Kapitel 22

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„Ähm ... hallo", sagte ich und probierte es mit einem gewinnenden Lächeln. „Will mir jemand hochhelfen? Nein? Na ja, Gentlemen sind eben vom Aussterben bedroht."
Ich rappelte mich auf, wobei mir Ve vollends entwischte und begann, schnurrend um James' Beine zu streichen.
Halleluja, was für eine kleine Verräterin.
Als ich mir ein wenig Staub von meiner Schuluniform geklopft hatte, blickte ich wieder zu den beiden auf. Bei Merlin, diese Gesichter!
Ich hatte das dringende Bedürfnis zu lachen. Und das tat ich auch.
Schließlich hieß es, dass man vom Lachen Bauchmuskeln bekam. Vielleicht sollte Snape das mal probieren.
„Okay", sagte ebendieser gerade zu James, ohne mich aus den Augen zu lassen, „ich weiß jetzt, was du mit dem seltsamen Benehmen meinst."
Ich kicherte.
„Tut mir leid, ich wollte euch gar nicht belauschen, aber es hat sich so schön angeboten und ich hab mich dabei irgendwie wie ein Privatdetektiv gefühlt..."
Lily, was redest du da?!
Huch, wo war denn diese Stimme der Vernunft jetzt hergekommen? Ich runzelte kurz die Stirn, dann lächelte ich die Jungs wieder selig an.
„Na bitte, er erinnert sich, was er ihr angetan hat", knurrte James und verschränkte abweisend die Arme vor der Brust.
Ich legte den Kopf schief und schaute schmollend zu ihm auf. „Wütend steht dir nicht", stellte ich fest.
Er schnaubte. „Bekloppt steht dir nicht."
„Was meinst du?" Ich grinste irritiert. James schüttelte lediglich den Kopf. So ein Miesepeter.
„Wer sagt, dass ich ihr etwas angetan habe?", fauchte Snape ihn jetzt an. „Ich denke, ich weiß, wie das hier passiert ist." Bevor James noch irgendeinen Kommentar abgeben konnte, trat Snape näher an mich heran.
„Evans, hauch mich mal an", verlangte er.
Ich kicherte etwas nervös. „Wieso denn? Hab ich etwa Mundgeruch?"
Die beiden verdrehten unisono die Augen.
„Nein", sagte Snape ungeduldig. „Tu's einfach."
Immer noch kichernd machte ich noch einen Schritt auf ihn zu und atmete dann in sein Gesicht aus.
Er verzog keine Miene.
Dann drehte er sich zu James.
„Wir haben in Zaubertränke einen Gute- Laune- Macher gebraut. Offenbar hat sie davon einen Schluck genommen. Und da wir beide ziemlich talentiert in diesem Fach sind" – hier grinste Snape überheblich- „war das eine recht starke Dosis."
James stöhnte. „Und was können wir da jetzt machen? Ich halte es ganz sicher nicht mit so einer Lily im Gemeinschaftsraum aus." Er deutete auf mich, als wäre ich etwas Ekliges, wie eine Spinne oder eine Kanalratte.
„An sich sollte die Wirkung von selbst verschwinden, aber damit Prinz Potter von Hogwarts nicht seinen ach so wertvollen Schönheitsschlaf opfern muss, könnten wir auch einen Gegentrank brauen." Snape musterte James mit hochgezogenen Augenbrauen. „Allerdings müssten wir dazu etwas aus Slughorns Vorratskammer klauen."
Ein typisches, verschmitztes Grinsen breitete sich auf James' Gesicht aus.
„Worauf warten wir dann noch?"

„Wo gehen wir hi-in?", fragte ich James und blickte treuherzig zu ihm auf.
Merlin, er war ja so riesig. Irgendwie gefiel mir das. Würde er mich umarmen, könnte ich meinen Kopf perfekt auf seine Brust legen.
Hach, eine schöne Vorstellung.
Ähm, Lily?! Hast du sie noch alle? Das ist Potter!
Oh nein, nicht diese negative Stimme schon wieder. Ich wollte in diesem Zuckerwatten- Zustand bleiben. Es war schön, sich keine Sorgen zu machen.
„Wir bringen dich wieder in Ordnung", knurrte James kurz und knapp.
„Und warum bist du so schlecht gelaunt?"
„Das wüsstest du, wenn du dir nicht selbst dein Gehirn weggeblasen hättest."
Ich lachte fröhlich. „Das hört sich witzig an."
„Glaub mir, später wirst du das nicht mehr so witzig finden."
„Aber das ist ja erst später", murmelte ich zufrieden.
„Könntet ihr mal kurz die Klappe halten? Ich muss mich konzentrieren, sonst kann ich mich nicht an alle Zutaten erinnern."
Snape lief in seiner ganzen düsteren Erscheinung vor uns her, den Zauberstab erleuchtet, was den Schatten seiner Hakennase an die Wand warf und mir das Gefühl gab, von einer warzigen alten Hexe, wie ich sie aus den Muggelmärchen kannte, verfolgt zu werden.
„Versuch du mal ein gut gelauntes Mädchen zum Schweigen zu bringen", brummte James. Snape konnte es nicht sehen, aber James hob seinen Fuß und tat so, als würde er seinem Vordermann einen Tritt in den Hintern geben.
Ich gluckste amüsiert.
Mittlerweile waren wir im Keller angekommen. Ve hatten wir in der Küche abgesetzt, wo ich mich gut mit einigen netten Elfen unterhalten hatte, doch die Jungs hatten meine Konversation nicht zu schätzen gewusst und mich einfach weitergezerrt.
Snape blieb abrupt stehen und drehte sich schwungvoll um, wobei er mir mit seinem Zauberstab ins Ohr pikste.
„Aua", murmelte ich überrascht, und hielt mir mein Ohr. Ein kurzes Gefühl des Missbehagens stieg in mir auf, doch es verging schnell wieder.
James dagegen schien Snape nicht so schnell zu verzeihen.
„Reicht es nicht schon, dass du zulässt, dass sie sich vergiftet, musst du ihr jetzt auch noch das Ohr abstechen?" Wie von selbst legte er schützend einen Arm um meine Schulter.
Ich schmiegte mich begeistert an ihn, doch das schien ihm sein Tun bewusst zu machen und er musterte mich mit einem merkwürdigen Blick, bevor er den Arm schnell wieder wegnahm.
„Sagt derjenige, der ihren Zustand ausnutzt, um sie zu betatschen", konterte Snape mit hochgezogenen Brauen.
„Hört doch auf zu streiten", schmollte ich.
„Ist ja gut." Snape verdrehte die Augen. „Potter, die Tür da vorne rechts führt zu Slughorns Vorratskammer. Mir egal, wie du das anstellst, aber bring uns ein paar eingelegte Flubberwürmer mit und noch irgendwas, das eklig und nach schlechter Laune aussieht."
„Moment", unterbrach James Snapes Vortrag unwirsch. „Wir wollen sie doch normal machen und nicht zu einem schlecht gelaunten Biest..."
Snape stöhnte genervt auf. „Ja, aber um gegen die gute Laune zu wirken brauchen wir eben etwas Negatives, damit es sich ausgleicht. Und jetzt beeil dich, ich möchte dann auch mal ins Bett."
„Spiel dich mal nicht so auf, Fledermaus", entgegnete James, gehorchte Snape aber dennoch.
„Komm schon Lily, wir müssen ins Klassenzimmer", befahl Snape mir ungeduldig. Als ich nicht antwortete, sondern einfach nur dastand und James interessiert hinterherguckte, stöhnte er entnervt und zog mich kurzerhand mit sich.
Ich glaubte die Wörter „dumme, schwärmende Gans" zu hören, konnte mir aber keinen Reim darauf machen.
Der Slytherin fing an, einen Kessel aufzustellen und Zutaten bereitzulegen, während ich auf James wartete. Sogar bei meiner guten Laune war Snapes Anwesenheit etwas unangenehm.
Er strahlte einfach Dunkelheit aus, mit jedem Zentimeter seines Körpers und jedem Wort, das er sagte.
Zum Glück tauchte James bald darauf auf, und die beiden ignorierten mich größtenteils, sie waren zu sehr damit beschäftigt, ganz geheimnistuerisch in ihren Kessel zu starren.
Ich erfreute mich daran, mithilfe meines Zauberstabs bunte Blumen an die Tafel zu zeichnen. Die Kerkerräume waren mir für meinen Geschmack einfach zu düster.
„Fertig", tönte es irgendwann aus Snapes Richtung. „Könnte aber sein, dass sie jetzt schnell einschläft, ich habe in der Hektik etwas zu viel Schlafmittel hineingegeben."
„Das ist mir völlig egal, solange sie endlich Ruhe gibt."
Huch, so negativ gefiel James mir aber gar nicht.
„Lily, komm mal her", befahl er mir. Aufgeregt hüpfte ich zu ihm. „Was deeeenn?", wollte ich wissen, wobei ich das „e" extra weit dehnte.
„Hier, trink mal einen Schluck, das schmeckt nach Schokolade."
James hielt mir ein dickflüssiges Getränk unter die Nase.
Ich verzog etwas das Gesicht. „Das riecht aber nicht gut."
„Ach komm schon, du musst lernen, den Dingen eine zweite Chance zu geben", erklärte James mir leise, und etwas in seiner Stimme ließ mich aufhorchen.
„Okay, aber nur deswegen", erwiderte ich eben so leise.
Ich setzte das Gefäß an die Lippen und trank einen Schluck.



Die Regel - Lily& James Ff ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt