Kapitel 95

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Endlich war es so weit: Weihnachten war da.
James weckte mich am Morgen des 25. Dezembers mit einem Kuss auf die Stirn und hielt mir ein sehr unförmiges Päckchen hin.
Noch halb verschlafen nahm ich es entgegen und versuchte, das Papier aufzureißen, ohne dabei mehr als meine Hände und meinen Kopf unter James' warmer Bettdecke hervorgucken zu lassen (wie immer war es eiskalt in seinem Zimmer, da er sich weiterhin weigerte, das Fenster nachts zu schließen).
Ich war beim Geschenke auspacken ungefähr genauso wenig talentiert wie James beim Einpacken, sodass ich kurz vor einem Wutanfall stand, als ich das Papier dann doch endlich runterbekam („James, ist ja süß, dass du mir was schenkst, aber musstest du einen Klebefluch verwenden?!").

Meine Augen wurden kugelrund, denn James hatte mir tatsächlich neue rote Chucks besorgt, und das in der richtigen Größe.
Ich hielt die Luft an und starrte mit großen Augen zu meinem Freund auf, der schon fertig angezogen am Bettrand stand und nervös meine Reaktion verfolgte.
Seine Hand fuhr wie so oft unkontrolliert durch sein Haar, eine Angewohnheit, die ich inzwischen liebgewonnen hatte.
„Ähm ... Ich weiß, am Weihnachtsmorgen gibt es eigentlich gefüllte Strümpfe und so ... Und vielleicht hätte ich dir lieber eine Kette oder so schenken sollen, wie das unter Pärchen sonst so der Fall ist, aber ich dachte du liebst deine Schuhe so sehr und sie gehen langsam kaputt, aber wenn du doch lieber eine Kette willst, dann..."
„James!", unterbrach ich ihn warnend.
Es war einfach zu früh am Morgen für einen unsicheren James Potter.
„Ich liebe diese Schuhe und ich bin dir unfassbar dankbar. Ketten mag ich nicht besonders. Außerdem sind wir doch sowieso nicht wie alle anderen Pärchen."
James grinste mich erleichtert an. „Das dachte ich mir auch."

Ich lächelte zurück, gähnte, und rieb mir über die Augen.
„Wäre aber schon toll gewesen, wenn es noch eine Tafel Schokolade zusätzlich gegeben hätte", gab ich zu bedenken, wobei ich James zuzwinkerte, damit er verstand, dass es nur ein Spaß war und er keinen Herzinfarkt bekommen oder einen nächtlichen Ausflug zum Honigtopf planen musste.
Was allerdings keine schlechte Idee gewesen war.
James hob entschuldigend die Hände.
„Es gibt an Weihnachten doch eh immer viel zu viel zu Essen."
Ich hob eine Augenbraue, während ich mich fröstelnd aus der Bettdecke schälte.
„War das ein unterschwelliges ‚Keine Schokolade für dich, weil du sowieso schon total viel frisst und sonst fett wirst'?", fragte ich.
„Nein, aber vielleicht war das ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass du mehr Sport machen solltest."
Empört starrte ich James an, bis er seine Bemerkung grinsend zurücknahm.

„Pfff", grummelte ich, immer noch beleidigt, als ich ins Bad stapfte.
Sicherheitshalber checkte ich im Badezimmerspiegel aber doch nochmal ab, ob ich zugenommen hatte (was nicht der Fall war. Und im Grunde startete ja gerade die Hoodie-Saison).

Später, nachdem wir Ve gefüttert und ein bisschen Zeit gemeinsam auf dem Sofa verbracht hatten, schlenderten James und ich Hand in Hand in die Große Halle, wo schon die restlichen Rumtreiber so wie Mary, Dorcas und Marlene an einem Fleckchen versammelt waren und fröhlich Geschenke austauschten, wobei sie alle übers ganze Gesicht strahlten und nicht selten in lautes Gelächter ausbrachen.
Irgendwie rührte mich der Anblick all meiner Freunde, der neuen sowie der langjährigen, zutiefst und ich konnte nicht verhindern, dass meine Augen ein wenig feucht wurden bei dieser Szene.
Im Grunde doch die perfekte, selbst zusammengestellte Familie, um Weihnachten zu feiern.
Kurz flammte ein beißender Schmerz in meiner Brust auf, als ich daran denken musste, dass dies das erste Weihnachtsfest ohne meine Eltern war, doch ich schob den Gedanken energisch beiseite.
Heute war ein Tag zum Feiern und meine Eltern hätten sicher nicht gewollt, dass ich mit miesepetrigem Gesicht meinen Freunden ihr Fest verdarb.

Also gesellten James und ich uns zu den anderen.
Hier reichte auch ich James mein Geschenk herüber, das sehr sorgfältig verpackt war und sich somit ohne Schwierigkeiten öffnen ließ.
Ich hatte nicht wirklich eine Ahnung gehabt, was ich James zu Weihnachten schenken sollte, doch als Dumbledore James und mir eine Strafarbeit verhängt hatte, hatte mich das auf eine Idee gebracht, und so hatte ich McGonagall darum gebeten, die Akte mit den verteilten Strafarbeiten der letzten sieben Jahre ansehen zu dürfen.
Am Ende hatte ich es geschafft, jegliche bisherigen Streiche der vier Rumtreiber in einem dicken Notizbuch in ordentlicher Schrift zusammenzufassen, teils auch mit Beweisbildern versehen und immer mit der dazugehörigen Strafe oder Verletzung darunter.

Die Regel - Lily& James Ff ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt