7.2

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Tatsächlich steckte James ziemlich in Schwierigkeiten.
Das Herz des Gefechts fand in einem abgelegenen Hinterhof statt, und schon bevor man einbog, konnte man Knallen, Fluchen und Schreien die gesamte Gasse hinunterhören.
Ich fragte mich, ob man sich die Mühe gemacht hatte, für die Muggel einen Stillezauber über das gesamte Drama zu legen, oder ob die Todesser sich einfach einen Scheiß darum scherten, wer sie hörte oder nicht.
Jedenfalls gelangte ich recht unauffällig ins Kampfgetümmel; jeder hier war schwarz gekleidet, meine leuchtend roten Haare waren unter meiner Kapuze verborgen und meine geringe Körpergröße erleichterte mir das Herumschleichen zwischen kämpfenden Personen erheblich.
Ganz im Stillen schaltete ich ein paar Todesser aus, bis mein Blick auf eine unscheinbare Ecke des Hofes fiel.

Dort mussten die Anwohner ihren Müll sammeln, denn es drängten sich Tonnen dicht an dicht. Einige waren umgekippt und der aufgeweichte Biomüll verströmte einen Duft, der, mit dem verbrannten Geruch bestimmter Zaubersprüche, einen Würgereiz in mir auslöste.
Doch was wirklich meine Aufmerksamkeit auf diese Ecke gelenkt hatte, war James. James, der, wie es schien, mit ein paar Abfällen (war das etwa eine Bananenschale auf seinem Kopf?) dekoriert, zwischen den Mülltonnen umhertollte, immer mal wieder in Deckung ging und sich einen erbitterten, wenn auch etwas lächerlich wirkenden Kampf mit einem maskierten Todesser lieferte.

Spätestens in diesem Moment wurde mir klar, wieso man uns nie gemeinsam auf Aufträge schickte: Denn als ich sah, wie James immer und immer mehr in Bredouille geriet, als ein zweiter schwarz gekleideter Mann hinzukam, brannten bei mir alle Sicherungen durch.
Ohne darauf zu achten, ob ich registriert wurde oder nicht, bahnte ich mir schubsend und unter großem Ellbogeneinsatz einen Weg zu James, was mich das ein oder andere Mal beinahe mein Leben gekostet hätte.
Ich war nicht länger ein unauffälliger Schatten, sondern hatte mich innerhalb von Sekunden in eine äußerst lästige Zielscheibe verwandelt.
Dennoch schaffte ich es irgendwie, an mein Ziel zu bekommen, ohne ernsthaft verletzt zu werden. Es hatte wirklich Vorteile, klein, schmal und flink zu sein.

Als ich James endlich erreicht hatte, verbarg er sich gerade vor seinen Gegnern hinter ein paar übereinander gefallenen Mülltonnen, die fast schon eine Höhle bildeten.
Seine Brust hob und senkte sich in raschem Tempo und er hielt den Zauberstab fest in seiner verkrampften Hand, während er ständig hektisch über seine Schulter blickte.
Er war hellwach und auch wenn es in dieser Situation ziemlich unangebracht war, fand ich ihn dabei ziemlich heiß.
Lautlos ließ ich mich neben ihn gleiten.
Er zuckte heftig zusammen und richtete sofort seinen Zauberstab auf mich, als meine Schulter gegen seine stieß. Seine Lippen hatten schon begonnen, irgendeinen Zauberspruch zu formen, als er mich erkannte und erleichtert die Luft ausstieß.

„Merlin sei Dank, du bist es nur", sagte er. Im nächsten Moment schien ihm klar zu werden, dass ich mich genau wie er mitten in einem Kampfgetümmel befand, möglicherweise demnächst sterben könnte und definitiv (zumindest seiner Meinung nach) nicht hier sein sollte. Seine Augen weiteten sich und er packte mich heftig bei den Schultern.
„Lily, was zum Geier tust du hier? Bist du uns etwa gefolgt? Du solltest zuhause sein, verdammt! Hier ist es scheiße gefährlich!"
Wow, mehr Schimpfwörter innerhalb von zehn Sekunden konnte man wohl nicht in seine Sätze einbauen.
Bei jedem Wort schüttelte James mich unsanft durch, als könnte er mich so zum Verschwinden bringen.

„Beruhige dich!", fuhr ich ihn an, und entfernte energisch seine Hände von meinen Schultern, bevor er sie mir noch auskugelte. „Mary und ich wurden als Verstärkung hierher beordert und ganz offensichtlich könnt ihr uns gebrauchen."
Bei diesen Worten spähte ich zwischen den Tonnen, hinter denen wir kauerten, hindurch und beobachtete, wie James' Gegner suchend durch das Labyrinth aus Mülltonnen pirschten.
„Mary ist hier?" James klang, wenn möglich, sogar noch beunruhigter als zuvor.
Ich runzelte die Stirn. „Ja, aber sie kann super auf sich aufpassen. Wie ich auch." Herausfordernd hob ich eine Augenbraue, doch James ging gar nicht auf meine Anspielung ein. Zwischen seinen Augenbrauen hatte sich eine tiefe Sorgenfalte gebildet und sein Blick war sehr düster, als er sagte: „Da bin ich sicher. Die Frage ist nur, wie lange sie noch so verlässlich handeln kann."
„James, du machst mir Angst. Wieso sollte sich denn etwas an ihrer Verlässlichkeit ändern?"
James schwieg einen Moment.

„James!" Meine Stimme lang hysterischer, als ich es wollte.
„Psssst!", machte er schockiert und überprüfte panisch, ob man uns gehört hatte. Da alles ruhig blieb und uns kein Abfall um die Ohren flog, ging ich davon aus, dass mein Ruf ungehört geblieben war.
„Es ist Dorcas", flüsterte James mir endlich zu. „Sie ist mit Sirius und mir hergekommen."
Ich runzelte die Stirn. „Aber Dorcas war doch schon Tage vorher auf einer anderen Mission."
„Ja, aber hier brauchten wir Leute und sie war in der Nähe. Allerdings haben sie die vorherigen Kämpfe ziemlich geschlaucht. Was Dumbledore hätte bedenken müssen."
James schüttelte wütend den Kopf.
„Sag mir endlich was passiert ist!", wisperte ich. Mir war plötzlich eiskalt ums Herz geworden.
„Ein Sectumsempra zu viel. Sie wird vermutlich verbluten."

Ich schlug mir die Hände vor den Mund, um einen Schrei zu unterdrücken. Tränen schossen mir in die Augen. „Nein", flüsterte ich. „Nein, nein. Nein, nein, nein..."
James nahm meine Hände in seine und drückte sie fest. „Lily, bitte, ich weiß, es ist schrecklich, aber wir müssen Ruhe bewahren, bevor uns das gleiche Schicksal ereilt! Wir können später trauern ... hoffentlich."
„Aber ... Dorcas..." Ich hatte das dringende Bedürfnis, mich zu übergeben. In meinem Kopf stiegen Bilder meiner verletzten besten Freundin auf, in einer Blutlache liegend, mit schrecklichen Wunden und leeren Augen... Ich schluchzte auf.

James schlang seine Arme um mich und wiegte mich sanft hin und her, während er eindringlich auf mich einflüsterte.
Ich wusste, dass er mich vermutlich darum bat, mich leise zu verhalten, doch seine Worte drangen nicht zu mir durch. Ich klammerte mich an ihn und starrte durch meine tränenverschleierten Augen ins Leere.
„Arme Mary", murmelte ich. „Arme, arme, arme Mary..."
Im nächsten Moment explodierte hinter uns der Haufen Mülleimer.

Das auf die Explosion folgende Doppelduell hatte es in sich, gleichzeitig bekam ich es nicht mit.
Ich hatte das Gefühl, mich völlig mechanisch zu bewegen, ich tat, was von mir erwartet wurde, doch es fehlte jeglicher Eifer hinter meinen Bewegungen.
Ich funktionierte irgendwie; ich war nicht ich selbst, ich war ein Roboter.
Doch das schwächte mich nicht, eher im Gegenteil. Mein Gegenüber hatte Mühe, gegen meine Abgestumpftheit anzukommen. Selbst wenn einer seiner Zaubersprüche mal ein Treffer war, nahm ich den damit verbunden Schmerz einfach hin, ohne ihn richtig zu spüren, und kämpfte unbeeindruckt weiter.

James neben mir schien von einem extremen Beschützerinstinkt angetrieben zu werden, er ließ seinem Angreifer keine Chance, seinem Verbündeten zu Hilfe zu kommen und seinen Zauberstab auch nur eine Sekunde lang auf mich zu richten, und so kämpften wir beide Seite an Seite unseren eigenen Kampf.

Mein Wahnzustand fand in dem Moment ein jähes Ende, in dem ich James neben mir laut aufstöhnen hörte. Nur einen Augenblick später sackte er neben mir zusammen, die Hände auf einen sich schnell ausbreitenden Blutfleck in der Bauchgegend gepresst.
Ich stieß einen fast schon animalischen Schrei aus und ließ mich neben ihm auf die Knie fallen, mit der linken Hand stütze ich seinen Kopf, mit der rechten teilte ich weiter tödliche Lichtblitze aus.

„Geht ... Geht schon", keuchte James, wobei er mich aus überrascht geweiteten Augen anstarrte. Offensichtlich hatte der eitle Gockel keine Sekunde damit gerechnet, dass er ernsthaft verletzt werden könnte. Klarer Fall von zu viel Ego.
„Kümmer dich um die beiden, los!", befahl er mir energisch.
Mir blieb keine Zeit zu protestieren. Ich nickte stumm, ließ seinen Kopf sanft zu Boden gleiten und sprang dann auf, um mit neuer Wut im Bauch meinen Gegnern entgegen zu treten.

Jeder, der mich jemals als Furie bezeichnet hatte (was in erster Linie wohl Petunia gewesen war), hätte mich in diesem Gefecht sehen sollen.
Meine Wut und Trauer um Dorcas, und meine Sorge um James machten mich völlig unberechenbar und die beiden Zauberer, die sich in Überlegenheit geglaubt hatten, da sie nun zu zweit gegen ein kleines schmales Mädchen waren, erlitten dasselbe Schicksal wie ihnen zuvor James: Sie gingen an ihrem aufgeblasenen Ego zugrunde.

Als sie beide bewusstlos über den nächstbesten Mülltonnen hingen und ich sie ausreichend mithilfe von fortgeschrittener Magie geknebelt hatte, damit sie auch nach ihrem Erwachen noch unschädlich blieben, warf ich mich sofort neben James auf die Knie. Er hievte seinen Oberkörper mühsam hoch, indem er seine Ellbogen aufstützte, und grinste mich aus einem leichenblassen Gesicht bewundernd an.
„Das war fantastisch!", sagte er. „Ich wusste ja, dass du Feuer hast, Evans, aber du hast gewütet wie ein verdammter australischer Waldbrand!"
„Wie geht es dir?", fragte ich ängstlich, ohne auf sein überspitztes Lob einzugehen.
„Ich möchte dich endlich heiraten. Auf der Stelle!", erwiderte er, und dann küsste er mich. 

Die Regel - Lily& James Ff ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt