Kapitel 79

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Lesenacht Teil 2 ...
Viel Spaß!

„Wow!", entfuhr es mir leise.
Strahlend drehte ich mich zu James um.
„Das ist ja wunderschön! Na los, worauf wartest du? Sieh dir deinen Wunsch an!"
Euphorisch griff ich nach seiner Hand und zog ihn durch die Tür, die gleich darauf hinter uns zuklappte.
Ich glaubte ihn „Ich sehe doch schon alles, was ich mir wünsche", murmeln zu hören, aber da ich mir nicht sicher war, ob er es tatsächlich gesagt hatte, drehte ich mich nicht um.
Rot wurde ich natürlich trotzdem.
Doch die Aufregung über das, was vor mir lag, ließ mich meine Verlegenheit schnell wieder vergessen.
James hatte einen Strand heraufbeschworen.
Einen wunderschönen Strand.
Zwischen dem hellen Sand blitzten große graue Steine hervor, die dazu einluden, sich darauf ein Handtuch auszubreiten und zu picknicken.
Sogar ein paar Palmen bewegten sich in einer sanften Brise, von der ich nicht wusste, woher sie kam.
Aber das Beste lag vor uns: Das Meer.
Groß und blau und riesig, mit glitzernden Wellen in der Nachmittagssonne.
Ich konnte sogar den typischen Duft nach Meersalz einatmen.
Und soweit man auch schaute, nirgends schien der Raum ein Ende zu nehmen.
Es war fantastisch.
„Ist das ... echt?", fragte ich James mit leuchtenden Augen.
Er zuckte mit den Schultern. „So echt, wie du es empfindest."
„Das ist so wunderschön!" Ich konnte nicht anders, ich musste James anstrahlen.
Er lächelte leicht. „Freut mich, dass es dir gefällt."
„Los, lass uns ins Meer gehen!"
Gesagt, getan.
Kaum hatte ich meine Schuhe abgestreift, zerrte ich den protestierenden James hinter mir her, der zwischen zwei Schritten immer wieder hüpfend versuchte, sich von seinen Schuhen zu befreien.
Ein paar Mal fiel er dabei in den Sand, doch ich zog ihn einfach lachend weiter, bis ich Salzwasser zwischen meinen Zehen spürte.
Ich ließ James los, schloss die Augen und streckte wohlig die Arme aus.
Tief einatmend lächelte ich vor mich hin.
Wer konnte schon von sich behaupten, mitten am Schultag einfach so eben mal im Meer zu stehen?
Selbst wenn es vielleicht nur eine Illusion war.
Plötzlich wurde ich hochgehoben und durch die Luft gewirbelt.
Erschrocken riss ich die Augen auf und sah direkt in James' Gesicht, das eben so vor Glück zu strahlen schien wie meines.
Als wäre ich ein kleines Kind und so leicht wie eine Feder, wirbelte er mich im Kreis herum, sodass das Wasser unter seinen Füßen spritzte und die salzige Luft mein Haar durcheinanderbrachte.
Irgendwann kreischte ich nicht mehr vor Schreck, sondern aus Vergnügen und strampelte fröhlich mit den Beinen.

Das Lachen verging uns erst, als James ins Stolpern kam.
Für den Bruchteil einer Sekunde starrten wir uns mit vor Schreck geweiteten Augen an, aber es war die gute Sorte von Schreck, dann plumpsten wir beide ins kühle Nass und tauchten prustend wieder auf.
„Du Tollpatsch!", neckte ich James und schob ihm eine Ladung Meerwasser ins Gesicht.
Seine Brillengläser waren ganz beschlagen und das sonst so wirre schwarze Haar klebte an seiner Stirn, was ihm etwas Kleinkinderhaftes verlieh.
„Na warte!", gab er angriffslustig zurück. Gleich darauf stürzte er sich auf mich.
Lachend gingen wir beide wieder unter.
Seine Arme lagen immer noch um meine Taille, als wir wieder auftauchten.
„Gefällt es dir?", fragte James leise.
Ich nickte, zu sehr außer Atem, um etwas zu sagen.
Völlig unbewusst legte ich meine Arme um seinen Hals und lächelte ihn an.
Unsere Schulkleidung war vom Wasser durchtränkt, sodass ich durch das weiße Hemd sehr gut James' definierten Oberkörper sehen konnte.
Der Stoff klebte an seinen Muskeln.
Wie mochte ich dann erst aussehen?
Ich wollte es gar nicht wissen.
Stattdessen löste ich meinen Blick wieder von James' Brust und schaute in seine Augen.
Die Gläser waren wieder klar und so konnte ich erkennen, dass seine Pupillen extrem riesig in dem Licht wirkten, nur noch ein kleiner brauner Ring war übrig.
Ich strich ihm die schwarzen Haarsträhnen aus dem Gesicht, bis seine Haare wieder so abstanden wie eh und je.
James beobachtete mich die ganze Zeit schweigend.
Ich wurde rot.
Verdammt, was tat ich hier?

Ich sollte mich nicht so an ihn ranschmeißen. Für ein paar Sekunden hatte ich all meine Zweifel über Board geworfen, zu sehr hatte James' Anblick mich gefangen genommen, doch nun holten sie mich mit aller Macht wieder ein.
Wie konnte ich es ihm so einfach machen?
Ich wollte keins dieser Mädchen sein, die leicht zu haben waren.
Wenn ich mich so gehen ließ, würde James wieder gehen, bevor ich ihn überhaupt meinen Freund hatte nennen können.
„Tut mir leid", flüsterte ich und befreite mich aus seiner Umarmung.
„Lily", murmelte er. Seine langen Finger umschlossen mein Handgelenk und hielten mich fest. „Du musst dich doch nicht entschuldigen. Das war ... schön."
Eben, James, eben, dachte ich verzweifelt.
Viel zu schön.
Nur konnte er das mit jedem anderen Mädchen auch haben.
Ich wollte nicht wie jedes andere Mädchen sein.
Ich wollte, dass er mich wollte, und zwar, weil er mir vertrauen konnte, mit mir lange Gespräche führen, aber auch lachen konnte.
Und nicht, weil ich gut zum Anfassen war.
Und dennoch ließ ich es geschehen, als James mich wieder an sich zog und vorsichtig begann, meine Haare zu öffnen, sodass die roten Locken offen auf meine Schultern fielen.
Ich starrte ihn an und war unfähig etwas zu tun, als er mir durch das Haar fuhr, sanft meinen Nacken streichelte und dabei kein einziges Mal den Blick von mir nahm.
Ich war wie gelähmt, während in meinem Inneren ein Kampf stattfand.
Einerseits liebte ich es, wie er mich berührte, und wollte nichts mehr, als dass er damit weitermachte.
Doch andererseits ... hatte ich eine riesige Angst.
Es ist dir doch bewusst, dass er nur mit Mädchen spielt? Dass er dir all die Jahre hinterhergelaufen ist, und jetzt, sobald er kriegt, was er will, wird er dich vergessen?
Snapes gehässige Stimme tauchte wieder in meinem Hinterkopf auf.
Ich sah James an.
Ich sah das Funkeln in seinen Augen, während er langsam von meinem Hals zu meinen Schultern fuhr, über die Arme und hinunter zu meiner Taille.
Durch den nassen Stoff meiner Bluse fühlte ich ganz genau den festen Druck seiner Hände auf mir.
Und plötzlich fehlte mir die Luft zum Atmen.
Er will nur spielen er will nur spielen er will nur spielen!, sandte mein Unterbewusstsein panisch in Richtung Kopf.
Wir werden ihn verlieren!, schrie mein Herz ebenso angsterfüllt zurück.
Ich holte zitternd Luft und legte meine Hände auf James' Brust, um ihn wegzuschieben.
Ich musste hier weg, ich spürte, wie ich immer mehr um Atem ringen musste, mein Herz raste in meiner Brust und trotz des kalten Wassers brach mir der Schweiß aus.
Doch James deutete die Zeichen falsch.
Er schloss seine Arme nur noch fester um mich.
Unsere Gesichter waren nur noch Zentimeter voneinander entfernt, und der Abstand wurde immer kleiner.
Ich konnte James' Lippen schon fast auf meinen spüren, doch da brannten alle Sicherungen bei mir durch.
Ich stieß ihn mit aller Kraft von mir. Völlig überrumpelt fiel James rückwärts ins Wasser. Sein verständnisloser, enttäuschter Blick brannte sich in mein Herz, doch ich war wie von Sinnen, als ich mich irgendwie durch die Wellen kämpfte und zum Strand jagte.
„Lily!", rief James. „Oh Merlin, Lily!"
Als ich am Strand angekommen war, blickte ich mich nochmal um. Tränen verschleierten mir die Sicht, och ich sah, dass James mir zu folgen versuchte.
„Es tut mir leid", sagte ich, meine Stimme bebte.
Zitternd rannte ich aus dem Raum der Wünsche.

In einer Stunde geht's weiter...

Die Regel - Lily& James Ff ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt