Nachdem James und ich uns ausgesprochen hatten, schien es ihm leichter zu fallen, mit der Situation umzugehen.
Er wurde zwar den gesamten Tag über immer wieder darauf angesprochen, doch meist reagierte er mit einem schlagfertigen Spruch, einem Lachen oder auch gar nicht.
So locker er auch mit allem umzugehen schien, ich wusste, dass es ihn dennoch anstrengte, und so schickte ich James entschlossen zum Quidditchtraining, damit er den Kopf freibekommen konnte, obwohl er angeboten hatte, es mal sausen zu lassen, um Zeit mit mir zu verbringen.
Ich wusste das Angebot zu schätzen, doch mir war klar, dass er sich auspowern musste und Marlene würde es ebenso guttun, mal auf andere Gedanken zu kommen.Das alles bedeutete allerdings nicht, dass es mir gefiel, wie so oft allein in unserem Apartment herumzustreunen.
Ich spielte mit Ve, bis diese müde wurde und sich auf dem Sofa zusammenrollte, dann machte ich mir einen Kakao und döste ein bisschen, bis ich lustlos auf und zu gehen begann.
Sollte ich auf James warten, ja oder nein?
Wie jeden Abend war dies die alles entscheidende Frage.Seufzend verzog ich mich in James' Zimmer und setzte mich an den Schreibtisch, der vor der großen, gläsernen Wand stand, die tagsüber einen fantastischen Blick nach draußen bot.
Jetzt war es bereits zu dunkel, um noch etwas erkennen zu können, aber ich bildete mir ein, ein paar rote Umhänge in weiter Ferne flattern zu sehen.
Ich verschränkte die Arme auf der Tischplatte und bettete meinen Kopf darauf.
Mit einem Finger malte ich die Maserung des Holzes nach, wobei ich gegen diverse Pergamentblätter stieß und die Karte des Rumtreibers zur Seite schob.
Unter ihr kam ein kleines Büchlein zum Vorschein.Es hatte einen schwarzen, schlichten Ledereinband und wirkte ganz unscheinbar, wie ein Hausaufgabenheft oder ein Terminkalender.
Mit einem Mal war meine Müdigkeit verflogen und ich setzte mich neugierig auf, um das Büchlein in die Hände zu nehmen.
Die Oberfläche fühlte sich ganz kühl und glatt und irgendwie geheimnisvoll an.
Mir war klar, dass ich nach der Aktion mit dem Foto besser die Hände von James' Sachen lassen sollte.
Doch ich konnte nichts dagegen tun, dass sich in meinem Kopf gerade lauter Sätze bildeten, die mit einem großen „Aaaaaaber..." anfingen:
Aber er hat damals auch mein Tagebuch gelesen.
Aber es könnte sich tatsächlich nur um einen Terminkalender handeln.
Aber ich bin verdammt neugierig.Wem machte ich hier etwas vor? Ich würde meine Nase sowieso nie wieder aus James' Angelegenheiten nehmen können.
Also schob ich mein schlechtes Gewissen geradewegs beiseite und schlug die erste Seite des Buches auf.Eigentum von James Potter
Streng geheim!war dort zu lesen.
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass der halbwegs erwachsene James „streng geheim" in ein Tagebuch schreiben würde, wo es doch viel wirkvollere Schutzzauber gab.
Und die Schrift wirkte auch noch etwas krakelig und unförmig, woraus ich schloss, dass James dieses Buch schon vor langer Zeit angefangen haben musste.
Sehr süß.
Und sehr, sehr dumm.
Ich blätterte weiter.Auf den ersten Seiten waren größtenteils hastige Zeichnungen zu sehen, neben denen kleine Schlachtpläne zu lesen waren. Jede einzelne trug einen Titel, sowas wie „Filchs Katze entführen" oder „Mulcibers Brille im Klo runterspülen".
Ich musste grinsen. Anscheinend waren das die ersten Streiche der Rumtreiber gewesen.
Ich erinnerte mich noch genau, wie wütend ich damals immer auf die Jungs gewesen war, wenn mal wieder jemand einen verlorengeglaubten Gegenstand suchte und sie, als die ganz klaren Übeltäter, kichernd danebenstanden.
Ich vermutete, dass diese Pläne aus unserer Erstklass- Zeit stammten.
Lustig, aber nicht sonderlich interessant.So blätterte ich weiter Seite für Seite um und schwelgte in Erinnerungen, als ich plötzlich stockte.
Die nächste Seite zeigte keine Zeichnung und trug auch keinen Titel.
Stattdessen stand dort als Überschrift: Hi Evans!
Und darüber ein Datum: 4. Februar 1972.
Warum zur Hölle hatte James in der zweiten Klasse an mich geschrieben?
Wir hatten uns damals nicht ausstehen können.
Ich zögerte. Sollte ich das wirklich lesen?
Andererseits war es ja direkt an mich adressiert. Ich fand, dass ich ein Recht darauf hatte, zu erfahren, was James mir damals hatte sagen wollen.
Bevor ich es mir anders überlegen konnte, war ich auch schon in die kritzeligen Zeilen des jungen James Potter vertieft.
DU LIEST GERADE
Die Regel - Lily& James Ff ✔️
FanfictionABGESCHLOSSEN Seit Jahren besteht diese eine Regel: Evans hasst Potter, Potter mag Evans. Wenn es nach Lily Evans, Einserschülerin und absoluter Lehrerliebling, geht, wird diese Regel auch niemals gebrochen werden. Doch da hat sie ihre Rechnung ohne...