Kapitel 2

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Emma

Als ich an diesem Weihnachtsmorgen aufwachte, war ich direkt aufgeregt. Dieses Weihnachten würde so anders werden, als alle anderen bisher, denn Felix hatte mich tatsächlich dazu gebracht ihn zu seinen Eltern zu begleiten. Und das war ein ganz schön großer Schritt für mich. Das würde bedeuten, dass auch seine Familie wissen würde, dass es ernst war zwischen uns. Und das war es. Ich griff nach meinem Handy und scrollte durch meine Kontakte, bis ich den einen fand, den ich vor knapp drei Wochen blockiert hatte. Aber ich brachte es nicht übers Herz, Wincent keine schöne Weihnachten zu wünschen. Also schrieb ich schnell eine Nachricht- ich wusste er würde sie um diese Uhrzeit eh nicht lesen- und blockierte ihn danach direkt wieder. Ich wollte weder seine Antwort lesen, noch die ganzen Nachrichten, die er mir seit dem Abschlusskonzert geschrieben hatte. Und das waren einige, wie ich feststellte. Aber das war vorbei! Ich legte mein Handy wieder weg und drehte mich zu Felix und begann ihn wach zu küssen. „Guten Morgen, Schatz", säuselte ich und strich ihm durch die Haare. Langsam öffnete er seine Augen und zog mich zu sich. Sein warmer Körper an meinem würde mich binnen Sekunden wieder einschläfern, aber wir hatten keine Zeit. Schließlich mussten wir noch nach Stuttgart fahren. „Ich mach Frühstück", meinte ich und rollte mich aus dem Bett. Ich zog mir sein Shirt über und suchte mir meine Klamotten zusammen, die wir gestern im halben Schlafzimmer verteilt hatten. Er pfiff mir nach, als ich so knapp bekleidet aus der Tür ging. So ein Spinner, dachte ich und rollte mit den Augen. Ich machte mich ans Frühstück, während Felix im Bad verschwand und packte nebenbei noch die letzten Sachen in meine Tasche. Ich stand gerade an der Kaffeemaschine, als sich Felix' starke Arme um mich schlossen. „Guten Morgen, Schatz", flüsterte er in mein Ohr und verteilte sanfte Küsse an meinem Hals. Ich wollte mich schon zu ihm umdrehen, aber das ließ er nicht zu. „Ich hab was für dich", sagte er und stellte er eine kleine Schachtel vor mir auf die Anrichte. Sofort klopfte mein Herz mir bis zum Hals. „Ich will das nicht vor meiner Familie machen, deswegen muss ich dein Geschenk ein bisschen vorziehen", sprach er weiter und ich musste schlucken.

Was wird das?, dachte ich nur. Langsam löste ich die Schleife und gefühlt in Zeitlupe öffnete ich die Schachtel. Ich wusste nicht, was mich erwarten würde. Zum Vorschein kam ein Schlüssel mit einem braunen Lederband dran, auf dem unsere Namen eingraviert waren. Ganz peilte ich es immer noch nicht. „Ich wollte dich fragen, ob du bei mir einziehen willst?", fragte Felix leise und drehte mich langsam zu sich um. Unsicher sah er mir in die Augen. Ich musste augenblicklich lächeln. „Ja, ich will", sagte ich und strich ihm über die Wange. Er war so süß, wenn er so schüchtern und unsicher war. Er strahlte mich an und drückte mir einen langen Kuss auf die Lippen. „Puh...wie soll das erst werden, wenn ich dir die Frage aller Fragen stellen muss?", murmelte er in mein Ohr. Alles in mir zog sich zusammen, als seine Worte bei mir ankamen. „Dafür ist ja noch Zeit...", erwiderte ich und bemühte mich um Lockerheit. Daran hatte ich bisher keinen einzigen Gedanken verschwendet- und das war auch gut so. Wir sollten erstmal probieren, wie das Zusammenleben so funktioniert, bevor wir über alle weiteren Schritten nachdenken sollten. Ich löste mich aus seinem Griff und sah ihm nochmal in die Augen. „Ich liebe dich", flüsterte ich und Felix lächelte. „Ich dich auch, Schatz", erwiderte er und strich mir über die Wange. Nach dieser emotionalen Achterbahnfahrt am frühen Morgen, brauchte ich dringend einen Kaffee und ein vernünftiges Frühstück. Wir verarbeiteten alles, was sich noch so im Kühlschrank befand, schließlich würden wir erst nach den Feiertagen wieder zurück sein. Zum bestimmt zehnten Mal checkte ich nun schon meine Tasche. „Haben wir alles?", fragte ich mehr mich selbst, als Felix, aber er antwortete mir trotzdem. „Ja, du hast jetzt zig mal in deine Tasche geschaut, alle Lampen sind aus und die Kaffeemaschine ausgesteckt. Wir kommen doch wieder, Schatz", schmunzelte er und schob mich aus der Tür. Kontrolle abgeben war noch nie so meine Stärke. Ich ließ mich auf den Beifahrersitz fallen und stellte direkt die Heizung an- es war eiskalt geworden. Felix tippte die Adresse ins Navi, bevor wir losfuhren.

Je weiter wir uns Stuttgart näherten, desto aufgeregter wurde ich wieder. Das erste Mal bei ihm Zuhause und das ausgerechnet an Weihnachten, was hatte ich mir nur dabei gedacht? „Entspann dich...das wird schon", meinte Felix und legte seine Hand auf meinen Oberschenkel. Vorsichtig sah ich zu ihm rüber und versuchte zu lächeln. „Was ist, wenn sie mich nicht mögen?", fragte ich. „Red nicht so nen Blödsinn, warum sollten sie dich nicht mögen?", stellte Felix eine rhetorische Gegenfrage. Bevor ich antworten konnte, legte er direkt nach. „Siehste? Es gibt keinen Grund, also...entspann dich, das wird schon", versuchte er mich zu beruhigen und stellte das Auto ab. Ich atmete nochmal tief durch, bevor ich ihm zur Haustür folgte. Schon lange war ich nicht mehr so aufgeregt. Freudestrahlend öffneten uns Felix' Eltern die Tür und schlossen ihren Sohn lange in ihre Arme. Dabei war ihr letztes Treffen doch nicht mal vier Wochen her. Schüchtern blickte ich die Beiden an, als sie von ihm abließen. „Und du musst Emma sein?", meldete sich zuerst sein Vater zu Wort. Ich nickte und hielt ihm meine Hand hin. „Freut mich, ich bin Thomas", meinte er und lächelte mich an. Ich bekam kaum was raus. Meine Güte, seit wann fällt mir das so schwer? „Freut mich auch", lächelte ich ebenso. Felix' Mum schien nicht ganz so angetan zu sein. Sie musterte mich, bis sie sich fast schon dazu zwingen musste mir die Hand zu geben. „Elisabeth", sagte sie trocken. Oh hervorragend, sie mochte mich- absolut nicht. „Emma", sagte ich und schüttelte ihre Hand. Hilfesuchend schaute ich zu Felix rüber, der mir seine Hand auf die Schulter legte. Ich versuchte mich in einem Lächeln und war nur froh, als uns Thomas hereinbat. Er nahm mir die Jacke ab und führte uns durchs Haus, bis wir im wunderschön dekorierten Wohnzimmer ankamen. Seit meine Mum gestorben war, hatte ich selbst nicht mehr so viel für Weihnachten übrig, aber gerade war ich tatsächlich etwas geplättet. Sofort überkam mich Festtagsstimmung. Ich schlenderte etwas durch den Raum, bewunderte die Lichter und den hübsch geschmückten Baum und warf den ein oder anderen Blick auf die Fotos an den Wänden. 

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