98.

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Den ganzen Freitag verbrachten Diego und ich kuschelnd auf der Terrasse. Es hat wirklich gut getan, und ich konnte mal einmal Nicolás vergessen. Die Sonne ging langsam unter und es wurde etwas kühler aber das hielt uns nicht davon ab weiter hier auf der Liege zu liegen. Im Gegenteil. Diego lief ins Haus und kam Minuten später mit einer Decke wieder. Lächelnd legte er sich hin. Ahnungslos schaute ich ihn an, da diese Liege nur Platz vor einem hatte. Unmöglich das ich neben ihn passte. Diego verstand es sofort und zog mich rittlings auf sein Schoß, aber diesmal lag ich mit meinem Rücken auf ihm, was ziemlich lustig war. Er deckte uns nun zu und wir betrachteten die Nacht. Ich spürte Diegos Armen unter der Decke, die mich langsam umzingelten und festhielten. Mein Kopf lehnte ich an sein Oberarm.
"Müssen wir nicht Violetta abholen?", fragte ich seufzend. Ich hoffe ich bin keine schlechte Mutter aber in so einem Moment, könnte sie gerne die ganze Nacht dort bleiben.
"Wir haben noch eine Stunde Zeit.", nuschelte er in mein Haar und seine Finger berührten mein Bauch. Lachend schlug ich sie weg.
"Bleib anständig!", schimpfte ich ihn an. "Du weißt wo mein Hintern sitzt, ich kann dich ganz schnell heiß machen."
"Versuchs doch.", neckte er mich.
"Hättest du wohl gerne.", lachte ich und stieß meinen Ellenbogen an seine Rippen.
"Ich wünschte ich könnte den ganzen Tag so mit dir liegen.", seufzte er beruhigt. Sein Atem an mein Nacken verleiten mir Gänsehaut.
"Dann tu es doch."
"Und Violetta? Du hast noch eine Tochter, Madam!"
Seufzend schloss ich meine Augen. Diegos Finger streichelten mein Bauch auf und ab. 
"Bist du müde?"
"Ein wenig. Ich hab die ganze Nacht nicht geschlafen."
Ich spürte wie er nickte. Er lehnte seine  Wange an mein Kopf und drückte mich enger an sich. Nach einer weile war ich so sehr eingedöst, dass ich gar nicht merkte das Diego gegangen war und mich auf die Couch gelegt hatte.

Das Wochenende verlief ganz normal. Am Samstag bestand Diego drauf eine Tour durch die Stadt zu machen um Violetta Buenos Aires zu zeigen. Sie nickte bloß heftig und grinste wie eine Irre, aber verstand nichts was ihr Vater erzählte. Wir waren auf drei verschiedenen Spielplätzen und machten bei zwei Imbissständen halt. Als wir dann zu Hause waren war jeder am Ende seiner Kräfte. Der Sonntag verlief ruhig. Nicht für mich aber für die zwei Faulpelze. Erst als es Montag war geschah etwas neues. Violetta war wieder bei Ricardo und spielte mit deren Kindern Lucía und María. Diego war bei der Arbeit und sprach mit Nicolás. Und ich war zu Hause und saß mit einer Tasse Tee in der Küche. Ich war so gedankenversunken in meinem neuen Klatsch und Tratsch Magazin, dass ich später hörte wie jemand von oben fluchte und dann ein dumpfes Geräusch. Ist jemand eingebrochen? Ich hoffe nicht. Eilig sprang ich vom Barhocker und lief die Wendeltreppe hoch. Das Geräusch kam eindeutig vom Schlafzimmer. Die Tür war Meilen weit auf.
"Seit wann bist du denn wieder da?", fragte ich Diego, der wie wild den Schrank durchforschte. Er sah mich nicht an, wusste aber das ich da war. Ich hatte ein ungutes Gefühl.
"Diego?", fragte ich ihn besorgt und kam ein Schritt ins Zimmer. Ich schaute aufs Bett, wo eine Reisetasche offen lag und mit Klamotten voll gepackt war.
"Diego was ist los?! Sprich mit mir!", wurde ich laut und fasste ihn am Arm. Ich schreckte zurück als er mich davon stoß.
"Fass mich nicht an!", gab er bissig von sich. Er packte weiter und achtete nicht mehr auf mich.
"Er hat es dir gesagt, oder?", fragte ich vorsichtig. Nachdem er die Sachen eingepackt hatte drehte er sich zu mir um.
"Ja, er hat es mir gesagt! Er!"
Seine Stimme klang laut und bedrohlich. Ich hätte Nicolás nicht trauen sollen. Von wegen das bleibt ein Geheimnis.
"Bevor du seinen Worten glaubst, hör -"
"Zu spät.", unterbrach er mich und lief rüber zur Schublade.
"Diego bitte! Lass es mich dir erklären! Er hat dir bestimmt eine Lüge erzählt. Bitte."
"Du hast mit Nicolás geschlafen! Mehr brauche ich nicht zu hören!", schrie er mich an. Mit Tränen in den Augen schaut ich auf den Boden. Es stimmt, ich hab mit Nicolás geschlafen. Aber es gab meine Gründe!
"Es war ganz anders wirklich."
"Ach ja? Freut mich."
"Diego, bitte.", schluchzte ich.
"Diego was?! Du hast mit den Dreckskerl geschlafen und verlangst von mir, deine Erklärung zu hören?"
Ich traute mich nicht zu nicken oder Ja zu antworten, deshalb blieb ich still. Sauer packte er weiter ein und holte nun ein Koffer vom Bett.
"Ich hab es für dich getan weil -"
Sein Lachen unterbrach mich.
"Für mich?", lachte er sarkastisch. "Hörst du dir überhaupt selber zu, Francesca?!"
"Ich wollte dir wegen der Firma helfen! Nicolás und ich hatten ein Kompromiss gemacht, damit er die Firma nicht kauft oder verkauft. Diego ich hab es wirklich für dich getan!"
"Ich hab dich aber nicht um Hilfe gebeten!", schrie er mich an. Ich zuckte  zusammen. "Du bist in sein Bett gehüpft und hast ... ganz ehrlich, du bist das Letzte."
Kopfschüttelnd machte er seine Arbeit weiter und packte die Koffer ein.

"Willst du etwa gehen?", fragte ich und zeigte auf die Koffer. "Diego das ist doch dein Haus. Wieso gehst du?"
"Das sind nicht meine Sachen, sondern deine.", sagte er und ließ die braune Reisetasche vor meinen Füßen fallen.
"Diego ich -"
"Spar dir dein Geheule. Es reicht."
Schluchzend nickte ich und nahm die Tasche.
"Es tut mir wirklich leid, Diego. Ich hab es nur für dich getan weil ich dich liebe und die Firma dir alles bedeutet. Ich wollte dir helfen weil ich nicht tatenlos zusehen konnte wie du dich selbst fertig machst. Ich wollte nur das Beste für dich."
"Das Beste für mich ist jetzt wenn du gehst.", sagte er und stand mich verschränkten Armen vor mir.
"Ich will doch nur -"
"Ich will das du gehst! Ist das schwer zu verstehen?!"
"Und Violetta?"
"Ich weiß grad nicht ob Violetta wirklich meine Tochter ist also kannst du sie gerne mit nehmen."
"Violetta ist deine Tochter!"
"Geh jetzt."
"Sie ist -"
"Verschwinde!", schrie er mich das letzte mal an. Ich hatte das Gefühl grad in einen tiefen Loch zufallen. Ich drehte mich um und lief zur Tür. Nachdem ich die Tür zu geschlagen hatte lief ich mit der Tasche und dem Koffer hinunter in das Zimmer von Violetta. Eilig packte ich die Sachen von Violetta ein. Ich hab mir mehrere Szenarien ausgedacht, wie Diego reagieren würde, aber niemals kam genau diese Reaktion! Niemals. Ich hab ihn noch nie so ausgewählt gesehen. Und wenn, dann noch nie solchen Schmerz gefühlt.

Gerade als ich mir die Schuhe anzog kam Diego die Treppe hoch. Er machte den Mund auf als ich ihn unterbrach.
"Ich bin schon gleich weg.", murmelte ich und nahm meine Jacke.
"Ich wollte dir nur das Geld für die Flugtickets geben. Du hast sowieso keine Unterkunft."
Ich sah ein Grinsen in seinem Gesicht, was er aber versteckte.
"Ich brauch dein verdrecktes Geld nicht."
"Und ich brauch dein verdreckten Körper nicht."
Als hätten mehrere Messer mein Herz durchschnitten. Verdreckten Körper? So denkt er also nun von mir? Ich schluchzte nicht mehr sondern weinte nun. Und wie ich weinte. Sein verstecktes Grinsen verschwand nicht. Sauer wie noch nie zuvor drehte ich mich zur Tür um und öffnete sie. Er wollte wieder etwas sagen als ich einfach wortlos die Tür zuschlug.

Mein Chef, seine Frau & ich ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt