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Ich blieb einige Minuten lang bei Violetta und beobachtete sie still. Sie sah so friedlich aus. So ... ruhig und liebevoll. Und das ist sie, keine Frage! Violetta ist eine wunderbare Tochter und ich könnte mir mein Leben ohne sie nicht vorstellen. Ich strich ihr nochmal die Haare aus dem Gesicht und drückte ihr ein Kuss auf die Stirn, gefolgt von vielen kleinen Küsse auf die Wange. Dann stand ich vom Bett auf und verließ leise das Schlafzimmer. Ich ging grad die Wendeltreppe hinunter als ich Florencia an der Haustür entdeckte. Sie zog sich ihre roten High Heels an. Bäh, ich hasse diese Dinger.
"Du gehst schon?", fragte ich sie und stellte mich zu ihr.
"Ja, mein Flug geht bald los."
"Und Diego ist wo?"
"Er fährt mich zum Flughafen und war so nett, meine Koffer ins Auto zu bringen."
"Du hattest deine Koffer dabei?"
"Ja, sie standen in Diegos kleinem Büro.", nickte sie und erhob sich. Ihr Gesicht sah total anders aus als Diegos. Diego sah eher seinem Vater ähnlich.
"Dann wünsche ich dir eine tolle Reise.", lächelte ich. Sie bedankte sich und schaute kurz zur Haustür bevor sie sich wieder an mich wendete.
"Ich weiß das ich dir viel unrechtes angetan habe, Francesca.", begann sie das Thema, wofür ich mich so fürchtete. "Ich hab kein persönliches Problem mit dir, keinesfalls. Du bist wirklich eine starke und mutige Frau, das weiß ich sehr zu schätzen. Doch ich liebe meinen Sohn, meinen einzigen Sohn, und will nur sein Glück. Und ich hab leider erst später begriffen, dass er nur mit dir glücklich ist."
Sie nahm einen Pause und schenkte mir eins ihrer Blicke die um Vergebung schreien.
"Diego liebt dich sehr, das sieht man. Und ich bin froh, dass ihr zwei gemeinsam ein Kind habt und eine Zukunft aufbauen wollt. Ich habe meine Fehler gelernt und akzeptiert. Ich kann aber nicht hundertprozentig bestätigen, dass ich mich ändere. Ich werde manchmal eine Hexe sein, auch zu dir. Dafür entschuldige ich mich jetzt schon. Du sollst nur wissen, dass ich dich um Vergebung bitte und ich euch mein Segen gebe."
Sie lächelte noch kurz bevor sie in ihre schwarzen Handtasche griff. Ich war viel zu geschockt um etwas dazu sagen zu können. Sie nahm eine Kette heraus. Sie war silber und zwei Ringe hingen dran.
"Das ist ein Erbstück. Meine Mutter hat es mir geschenkt, nachdem sie es von ihrer Mutter erhielt und diese von ihrer. Diese Kette sollst du nun haben, als Zeichen meiner Vergebung und Segen."
Sie ließ mir keine Zeit etwas dazu zu sagen, sondern kam sofort auf mich zu und legte mir die Kette in die Hand. Wir beide schauten sie an und ich könnte schwören, dass ich Tränen in Florencias Augen sah.
"Pass gut auf mein Sohn auf. Diego gibt es nur einmal.", sagte sie noch bevor sie mich einfach in den Arm nahm, mich auf die Wange küsste und aus der Tür trat.

Ich war viel zu überfordert. Viel zu viel. Die Geste, mir die Kette zu schenken, bedeutet mir viel. Sie ist ein Erbstück und nun bekam ich sie. Wird Violetta sie auch bekommen? Florencias Worte hallte in mein Kopf und ich wusste das diesmal nicht die Hexe in ihr sprach sondern die wahre Florncia Hernández. Sie und ich wissen, dass ich ihr nicht verzeihen kann. Nicht jetzt, nicht morgen und auch nicht diese Woche. Ich brauche Zeit, und das gab sie mir. Ich hielt die Kette fest in der Hand nachdem ich meine Tränen weg wischte und mich auf den Weg ins Wohnzimmer machte. Mit der Kette in der Hand legte ich mich auf die Couch und schloss meine Augen.

Ich spürte eine zärtliche Berührung. Etwas warmes berührte mich. Jemand vertrautes. Ich wurde dadurch wach, blieb aber mit geschlossenen Augen liegen. Erst als weiche Lippen meine Wange berührten öffnete ich meine Augen. Diego saß am Rand der Couch und schaute mich an. Ich lächelte schwach und setzte mich auf.
"Ist das Flugzeug schon los?", fragte ich mit einer kratziger Stimme. Er nickte.
"Sie ähm ... sie hat mir eine Kette gegeben."
Er schaute mich verdutzt an, als hätte ich mit ihm chinesisch gesprochen.
"Die hier.", sagte ich und öffnete meine Hand, wo sich noch die Kette befand. Er machte große Augen und griff danach.
"Das ist ein Erbstück.", sagte er.
"Ich weiß. Florencia hat es mir gesagt."
"Sie mag dich wohl doch.", lachte er.
"Meinst du?"
"Ja. Wenn schon Angie die Kette nicht bekommen hat, dann mag sie dich sehr."
Ich lächelte stolz und strich mir die Haare aus der Stirn.
"Soll ich sie dir anlegen?"
"Ja, bitte."
Ich drehte mich eilig zu ihm um und nahm meine Haare hoch. Diegos Finger legten sich an mein Nacken und ich spürte die kalte Kette an mein Hals.
"Sie passt dir wie angegossen.", lächelte er nachdem ich mich wieder zu ihm umgedreht habe. Ich schaute mir die Ringe an und schmunzelte. Diego bemerkte mein Blick und verspannte sich.
"Worüber denkst du nach?", fragte er vorsichtig. Ich zuckte mit den Schultern.
"Über alles und jeden.", seufzte ich und blickte zu ihm hoch. Ich wusste woran er nachdenket und lächelte.  
"Du musst mir keinen Antrag machen, Diego."
Er nickte bloß und schaute auf seine Finger herab.
"Wirklich nicht.", hakte ich weiter nach und nahm seine Hand in meine. "Ich bin auch so glücklich."
"Sicher?"
"Ja! Ich brauche nur Violetta und dich. Ich weiß wie sehr du mich liebst, dazu brauche ich keine Bestätigung mit vielen Schnickschnack."
Er lachte und nickte. Schnickschnack war noch nie mein Ding.
"Na gut. Aber wenn du dich um entscheidest, dann sag es mir bitte."
"Versprochen.", lächelte ich bevor ich unsere Münder miteinander verband und er mich auf sein Schoß zog.

Mein Chef, seine Frau & ich ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt