Kapitel 13

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Ein Geschenk? Ein Geschenk von Potter für mich?!
Okay, das war der Moment, in dem die Hölle zufror. Ganz klar. In welchem Paralleluniversum lebten wir, wo Potter und ich uns Geschenke machten?! Was würde als nächstes passieren? Würden wir vor einem Kaminfeuer sitzen und gemütlich Babydecken häkeln oder was?
„Überrascht" kam meiner Gefühlslage sowas von gar nicht nahe.
Viel mehr war es abgrundtiefes Entsetzen, als ich Potter in die Augen starrte. Er sah sehr zerknirscht aus. Zu Recht! Dennoch kam ich nicht umhin, meine Überreaktion ein wenig zu Bedauern ... Lily! Das war Potter! Kein Mitleid bitte.
Womöglich sollte ich ihm ein Schild basteln: Achtung! Dieses Geschöpf ist zu krassen Hundeblicken aus schönen braunen Augen fähig! Bitte setzen sie ihre Schlafmasken auf und gehen dem Wesen so gut es geht aus dem Weg! Mit freundlichen Grüßen, die Abteilung zur Führung und Aufsicht magischer Geschöpfe, Zauberministerium!
Ja, das klang tatsächlich nach einer guten Idee. Nur sollte ich das Wort „schön" in Verbindung mit Potter aus meinem Wortschatz streichen.
„Ein Geschenk", wiederholte ich langsam.
Potter nickte, sein Gesichtsausdruck schwankte irgendwo zwischen Bitte töte mich nicht! und Ich mach mir Sorgen, dass du gleich umkippst. Letzteres war gar nicht so unwahrscheinlich. Ersteres war die Realität.
„Und wo ist dieses mysteriöse Geschenk?", hakte ich misstrauisch nach. Die Möglichkeit, dass Potter mich nur veräppelte, war noch nicht ausgeschlossen. Und ja, ich war wieder dazu übergegangen, ihn bei seinem Nachnamen anzusprechen. Er hatte es einfach nicht besser verdient.
Bevor ich weiteres Gedankengut an Potter verschwenden konnte, reichte mir ebendieser eine Tasche, die er schon die ganze Zeit mit sich herumgetragen hatte, wie mir jetzt auffiel. Etwas zappelte darin. Meine Hand, die schon in der Luft schwebte, bereit, den Beutel anzunehmen, erstarrte.
„Wenn das ... keine Ahnung, ein Haufen Flubberwürmer ist ...", warnte ich Potter leise, doch er schüttelte nur den Kopf.
Vorsichtig öffnete ich die Tasche und sah hinein.
„Oh mein Gott", murmelte ich, völlig von den Socken.
„Sirius und ich sind vorhin an dieser Tierhaltung da vorbeigekommen, und na ja, eine Familie hat all ihre Geschwister gekauft, außer sie. Und da ich sie ja schlecht dort sitzen lassen konnte..." Potter ließ den Satz unbeendet in der Luft hängen. Verlegen fuhr er sich durch die Haare. Noch so eine nervige Angewohnheit von ihm.
Ich achtete nicht weiter darauf. Entzückt hob ich die kleine schwarze Babykatze aus ihrem Gefängnis. Sie war komplett schwarz, bis auf die weiße Schwanzspitze und sie hatte nur drei Beine, wie mir nun auffiel. Deswegen also war die kleine übriggeblieben. Meine Güte, wie herzlos konnte man sein?
„Die ist so unglaublich süß..." Ich spürte, wie meine Mundwinkel automatisch nach oben wanderten, während ich das Kätzchen auf meinen Armen wiegte. Sie schaute aus großen, bernsteinfarbenen Augen zu mir auf und miaute herzzerreißend.
Zum ersten Mal verstand ich den Ausdruck „Liebe auf den ersten Blick".
James beobachtete uns mit einem ähnlich entzückten Blick wie ich die Katze. Normalerweise hätte ich mich darüber beschwert, doch dazu war ich im Moment einfach zu glücklich.
„Ähm ... sie gefällt dir also? Du musst sie auch nicht behalten, ich dachte nur, weil du ja auch kein Haustier hast und jetzt musst du auch noch bei uns leben, vielleicht fühlst du dich da mal allein und da könnte sie dir dann Gesellschaft ...", redete Potter nervös drauflos.
„James", unterbrach ich ihn. „Halt die Klappe. Das ist das beste Geschenk, das man mir seit langem gemacht hat."
Vergessen war der Streit und die bösen Worte, im Moment hätte ich Potter um den Hals fallen können. Okay, so weit waren wir dann vielleicht doch nicht, aber auf jeden Fall war ich ausnahmsweise Mal froh über seine Existenz.
„Danke. Sie ist wunderbar." Zärtlich betrachtete ich das kleine Fellknäuel, das nun herzhaft gähnte und langsam die Augen schloss.
„Hast du schon einen Namen?", fragte James (Ja, wir sind wieder bei James).
„Ve", sagte ich spontan. James zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts.
„Ähhm, wollen wir dann Sirius suchen gehen?", murmelte James, sichtlich durch den Wind. Es kam schließlich nicht jeden Tag vor, dass ich mich bei ihm wegen irgendwas bedankte.

„Was hats du mit unserem Krümel da angestellt?", lautete Sirius erster Kommentar, als er mich und James auf sich zukommen sah. Wobei ich eher hüpfte, als dass ich ging.
„Ich hab ihr nur die kleine Ve überreicht", erwiderte James schulterzuckend. Sirius warf einen Blick auf das schlafende Kätzchen in meinen Armen, bevor er und James einen Frauen! – Blick austauschten.
Ich störte mich nicht daran. Überglücklich strahlte ich zu den beiden Jungs nach oben. „Ist sie nicht wahnsinnig süß?", schwärmte ich. Die beiden nickten brav, wobei James eher mich ansah als die Katze. Ein leichtes Ziehen machte sich in meinem Bauch bemerkbar. Kurz wunderte ich mich darüber, doch dann schaute ich zu Ve und lächelte wieder über's ganze Gesicht.
„Allerdings", murmelte Sirius, den Blick auf einen Punkt irgendwo über meiner Schulter gerichtet. „Verdammt süß." Stirnrunzelnd drehte ich mich um. Wer hätte es gedacht: Sirius fixierte ein blondes Mädchen auf High Heels.
Ich warf einen Seitenblick zu James. Er schien etwas Ähnliches wie ich zu denken. Wir warfen uns einen vielsagenden Blick zu, dann verdrehten wir unisono die Augen. Ich kicherte. Sirius taxierte mich verwundert. „Merlin, Krümel, du bist ja wie ausgewechselt!", staunte er. „Hätte ich das gewusst, hätte ich schon viel eher angefangen, kleine Babykatzen zu retten!" Mit diesen Worten legte er einen Arm auf meiner Schulter ab und schlang den anderen um James' Hüfte. Ausnahmsweise ließ ich es geschehen, und so liefen wir wie ein eingespieltes Trio durch die Gasse.
James und Sirius unterhielten mich mit alten Geschichten, zu denen ich meine Kommentare abgab, und nicht selten kicherten wir alle los. In mir breitete sich ein warmes Gefühl aus. Wie viel Spaß man eigentlich mit den beiden haben konnte... es war mir nie aufgefallen.
Du hast ja auch nie etwas anderes getan, als sie anzuschreien, flüsterte eine Stimme in mir.
„Oh oh, Evans hat wieder diesen Gesichtsausdruck", bemerkte Sirius. Verwirrt schaute ich zu ihm hoch. „Was?"
„Na, wenn du nachdenkst. Dann runzelst du immer so die Stirn", half James mir auf die Sprünge. „Also, woran hast du gedacht?"
Neugierig grinsten die zwei mich an.
„Dass ich diese dämlichen Spitznamen, die ihr mir gegeben habt, hasse", gab ich schnell zurück, und streckte ihnen die Zunge raus.
„Was meinst du, Lils?", fragte Sirius scheinheilig.
„Genau, Krümel, erklär mal", sprang James ihm bei.
„Ihr seid so unverbesserlich", lachte ich.
„Unverbesserlich sexy? Unverbesserlich hübsch? Unverbesserlich charmant?" James zwinkerte mir zu.
„Unverbesserlich blöd", sagte ich. Die beiden jaulten theatralisch auf.
„Also wirklich, das verletzt mich jetzt tief", jammerte Sirius, das Gesicht dramatisch gen Himmel gewandt. „Wie kannst du nur so auf meinem Ego rumtrampeln!"
Ich quittierte das mit einem Augenverdrehen. „Du und Potter, ihr habt doch mehr Ego als die ganze restliche Menschheit zusammen", schnaubte ich.
So ging es weiter, bis wir wieder vor dem Pub standen, bereit, zu Disapparieren.


Die Regel - Lily& James Ff ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt