Kapitel 118

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Das Treffen mit Snape hatte mich so sehr aufgewühlt, dass ich es nach einer halben Stunde in der Bibliothek mit dem Lernen aufgeben musste.
Seufzend klappte ich meine Lektüre zusammen und stapelte die Bücher wieder ordentlich aufeinander, um sie mir unter den Arm klemmen zu können.
Dabei schickte ich ein Stoßgebet Richtung Himmel, dass meine wochenlange Vorbereitung diesen freien Abend verkraften würde.
Ich musste nur noch diese eine Prüfung schaffen, dann war ich durch.

Es war unglaublich, wie schnell das Schuljahr verflogen war, und wie viel sich dennoch geändert hatte.
Mary und Dorcas waren ein Paar.
Wir hatten uns mit den Rumtreibern angefreundet.
Marlene und Hugo waren endlich nicht mehr zusammen.
Sirius besaß ein Motorrad.
Und natürlich James' und meine Beziehung.

Auch wenn ich mich noch nicht bereit fühlte, Hogwarts zu verlassen und mich der Außenwelt zu stellen, musste ich zugeben, dass es Zeit wurde, zu gehen.
Denn was sollte jetzt noch passieren?
Wir befanden uns schon am Höhepunkt und man sollte schließlich gehen, wenn es am schönsten war.

Mal abgesehen davon, dass dort draußen mindestens genauso viele aufregende, neue Abenteuer auf uns warteten.
Manchmal fragte ich mich, ob ich als erwachsene Frau auf diese Jahre zurückblicken und sie als die beste Zeit meines Lebens einordnen würde.
Ganz unvorstellbar fand ich das nicht, denn was gab es Spannenderes, als ein vor Emotionen überkochender Teenager zu sein?

In Gedanken versunken schlenderte ich durch die ausgestorbenen Gänge des Schlosses.
Manchmal tat es so gut einfach nur seine Ruhe - Ein wütendes Fauchen zerriss die Stille.
Ich konnte nicht anders, als aufzustöhnen, als Mrs Norris in wildem Galopp um die Ecke bog und auf mich zu jagte.
Innerlich wappnete ich mich schon auf ein Zusammentreffen mit Filch, daher war ich umso überraschter, als die Rumtreiberbande, kichernd wie kleine Jungs, nach der Katze um die Ecke geschlittert kamen.
„James? Sirius? Was zum Geier ...?"
Völlig perplex blieb ich stehen.

Die vier Jungs fassten mich ins Visier und umringten mich augenblicklich unter wildem Geschnatter.
„Lily! Merlin sei Dank, du musst uns helfen..."
„Es war alles die Idee, dieser Idioten, es tut mir leid, Lily..."
„Tu ganz unauffällig!"
„Peter, hör doch auf zu kichern, du bist selber sowas von auffällig..."
„Hier, nimm das!"
Bei den letzten Worten stopfte James ein unscheinbares Pergamentblatt, das ich als die Karte des Rumtreibers identifizierte, zwischen zwei meiner Bücher.
Dann reihten sich die vier blitzschnell links und rechts von mir auf.
Ich, immer noch vollkommen neben der Spur, hatte Mühe, meine Bücher wieder ins Gleichgewicht zu bringen, und torkelte wie eine Betrunkene auf der Stelle, als schlussendlich Filch um die Ecke geschlichen kam, griesgrämig wie eh und je.

Er fixierte uns und musterte jeden einzelnen von uns.
„Schüler", knurrte er dann, „immer diese verflixten Schüler."
Es war wirklich ein Wunder, wie man es schaffte, immer die kinderliebsten Menschen auf Schulen zu packen.

Filch wirkte auf mich, als würde er jeden von uns am liebsten im See ertränken.
Wobei ich noch nicht genau wusste, was die Rumtreiber angestellt hatten.
Eventuell war seine Wut ja berechtigt.

Ich stupste James an und fragte ihn murmelnd, was genau denn los sei.
„Wir wollten einen grandiosen Abschlussstreich in die Wege leiten", flüsterte er zurück. „Leider hat Filch uns erwischt - und schlimmer noch, er weiß jetzt von der Karte."
Mehr konnte er nicht sagen, da der Hausmeister vor uns zum Stehen gekommen war.
„Sieben Jahre plage ich mich jetzt schon mit euch rum. Und ich hoffe stark, dass jeder einzelne von euch diese verdammten Prüfungen besteht, damit ich euch ein für alle Mal los bin!", blaffte Filch meine Kumpels an, während er mit hinter dem Rücken verschränkten Armen vor unserer Reihe auf und ab ging.
Es hätte bedrohlich wirken können, wären seine Schritte nicht so schlurfend gewesen.

Die Regel - Lily& James Ff ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt