Kapitel 20

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Der nächste Tag war... schwierig.
Ich hatte verschlafen, da ich mir gestern keinen Wecker gestellt hatte, und so musste ich mit leerem Magen zum Unterricht gehen- und das mit einem überaus schlecht gelaunten James Potter.
Eben genannter hatte nämlich ebenso verschlafen, und würde vielleicht immer noch im Bett liegen, hätte ich ihn nicht rauskatapultiert. Dabei hatte ich sein Passwort für die Tür nur allzu leicht erraten – „Quidditch".
Ich hatte keine zwei Versuche gebraucht.
Ob er es inzwischen geändert hatte, wusste ich nicht, doch ich war mir sicher, dass ich mein Passwort mindestens einmal im Monat ändern würde – auch wenn die Chancen ziemlich gering standen, dass James jemals auf die Idee kommen würde, sich vor meine Zimmertür zu stellen und „geriebene Affodillwurzel" zu sagen.
Na ja – im Großen und Ganzen war er momentan sowieso der letzte Mensch, der freiwillig in meine Nähe kommen wollte. Das wiederum machte mir schlechte Laune.
Was erwartete er denn von mir? Dass ich ihm hinterherlief, wie er es die letzten Jahre bei mir gemacht hatte? Ich war die, die ihn hassen sollte, nicht andersrum!

Umso glücklicher war ich, als wir in den düsteren Kerkern des Schlosses angekommen waren. Unser erstes Fach heute bestand aus einer Doppelstunde Zaubertränke (das hatten wir von Mary erfahren, wir selbst hatten beim Frühstück, als die Stundenpläne ausgeteilt wurden, ja gefehlt. Ein Glück, dass meine Freundinnen so mitdachten: Im Gegensatz zu James' Freunden hatten sie mir meinen Stundenplan mitgebracht).
Ich war kein großer Fan der Kerker, Zaubertränke fand ich aber dafür sehr interessant. Dieser Zweig der Magie wird ohne Zaubertstab ausgeführt und ist trotzdem genauso mächtig wie ein Fluch, vielleicht sogar noch mächtiger.
Erleichtert seufzend ließ ich mich neben Dorcas auf einen freien Platz fallen.
„Du glaubst nicht, wie seltsam...", begann ich, wurde jedoch sogleich von ihr unterbrochen.
„Tut mir leid, Lily", sagte sie und deutete nach vorne auf die Tafel, „aber wir haben dieses Jahr einen Sitzplan, da Slughorn uns das ganze Jahr über partnerweise arbeiten lassen will. Die Partner musste natürlich er raussuchen" – hier rollte sie mit den Augen- „und wegen des gemeinsamen Arbeitens und so musst du eben neben deinem Partner sitzen."
Ich warf einen Blick nach vorne. Neben Dorcas' Namen stand selbstverständlich nicht „Lily", sondern der Name eines Slytherins.
„Andrew Millert?", las ich vor. „Mein Beileid."
„Ich will ja nichts sagen, Lily", erwiderte Dor mit einem mitleidigen Blick, „aber du tust mir da mehr leid."
„Was meinst du?" Rasch überflog ich den Sitzplan, bis ich an meinem Namen hängen blieb. „Severus Snape" stand in ordentlichen Blockbuchstaben daneben.
Konnte man mich nicht gleich in ein Loch legen und sterben lassen?!
Dieser Tag hatte ja schon beschissen begonnen, aber das war selbst für mein Pech etwas zu dick aufgetragen.
„Halleluja", murmelte ich. „Meinst du es ist zu spät, mich noch krankzumelden?"
Dor zuckte mit den Schultern. „Früher oder später musst du sowieso neben ihm sitzen. Und falls dich das irgendwie aufmuntert: Potter sitzt neben dieser unausstehlichen Slytherin, die immer nach Hundefutter riecht."
Tatsächlich gab mir das ein wenig Auftrieb.
Missmutig schleppte ich mich in die hintere Ecke des Klassenraums und ließ mich neben den fahl wirkenden Jungen fallen, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
Sofort stieg mir der Geruch eines Menschen in die Nase, der seine Freizeit fast ausschließlich mit der Nase über Kesseln verbringt, in denen er fragwürdige Substanzen fabriziert und dabei keine Zeit findet, sich die Haare zu waschen.
Würg.
Wenn ich nicht aufpasste, würden sich dieses Jahr wenig Zaubertränke in meinem Kessel befinden – sondern eher der Inhalt meines Magens.
Snape neben mir räusperte sich leise, und als ich nicht reagierte noch einmal, diesmal etwas lauter. Langsam drehte ich meinen Kopf in seine Richtung, wobei ich es zu vermeiden versuchte, meinen Oberkörper ebenfalls ihm zuzuwenden.
Snapes Blick aus kalten, schwarzen Augen war direkt auf mich gerichtet.
Ganz der gruselige kleine Stalker. So peinlich es auch sein mag, ich bekam eine Gänsehaut.
„Was?", fragte ich ausdruckslos. Er öffnete den Mund, doch wenigstens dieses eine Mal hatte Merlin Mitleid mit mir: Das höchstwahrscheinlich folgende Gespräch wurde mir erspart, da in diesem Moment Slughorn den Raum betrat und uns alle – insbesondere mich- mit einem strahlenden Lächeln begrüßte.
„Guten Morgen und einen schönen Start ins neue Schuljahr euch allen", schmetterte er gut gelaunt durch das Klassenzimmer.
Hust, hust. Danke auch. Den „guten Start ins neue Schuljahr" konnte er sich sonst wohin schieben.
„Ich dachte mir, dass wir zur Feier des Tages mit einem hoffentlich lustigen Thema starten: Ihr dürft einfach brauen, worauf ihr Lust habt, solange es in unser nächstes Stoffgebiet passt: Gefühle, Emotionen, sowas alles. Oh, und wie ihr sicherlich schon mitbekommen habt, habe ich mir dieses Jahr die Freiheit genommen, euch festen Partnern zuzuteilen, da es leichter ist, wenn wir sie nicht jede Stunde neu finden müssen. Ich hoffe, ihr seid nicht allzu böse darüber."
Neiiin, gar nicht.
„Also: Auf geht's!" Slughorn klatschte in die Hände und sofort brach munteres Geschwätz im Klassenraum aus, da jeder mit seinem Partner besprach, welchen Trank sie brauen würden.
Widerwillig wandte ich mich wieder Snape zu.
„Wir könnten mit dem „Gute- Laune- Macher" starten", kam es von Snape wie aus der Pistole geschossen. Bei Merlin, der kleine Streber hatte bestimmt schon den ganzen Stoff der siebten vorgebraut. Warum hasste mich das Universum so? Snape war ein verdammtes Ass in Zaubertränke, vermutlich würde er mich versklaven und mir nur leichte oderunangenehme Aufgaben überlassen, wie das Zerhacken von Flubberwürmern.
Und es kam ja noch besser: Was für eine Ironie des Schicksals die Wahl des Tranks doch war. Vielleicht sollte ich unser Gebräu am Ende in einem Schluck trinken.
Ich nickte dem Slytherin neben mir knapp zu, bevor ich mein Buch aufschlug und nach besagtem Trank suchte.
„Du könntest die obere Hälfte der Zutaten vorbereiten und ich die untere", schlug ich Snape vor, wobei ich ihn keines Blickes würdigte.
Keine Antwort. Ich drehte mich zu ihm. Er war schon wieder damit beschäftigt, mich gruselig anzustarren. Versuchte er meine Gedanken zu erraten oder was?
Abwartend zog ich eine Augenbraue hoch. Für einen kurzen Moment sah er so aus, als wolle er etwas sagen, doch dann fiel sein Blick auf etwas über meiner Schulter, und er nickte nur stumm, bevor er begann zu arbeiten.
Neugierig darauf, was ihn abgelenkt hatte, drehte ich mich nach links.
Ich blickte direkt in James' haselnussbraune Augen. Heiliger Kesselkuchen, da hatte aber jemand ebenso den „Gute-Laune- Macher" nötig.
James durchbohrte Snape quasi mit seinem Blick, einen nahezu mörderischen Ausdruck auf dem Gesicht. Was war denn jetzt schon wieder sein Problem? Ich warf ihm einen „Was ist falsch mit dir?!"- Blick zu, woraufhin er seine Aufmerksamkeit auf mich richtete. Ganz kurz lag etwas anderes als Ablehnung in seinen Augen, doch es war so schnell wieder verschwunden, dass ich nicht ausmachen konnte, was es gewesen war. Alles, was ich zur Antwort bekam, war ein verächtliches Kopfschütteln, dann wandte James sich ab.
Verstehe einer diesen Jungen.
Da waren wohl ein paar Klatscher zu viel am Werk gewesen.

Awww, Leute :( 
Ich hasse diese Streitphase zwischen den beiden, aber na ja... Lily ist eben keine Blitzmerkerin, hehe😉
PS: Danke, danke, danke für die lieben Kommentare❤️Die motivieren mich immer wieder...;)

Die Regel - Lily& James Ff ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt