Eine halbe Stunde später floss so viel Alkohol durch mein Blut, wie ich in meinem ganzen Leben noch nicht getrunken hatte.
Aber es fühlte sich verdammt gut an.
Sorgen? Welche Sorgen? Irgendwo am Rande meines Bewusstseins konnte ich einen dumpfen Schmerz fühlen, aber er war zu einem winzig kleinen Schatten zusammengeschrumpft.
Stattdessen fühlte ich mich frei, wild und ein kleines bisschen rebellisch.
Und ich wusste gar nicht, was ich an dem riesigen Treiber-Typen eigentlich auszusetzen gehabt hatte. Der Kerl war total locker drauf.
Ich beschloss spontan, dass mir das gefiel.
Genauso wie die Tatsache, dass er immer noch mehr von dem bitteren Getränk auftreiben konnte, das meine Sinne rauschen und mein Herz vor Freude schneller schlagen ließ.
Wow, es konnte ja alles so einfach sein!
Sogar die viel zu laute Musik dröhnte nicht mehr in meinen Ohren.
Eigentlich war sie sogar ein bisschen zu leise. Zumindest war es das, was ich dachte, als ich begann, mich im Takt hin- und herzubewegen.
Dabei vergaß ich komplett, dass ich ja absolut scheiße aussah.
Der Treiber-Gigant grinste mir wieder zu- wobei ich übersah, wie anzüglich dieses Grinsen war. Daher grinste ich zurück.
„Wie heißu nochmal?", brüllte ich gut gelaunt gegen den Lärm.
„Malcolm!", brüllte er zurück.
„Aha! Ich... hicks! Hoppala!" Ich kicherte. „Ich bin Lily."
Breit lächelnd drehte ich mich um meine eigene Achse und führte gleich mehrere Drehungen hintereinander aus, wobei ich mich seeehr elegant und elfengleich fühlte.
Bis ich ins Stolpern geriet.
Erschrocken krallte ich meine Finger in den erstbesten Oberarm den ich finden konnte, und versuchte gleichzeitig den Becher mit der wertvollen Flüssigkeit auszubalancieren.
Da ich aber immer noch torkelte, schwankte der Inhalt bedrohlich. „Neiiin, bleib drin", murmelte ich und schüttelte den Becher ein bisschen.
Das schien der Person, deren Arm ich umklammert hielt, nicht sonderlich zu passen.
Sie schrie empört auf und maulte etwas wie „Jetzt hast du meine weiße Bluse versaut!", bevor sie sich umdrehte.
Es war Mary.
Ich lächelte sie breit an.
„Oooh, sorry Mary, war keine Absiiich", nuschelte ich. Glücklich sie zu sehen ließ ich mich nach vorne kippen und schlang die Arme dabei um ihren Hals.
„Es isso schööööön dich su seeehen!"
Durch das plötzliche Gewicht verlor auch sie die Balance, wieder stolperten wir ein bisschen durch die Gegend, bis Mary sich gefangen hatte.
Naserümpfend schob sie mich eine Armeslänge von sich weg.
„Lily", sagte sie ganz sachlich, „du stinkst."
Das brachte mich zum Kichern. Herrlich, wie direkt sie war. Fast so ehrlich wie Marlene. Ob Mary wohl auch getrunken hatte? So völlig taktlos kannte ich sie gar nicht. Aber es gefiel mir. Oder zumindest gefiel es dem Alkohol in meinen Adern.
„Ich waahaaaaiß!", krähte ich. „Hab'n bisschen viel getrunken. Hicks!"
„Das auf jeden Fall auch. Ich meine aber nicht nur deine Fahne, sondern ganz allgemein." Sie machte wieder einen Schritt auf mich zu und schloss somit die Lücke zwischen uns. Mit zusammengezogenen Augenbrauen musterte sie mich, die ungewaschenen Haare, das blasse Gesicht, die Auenringe.
„Ich glaube, es geht dir nicht gut, Lils."
Ich zog einen Schmollmund. „Mir geht es bäääästens, siehst du nicht?"
Um meinen Worten mehr Ausdruck zu verleihen, drehte ich mich ein paar Mal um meine eigene Achse, untermalt von einem irren Lachen.
„Klar", murmelte Mary. „Und deswegen kippst du dich komplett mit Alkohol zu und siehst aus wie eine Flussleiche."
Flussleiche?
Irgendwas klingelte da bei mir. Leiche? Tod?
Ich schob die Gedanken ganz schnell beiseite. Wo war denn Malcolm hin? Ich hätte gern noch was zu trinken.
Suchend schaute ich mich um. Gerade als ich ihn entdeckt hatte, im Treiben der sich im Takt der Musik bewegenden Körper und knutschenden Pärchen, schien Mary mein Vorhaben zu durchschauen.
„Oh nein, das lässt du lieber bleiben", sagte sie, wobei sie bestimmt nach meinen Handgelenken griff, die ich schon gehoben hatte, um Malcolm fröhlich zuzuwinken.
Verwirrt betrachtete ich meine Freundin.
„Wieso deheeenn?", quengelte ich.
Sie schüttelte nur den Kopf. „Du wirst mir später dafür danken, glaub mir."
Das bezweifelte ich stark.
„Ich will aber!"
„Mir egal. Du wirst nicht, du hattest schon genug."
Warum war sie denn so gemein zu mir? Und warum musste sie so schlechte Laune haben? Alle hier feierten, nur Mary musste mal wieder so richtig verklemmt sein.
Warum war mir nie aufgefallen, was sie für eine Spaßbremse sein konnte?
Trotzig verschränkte ich die Arme vor der Brust.
„Lass mich, Mary! Ich bin alt genug."
Mary schnaubte. „Das vielleicht, aber anscheinend hast du die Kontrolle verloren. Los, wir gehen dir den Kopf waschen."
Schon fing sie an, mich durch die Menge zu zerren. Ich leistete einigen Widerstand, und meckerte sie mit voller Überzeugung an, dass ich hierbleiben wollte, Spaß haben und mich betrinken wollte, doch es half alles nichts.
Meine schwere Zunge gab es irgendwann auf, die Worte einigermaßen verständlich zu formen, und auch meine Beine versagten mir den Dienst.
Es dauerte etwas, doch schließlich kamen wir bei der Badezimmertür an. Mary schaffte es irgendwie, mich mit einer Hand festzuhalten, mit der anderen die Tür zu öffnen und ein murrendes Pärchen aus der Badewanne zu schmeißen.
Ich musste grinsen. Was die beiden dort wohl getrieben hatten...
Vermutlich wollte ich es nicht wissen. Lustig war es allerdings allemal.
Zumindest fand ich das, bis Mary mich in ebendiese Badewanne verfrachtet hatte und mir den Kopf mit eiskaltem Wasser wusch.
Ich keuchte entsetzt auf.
Meine Kleidung saugte sich voll und klebte nass und schwer an meinem Körper, mein Kopf klärte sich und die rosarote Brille verschwand langsam wieder.
Nach einiger Zeit war das Hochgefühl verschwunden. Ich fühlte mich einfach nur noch miserabel, die Wände schwankten und mir war schlecht.
In gedrückter Stille massierte Mary mir Shampoo ins Haar, spülte es mit dem immer noch kalten Wasser wieder aus, bis der eklige Geruch aus meinen Haaren verschwunden war.
Nach einer gefühlten Ewigkeit drehte Mary endlich das Wasser ab.
Ich schaute traurig zu ihr hoch.
Wahrscheinlich sah ich aus wie ein begossener Pudel.
Der ich ja im Grunde auch war.
Mary seufzte. Dann hielt sie mir eine kleine Phiole hin, die die ganze Zeit am Gürtel ihrer Jeans gebaumelt hatte, ohne dass es mir aufgefallen war.
„Was ist das?", krächzte ich. Meine Stimmbänder fühlen sich an wie gelyncht.
„Ein Ernüchterungstrank. Falls ich über die Strenge schlage."
Ich lächelte schwach und nahm das Fläschchen dankbar entgegen. Nach einem großen Schluck reichte ich es Mary zurück, die ebenfalls davon trank.
Kurz starrten wir uns nur an, während wir darauf warteten, dass die Flüssigkeit seine Wirkung zeigte.
Es dauerte nicht lange; ich fühlte ein kurzes Brennen im Kopf und in der Magengegend, das sich durch meinen ganzen Körper auszubreiten schien, und schnell wieder verschwand, wobei es die Wirkung des Alkohols endgültig mit sich nahm.
Stöhnend ließ ich meinen Kopf auf den Badewannenrand sinken.
Was war nur in mich gefahren?Heyyy
Hier noch ein Kapitel (obwohl nicht Donnerstag ist), einfach weil ich Lust hatte und Ostern ist und die Sonne scheint.
Und joa, weiß jemand wie viele Kapitel Wattpad Stories haben dürfen?
Wenn ich mit der Anzahl nicht hinkomm muss ich die Kapitel nämlich länger machen 😅😂
Danke an euch alle für die Reads, Votes und Kommentare❤️❤️
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Die Regel - Lily& James Ff ✔️
FanfictionABGESCHLOSSEN Seit Jahren besteht diese eine Regel: Evans hasst Potter, Potter mag Evans. Wenn es nach Lily Evans, Einserschülerin und absoluter Lehrerliebling, geht, wird diese Regel auch niemals gebrochen werden. Doch da hat sie ihre Rechnung ohne...