische Beine!
"Angie?", fragte ich leise und erschrocken.
"Was macht ihr hier draussen? Ricardo wartet schon und der Truthahn wird kalt!", meinte Angie.
"Truthahn?", fragte ich Diego, der mich entschuldigt an sah.
"Wir gehen lieber rein, Liebes. Gleich wird es unangenehm.", meinte Florencia. Sie und Angie gingen wieder ins Haus. Als die Tür zu war stand ich sofort von der Bank auf und rannte fast zum Eingangstor.

Diego rief nach mir. Ich kam am Tor an doch Diego zerrte mich wieder zurück. Ich riss mich los.
"Truthahn, ja?!", schrie ich. "Das war das große Familienproblem? Ein Truthahn?!"
"Francesca ich -"
"Nein sag lieber gar nichts mehr Diego! Ich hab für heute genug gehört."
Verletzt schaute er mich an. Er sah hilflos aus. Ich musste mich selbst zwingen ihn nicht sofort in die Arme zu schließen.
"Ich gehe. Anscheinend bin ich hier unerwünscht. Lass dir dein Truthahn schmecken. Und grüße Angie von mir. Offenbar darf einer deiner Mitarbeiterinnen hier sein aber deine Freundin nicht."
"Es ist ganz anders als du denkst. Lass es mich dir erklären, bitte."
"Lass mich einfach in Ruhe, bitte. Es war ein Fehler herzukommen. Gute Nacht."
Ich öffnete das Tor und trat hinaus auf die Straße. Ohne mich noch einmal um zu drehen lief ich einsam nach Hause.

Mein Chef, seine Frau & ich ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt