Kapitel 17

8.3K 525 85
                                    

Es war so weit. Heute würde das neue Schuljahr beginnen.
Ich würde nach den zwei seltsamsten Wochen meines ganzen Lebens wieder in den Alltag von Hogwarts zurückkehren.
Um Himmels willen, ich hörte mich total melodramatisch an. Es waren zwei Wochen bei James Potter und Sirius Black gewesen, nicht bei der Queen! Es gab nicht viel zu Bedauern. Und dennoch kam ich nicht darum herum, auf dem Boden vor meinem geöffneten Koffer zu knien, das Tagebuch aufgeschlagen, und mich fragend, ob die Hassliste auf Potter nicht schon völlig veraltet war.
Er war ein Mobber gewesen, ja. Und er hatte mich alle zwei Tage nach einem Date gefragt und versucht, mich unter Dusche zu stalken.
Aber das war schon lange nicht mehr vorgekommen.
Vielleicht – aber auch nur ganz vielleicht- sollte ich tatsächlich anfangen, mir eine neue Meinung über die Rumtreiber zu bilden.
„Lily? Dein Bikini hängt noch draußen auf der Wäscheleine!", rief Sirius – oder auch James, das konnte ich nicht genau ausmachen- von unten.
„Ich komme!", antwortete ich, sprang auf und lief die Treppe herunter.
Das Tagebuch ließ ich achtlos auf dem Boden liegen.

„Sirius? Meintest du nicht, mein Bikini würde hier hängen?", fragte ich, die leere Wäscheleine betrachtend.
Sirius, der von Effie dazu verdonnert worden war, die Terrasse zu fegen, bevor wir nach Hogwarts aufbrachen, blickte auf. „Oh – ja. Prongs meinte, er bringt ihn dir."
Mir gefiel die Vorstellung von James mit meinem Bikini in der Hand nicht besonders. Heiliger Käsekuchen, was hatten die beiden nur mit mir angestellt? Ich begann schon, in jeder Handlung eine sexuelle Anspielung zu sehen.
James wollte nur nett sein, verdammt!
Oder er durchsucht oben gerade deinen Koffer nach Reizwäsche...
Würg! Was war mit der prüden Lily Evans passiert? Das waren definitiv nicht meine Gedanken. Böses Unterbewusstsein!
Ohne Eile machte ich mich auf den Rückweg zu meinem Zimmer. Ich würde das Haus der Potters vermissen. Es hatte mir hier gefallen – auch wenn das in Anbetracht meiner Gesellschaft schwer zu glauben war.
Ich kam am Esszimmer vorbei – oder sollte ich lieber Zeuge einer dramatischen Essensschlacht sagen? - und entschied mich spontan, noch einmal einen Blick hineinzuwerfen.
Erinnerungsselig streichelte ich über die Platte der Tafel. Hier hatte ich mit den Potters gegessen und danach mit Effie schreckliche Schlager gesungen.
Lächelnd schüttelte ich den Kopf.
Ve kam maunzend aus der Ecke, wo normalerweise ihr Futternapf stand. Jetzt allerdings war er irgendwo in den Tiefen meines Koffers verschwunden.
„Hey, meine Kleine", sagte ich liebevoll, während ich mich bückte und sie auf den Arm nahm. „Zeit für dich, dein neues Zuhause kennenzulernen, meinst du nicht?"
Ve äußerte sich nicht dazu. Sie gähnte und widmete sich dann einer Katzenwäsche ihrer Pfoten.
Mit ihr auf dem Arm betrachtete ich die Zaubererfotos an der Wand nochmal. Das Foto von dem pinkelnden Klein- James brachte mich wieder zum Kichern.
Merlin, wer fotografierte sowas, um es danach auch noch aufzuhängen? Wäre ich an James' Stelle, hätte ich es längst abgenommen.
Moment... abnehmen? Mir kam ein Gedanke. Vorsichtig schob ich Ve auf meinen linken Unterarm, um den anderen freizuhaben.
Ich griff nach dem Bilderrahmen und löste ihn vom Nagel. Ich konnte mein Glück kaum fassen: Die Potters hatten das Bild tatsächlich nicht mit einem Fluch an die Wand geklebt! Schön dumm von James, es nicht abzunehmen.
Aber na ja: Pech für ihn, Glück für mich.
Grinsend holte ich die Aufnahme aus dem Rahmen, um diesen wieder an die Wand zu hängen.
Sollte James sich jemals bei unseren Pflichten als Hogwarts' Schulsprecher querstellen, hatte ich nun das perfekte Utensil, um ihn umzustimmen.
Ich fühlte mich unglaublich böse.
Es war einfach himmlisch.
Diabolisch grinsend verstaute ich das Bild in meiner hinteren Hosentasche, bevor ich ohne Eile die Stufen zum Gästezimmer hochstieg.
„James?", rief ich, als ich kurz vor der angelehnten Tür angekommen war. Keine Antwort. Ich schob dir Tür auf, woraufhin Ve sofort von meinen Armen sprang und schnurrend um James' Beine strich.
Ich lächelte etwas. Sie vergötterte ihn geradezu, vermutlich, weil er sie gerettet hatte.
Als ich in James' Gesicht blickte, erlosch mein Lächeln sofort.
„Was ist los?", fragte ich schockiert. So hatte ich James zuletzt gesehen, als Snape den ersten Zaubertrank, der James wirklich gut gelungen war, „ganz ausversehen" umgestoßen und auf dem Kellerboden verteilt hatte.
Seine Augen, die sonst so freundlich und schalkhaft funkelten, waren eiskalt. Eine Mischung aus Wut, Hass und bodenloser Enttäuschung spiegelte sich darin.
Meine Augen fanden das rote Buch in James' Händen. Ich schnappte nach Luft.
„Du hast in meinem Tagebuch gelesen?!", fragte ich schrill.
„Es lag aufgeschlagen auf dem Boden", verteidigte James sich merkwürdig emotionslos. „Ich wurde neugierig, weil mein Name dort stand."
Er warf mir einen verächtlichen Blick zu.
Die Hassliste.
Ich schauderte bei dem Gedanken.
Bitte, lass ihn sie nicht gelesen haben ... natürlich hat er sie gelesen, die Seite war aufgeschlagen... er wird mich hassen ... ach, ich dachte das könnte dir egal sein?
Ich versuchte, meinen inneren Monolog unter Wut zu begraben.
„Was fällt dir ein, in meinen privaten Sachen rumzuschnüffeln?! Und ich dachte, diese Stalkerei hätte aufgehört!"
„Das wird sie jetzt ganz sicher, verlass dich drauf!", schrie James zurück, der sofort auf meinen Zorn reagierte. „Das siehst du also in mir, Lily? Das?!" Erhitzt deutete er erst anklagend auf die Liste, dann auf mich. Ich wollte ihm das Buch aus der Hand schnappen, doch er hielt es hoch, sodass ich keine Chance mehr hatte.
„Ich habe dich bei mir Zuhause aufgenommen, ich habe jeden Slytherin das Fürchten gelehrt, wenn er dich im Zusammenhang mit dem Wort „Schlammblut" erwähnt hat, ich habe mit der Date-Fragerei aufgehört, als ich merkte, dass es dich stört, ich habe nie über dich gelästert, wie es die anderen tun, von wegen „Schaut sie euch an, diese Streberin", ich hätte alles für dich getan ... und du nimmst dir die Frechheit heraus, so etwas über mich zu behaupten. Wie konnte ich nur all die Jahre denken, du wärst das kluge, selbstlose Mädchen, dass ich in dir gesehen habe? Wie konnte ich nur so blind sein!" Ein höhnisches Lachen verließ seine Kehle.
„Ich hatte wenigstens den Mut, mich zu ändern, für eine Person, die ich wirklich liebte. Aber dass Lily Evans' Ansichten mal nicht stimmen könnten ... darüber hast du nie nachgedacht, oder?"
Ich hasste diesen Moment. Ich hasste es, wie er meinen Namen ausspuckte, ich hasste seine Haltung, abweisend und darunter einfach nur ... verletzt.
„James, ich-"
„Raus", befahl er, gefährlich leise.
„James, bitte", flehte ich.
„Verlass sofort mein Haus!", brüllte er mich an. Ich zuckte zusammen. Noch nie hatte er mir so viel Angst gemacht wie jetzt. Er wirkte so groß und kräftig, aber nicht auf attraktive Weise, sondern auf furchteinflößende.
Ohne ein weiteres Wort klappte ich zitternd meinen Koffer zusammen, schmiegte Ve an mich, die genauso ängstlich und erschüttert schien wie ich, und verließ das Anwesen der Potters. 


Oh Mann ;( Sorry Leute, aber das musste sein. 
Ich hoffe, ihr hasst mich nicht zu sehr nach diesem Kapitel <3


Die Regel - Lily& James Ff ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt