Kapitel 109

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Die ersten Monate des neuen Jahres vergingen wie im Flug.
Ständig gab es irgendwelche Tests, für die wir zu lernen hatten, nebenbei bekamen wir Unmengen an Hausaufgaben aufgetischt und James verbrachte die restliche Zeit im Training, bis ich einen regelrechten Hass auf Quidditch entwickelt hatte und anfing, mich an seine Beine zu klammern, wenn er wieder nach draußen wollte.

Ende Januar feierten wir meinen 18. Geburtstag, wobei Sirius es sich nicht nehmen ließ, mich auf eine Spritztour auf seinem Motorrad mitzunehmen (Was er im Nachhinein bereute, da wir einer gewissen Amanda begegneten, die mich fälschlicherweise als Sirius' Freundin identifizierte und daraufhin bis über alle Berge verschwand).

Mary und Dorcas mussten anfangs mit einigen dummen Sprüchen und weniger harmlosen Aktionen zurechtkommen, doch sie hielten allem stand und gingen nun ganz offen mit ihrer Beziehung um - manchmal sogar ein wenig zu offen, bis es sogar Marlene zu viel wurde und sie sich zu Hugo rettete.

Außerhalb von Hogwarts spitzte sich der Zaubererkrieg immer weiter zu. Manchmal lag ich nächtelang wach und machte mir Sorgen um meine Zukunft, denn als Muggelstämmige standen meine Überlebenschancen nicht allzu hoch.
Ich wusste, dass James mit seinen Gedanken beim selben Thema war - ständig schrieb er Briefe an seine Eltern und saß dann tagelang wie auf Kohlen, bis er eine Antwort bekam.
Vielleicht stürzte er sich deshalb so ins Training.
Wir alle brauchten viel Ablenkung in dieser Zeit und so war ich beinahe dankbar für den Schulstress.
Sirius' Art der Ablenkung drückte sich in Form von sehr viel Feuerwhiskey aus - so fanden wir ihn am Morgen nach James' 18. Geburtstag in unserer Badewanne vor.
Und das in Damenunterwäsche.

Ende März trudelte außerdem eine Einladung zu Petunias und Vernons Hochzeit ein.
Ich hatte mir zwar fest vorgenommen, nicht hinzugehen und die Sache mit Petunia abzuhaken, doch im Endeffekt ging ich natürlich trotz allem hin.
Allerdings nur in der Begleitung von James.
Es lief nicht sonderlich gut.
Auch wenn ich es nicht anders erwartet hatte, verletzte es mich, als mir klar wurde, dass nicht ich, sondern irgendeine von Petunias Freundinnen ihre Brautjungfer sein würde.
Allerdings hatte ich nicht erwartet, dass weder Petunia noch Vernon kein einziges Wort mit uns wechseln würden. Im Prinzip standen James und ich die gesamte Feier über verloren am Rand herum und bekamen schiefe Blicke zugeworfen, da niemand so genau wusste, wer wir überhaupt waren.
Die darauffolgende Nacht verbrachte ich damit, James' neuesten Quidditch- Hoodie vollzuheulen.
Von Petunia hörte ich nie wieder etwas.

Inzwischen hatten wir Anfang April und es wurde so langsam Frühling.
Trotzdem war es meiner Meinung nach immer noch zu kalt, um die ganze Nacht bei geöffnetem Fenster zu schlafen - was ein guter Grund war, mal wieder in meinem eigenen Zimmer und nicht bei James zu schlafen.
Der wahre Grund war allerdings, dass ich schmollte.

Ich war gestern bis Mitternacht aufgeblieben und hatte auf James' Rückkehr vom Quidditchtraining gewartet, doch der Idiot hatte spontan beschlossen, noch einen Nachtrundflug auf seinem Besen zu unternehmen und war erst viel später gekommen.
Vielleicht war es ein wenig kindisch, aber als James schließlich durch das Porträt geklettert war, war ich demonstrativ aufgestanden und hatte meine Zimmertür hinter mir zugeknallt.
Es war kein Problem, wenn er mal Zeit für sich brauchte oder länger wegblieb, ohne mir Bescheid zu sagen. Doch der springende Punkt war, dass ich schon seit Wochen ständig umsonst auf ihn wartete oder versetzt wurde.
Quidditch war so etwas wie James' Affäre geworden.

Jedenfalls wachte ich mit dem befriedigend bösen Gedanken auf, James heute auch mal völlig zu ignorieren.
Er war derjenige, der mir jahrelang hinterhergelaufen war, nicht andersrum.
Ich würde ihm nicht hinterherrennen, wenn er meinte, seine Sportart über mich stellen zu müssen.
Pfff!
Voller Schadenfreude schwang ich die Beine aus dem Bett, stand auf und streckte mich ausgiebig.
Ich musste zugeben, dass es sich seltsam anfühlte, nicht neben James aufzuwachen.
Noch seltsamer war es, dass mir mein eigenes Zimmer völlig fremd erschien.
Ich sollte definitiv wieder mehr Zeit mit mir selbst in meinen vier Wänden verbringen.

Gähnend ließ ich mich auf den Schreibtischstuhl fallen und kramte ein wenig in den Schubladen herum.
Auf der Tischplatte hatte sich bereits eine Staubschicht gebildet.
Ich bekam fast ein schlechtes Gewissen bei dem Gedanken daran, dass die Schule mir ein eigenes Zimmer zur Verfügung stellte und ich es nicht nutzte - wo alle anderen sich einen Schlafsaal teilen mussten.
Während ich alte Hausaufgaben und kaputte Federkiele aussortierte, fiel mir plötzlich ein Foto in die Hände.
„Was zur Hölle...?", murmelte ich.
Es war ein schwarzweißes Zaubererfoto, das einen Jungen zeigte, der in einen See pinkelte und dabei einen genervten Blick Richtung Kamera warf.
See und Junge kamen mir ziemlich bekannt vor.
Der genervte Blick irgendwie auch.

Ich runzelte die Stirn und durchforstete mein Gehirn auf der Suche nach einem Indiz dazu, wie ich in Besitz dieses Bildes gekommen war.
Ich war mir sicher, dass ich keinen kleinen nackten Jungen beim Pinkeln fotografiert hatte.
Ich war vieles, aber ganz sicher nicht pädophil.
Erst nach einiger Zeit fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Das Foto zeigte James, oder zumindest James als Miniversion.
Ich hatte das Bild mitgehen lassen, nachdem ich den Sommer mit den Jungs verbracht hatte.
Als späteres Erpressungsmittel oder so.

Nachdenklich drehte ich die Fotografie in meinen Händen und musste grinsen.
Das Bild war schon ziemlich peinlich.
Und das mit der Erpressung gar keine schlechte Idee.
Wenn James keine Zeit mit mir verbringen wollte, musste man ihm eben zu seinem Glück verhelfen.
Ich würde es ihm heute Abend zeigen und nur zurückgeben, wenn er versprach, seinen Quidditch-Konsum einzuschränken.

Ein lautes Poltern aus unserem Wohnzimmer ließ mich zusammenzucken.
Ich fuhr herum, genau in dem Moment, in dem jemand das Passwort zu meinem Zimmer brüllte und quasi durch die Tür gefallen kam.
„Dorcas? Was ist passiert?", fragte ich meine Freundin, die völlig außer Atem war, verwirrt.
Sie hob einen Zeigefinger und bedeutete mir zu warten, bis sie wieder genug Luft zum Sprechen hatte.
Keuchend stemmte sie die Hände in die Hüften und schloss die Augen.
„Bist du einen Marathon gelaufen oder ist deine Kondition einfach nur echt beschissen?", fragte ich amüsiert, während Dorcas' Gesichtsfärbung langsam wieder von rot zu hautfarben wechselte.
„Haha", grummelte sie verärgert. „Was kann ich dafür, dass ich Kuchen lieber mag als kilometerlanges Laufen? Außerdem muss ich mich erst noch von einem Schock erholen."
„Was denn für ein Schock?", hakte ich mit gerunzelter Stirn nach.
Dorcas legte sich theatralisch eine Hand an die Stirn und imitierte sehr treffend Marlenes weinerlich Stimme: „Und dann hat er gesagt, dass er eben eine andere liebt und mich leider verlassen muss!"
Ich riss die Augen auf. „Was?!"
Dorcas nickte so düster, als würde sie mir die Nachricht des bevorstehenden Weltuntergangs übermitteln. „Hugo hat mit Marls Schluss gemacht. Absolute Krise. Du wirst dringend beim Frühstück gebraucht. Mary und ich halten das nicht aus."
Ich nickte verstehend und raffte hastig mein Schulzeug zusammen.
Das Bild des kleinen James verschwand dabei ebenfalls zwischen ein paar Pergamentrollen in meiner Tasche.

So Freunde,
Ich hoffe, ihr nehmt es mir nicht übel, dass ich um die vier Monate ein bisschen abgekürzt habe ... Und dabei auch Petunias Hochzeit nicht ausformuliert habe.
Aber ich hatte irgendwie keine Lust auf Drama und Petunia und Vernon sind echt nichts für schwache Nerven.
Außerdem kommt jetzt noch genug Drama auf uns zu...
MUHAHAHAHAHAHA!
Okay, bis Donnerstag 😇
Karla 🌎

Die Regel - Lily& James Ff ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt