Okay, okay, Lily. Alles ist gut.
Du hast dir nicht gerade eingestanden, dass du möglicherweise in James Potter verliebt bist.
Doch, hast du.
Ach, Scheiß doch drauf.
So ungefähr verlief das den gesamten restlichen Tag.
Ich zog mich – mal wieder- komplett in meinen Kopf zurück, worüber Marlene sich mehrmals beschwerte.
Spätestens nach Geschichte der Zauberei platzte ihr der Kragen und ihre weit und breit gefürchtete schlechte Laune setzte ein.
„Merlin, Lily", meckerte sie mich an, wobei sie einer armen Erstklässlerin beinahe eins mit ihrer Pergamentrolle überzog. „Wegen dir hab ich jetzt keine Ahnung, was da im Unterricht los war. Hast du unseren ungeschriebenen Vertrag vergessen? Ich diene dir als deine private Unterhaltung, und du passt auf alles andere auf."
Missmutig schlurfte sie neben mir her.
Dass ich ihr nicht antwortete, versetzte sie nur noch mehr in Rage.
„Lily!" Wütend stampfte sie mit dem Fuß auf. Ihr blonder Pferdeschwanz kam dabei beträchtlich ins Wippen und ihre Wangen liefen rot an. Irgendwie erinnerte sie mich an ein kleines Kind, dem man keine Süßigkeiten gegeben hatte.
So konnte ich sie nicht ernst nehmen.
„Marls, beruhig dich. Es tut mir ja leid. Du könntest zur Abwechslung auch mal selbst zuhören, weißt du?"
„Ich versuche es ja! Wirklich! Aber, bei Merlin, ich schlafe einfach immer wieder ein." Sie schaute mich traurig aus großen blauen Augen an.
Ich konnte nichts dagegen tun, ich musste unwillkürlich an Holly denken, die genauso schöne Augen hatte. Ich schluckte.
Warum mussten auch alle Mädchen so tolle blaue Augen haben? Wie das Meer oder der Himmel.
Und was hatte ich? Augen in der Farbe von Wackelpudding.
Na super.
Während ich meinen düsteren Gedanken nachhing, hellte sich Marlenes Miene plötzlich auf.
„Hey, vielleicht hat Hugo ja mitgeschrieben! Er ist ja nicht umsonst ein umwerfend intelligenter Ravenclaw."
Ich wollte gerade einen bissigen Kommentar zu Hugos eigentlich eher weniger umwerfenden Intelligenz machen, doch da war Marlene schon in der Menge abgetaucht. Alles, was ich noch von ihr hörte, war ein lautes „HUUUUGO!"
Wider Willen musste ich ein bisschen schmunzeln. Marlene war eine verrückte Schnalle, aber wenigstens war sie nicht zu dumm für die Liebe.
Okay, sie hatte sich einen aufgeblasenen Schwachkopf rausgesucht, doch die beiden liebten sich – was wollte man schon mehr?
Andererseits, wer würde Marlene nicht lieben.
Sie war hübsch, lustig, nett, klug, sportlich und hatte auch noch einen super Blutsstatus. Und was war ich?
Merlin, ich versank ja schon wieder in Selbstmitleid! Heilige Scheiße, wo war denn bitte mein Selbstbewusstsein geblieben?
Das hat dir James gestohlen. Genauso wie dein Herz.
„Ach, halt doch die Klappe", zischte ich mein Unterbewusstsein an.
„Ich habe noch nicht mal angefangen zu reden, und du würgst mich schon ab, Krümel", sagte eine Stimme hinter mir. „Ehrlich, ich bin furchtbar verletzt."
Erschrocken drehte ich mich um und sah Sirius mit einem fetten Grinsen im Gesicht hinter mir her tapern.
Er hatte sich dramatisch eine Hand auf die Brust gelegt und schnitt eine theatralische Grimasse.
Ich versuchte es mit einem schwachen Lächeln. „Sirius. Was willst du?"
Seine Augenbrauen wanderten in die Höhe. „O-ho, haben wir heute keinen guten Tag, Miss Evans?", fragte er, und legte freundschaftlich einen Arm um meine Schulter, während wir den Gang hinunterliefen.
Einige uns entgegenkommende Mädchen warfen mir bitterböse Blicke zu. Als hätte ich ein paar unschuldige Kätzchen ermordet oder so.
„Mein Tag wird nicht besser, wenn deine tausend Verehrerinnen mir demnächst ein Messer in den Rücken stechen", erklärte ich Sirius, wobei ich seinen Arm wegschob.
(Erleichtertes Aufseufzen der gesamten weiblichen Bevölkerung Hogwarts'.)
„Das Messer würde es gar nicht bis zu deinem Rücken schaffen, so unnahbar bist du, Krümel", erwiderte Sirius fröhlich. Er legte seinen Arm wieder um meine Schulter.
„Lass das, Black", fauchte ich ihn an. Mit einem Schütteln meiner Schultern befreite ich mich abermals von ihm. „Und hör auf mir zu sagen, dass ich abstoßend sei."
„Ich hab gesagt du bist unnahbar, nicht abstoßend. Aber darüber wollte ich eigentlich gar nicht mit dir reden."
Nun war ich es, deren Augenbrauen in die Höhe wanderten. „Ach ja? Was denn dann?"
Zur Antwort drückte er mir einen zerknitterten Katalog in die Hand.
Verwirrt strich ich das Papier glatt. Warum sollte ein Sirius Black Muggelsachen mit sich rumschleppen?
Meine Augen weiteten sich, als ich das Titelbild sah.
Ein fettes, schwarzes Motorrad war darauf zu sehen.
„Was genau-?" Fragend starrte ich Sirius an.
Sein Gesicht begann zu strahlen, als er mir mit kindlicher Begeisterung wieder den Katalog aus den Händen riss und rasch zu blättern begann.
„Sind diese Dinger nicht einfach unglaublich? Warte, das hier ist mein Favorit!"
Stolz zeigte er auf ein schwarz glänzendes Monstrum von Motorrad. Es sah zweifellos sehr schick aus – allerdings verstand ich immer noch nicht, was genau Sirius' Ziel war.
„Ähm, ja. Es ist einfach ... fantastisch. Und?"
„Du musst mir helfen, so eins zu kaufen!"
Sirius grinste von einem Ohr zum anderen. Es war fast süß, wie sehr er sich begeisterte. Zumindest fanden das wohl ziemlich viele meiner Mitschülerinnen, die seufzend an uns vorbeiliefen und sich mit sehnsuchtsvollen Blicken zu Sirius kokett durch die Haare strichen.
Doch er hatte nur Augen für die schwarze Maschine auf dem Papier.
„Moment." Ich blieb mitten auf dem Flur stehen. „Ich soll dir helfen ein Motorrad zu kaufen? Hast du sie noch alle?!"
Vor meinem geistigen Auge tauchten eine Millionen Szenen von verschiedenen Verkehrsunfällen, verursacht von Sirius Black, auf.
Für einen kurzen Moment vergaß ich sogar, mich selbst zu bemitleiden und an James Potter zu denken.
Das Bild von Sirius auf einem Motorrad war einfach zu absurd.
Er selbst schien das nicht zu finden. Stattdessen nickte er begeistert.
„Ausgeschlossen." Ich setzte meinen Weg Richtung Große Halle fort.
Sirius rannte mir hinterher und stellte sich vor mich. Als ich keine Anstalten machte, stehenzubleiben, lief er rückwärts, und hielt mir dabei verzweifelt den Katalog vor die Nase.
„Bitte, bitte, Lily! Du musst mir ja gar kein Geld geben oder so, du musst mir nur helfen, den richtigen Betrag zu finden! Ich hab doch keine Ahnung von Muggelgeld."
Ich schnaubte und schlug seine Hand weg.
Er setzte einen Hundeblick auf und schaute aus großen grauen Augen zu mir herunter.
„Och biiitte, Lily!"
„Nein, Sirius! Es ist absolut unverantwortlich, dich mit einem Motorrad auf die Straße zu lassen! Du weißt doch noch nicht einmal, wie man fährt!"
„Aber ich kann es doch lernen!" Er wollte nicht aufgeben. Bei all seinem Eifer stolperte er über seine eigenen Füße und plumpste auf den Boden. Ich blieb stehen und schaute auf ihn hinunter. Seine Unterlippe hatte er schmollend vorgeschoben und sein schwarzes Haar war etwas zerzaust, sodass es ihm verwegen in die Stirn hing.
Jedes andere Mädchen wäre bei diesem Anblick geschmolzen.
Ich bevorzugte leider, leider einen anderen Jungen.
Aus purem Mitleid reichte ich dem Rumtreiber die Hand und zog ihn wieder auf die Füße.
„Gut, dann lern erstmal fahren. Danach kannst du gerne nochmal bei mir vorbeischauen."
Die Chancen, dass Sirius tatsächlich einen Motorradführerschein machte, gingen jawohl gegen null.
Zumindest hoffte ich das, als ich mich an den Gryffindor- Haustisch fallen ließ, um mit meinen Hausaufgaben anzufangen.
Sirius verschwand, den Katalog weiterhin verliebt anlächelnd, auf die Länderein.
Wo zum Geier hatte er dieses Ding eigentlich her?
DU LIEST GERADE
Die Regel - Lily& James Ff ✔️
FanfictionABGESCHLOSSEN Seit Jahren besteht diese eine Regel: Evans hasst Potter, Potter mag Evans. Wenn es nach Lily Evans, Einserschülerin und absoluter Lehrerliebling, geht, wird diese Regel auch niemals gebrochen werden. Doch da hat sie ihre Rechnung ohne...