Kapitel 41

1.3K 39 0
                                    

Emma

Diese Nacht mit Wincent war so dringend nötig, um mich mal wieder richtig zu entspannen. Ich hatte so viel zu tun mit der Tour und dem ganzen Meet-and-Greet-Kram und noch dazu sah ich ständig Angela am Fenster oder vor der Tür. Und jedes Mal sah sie mich nur an und sagte kein Wort. Das machte mich wahnsinnig. Und das setzte mir echt zu. Was erwartete sie denn jetzt von mir? Ich hatte ihr alles gesagt und das ließ sie einfach so stehen. Was wollte sie? Wollte sie mit Wincent reden? Oder mit mir? Oder mit uns Beiden? Wollte sie mir überhaupt eine Chance geben? Ich hatte keine Ahnung und diese Ungewissheit frass mich fast auf. Ich wollte das mit uns nicht aufgeben, nein, ich konnte es auf keinen Fall aufgeben, aber genauso wenig wollte ich den Stress mit meiner Schwiegermutter in Spe. Wincent könnte niemals glücklich werden, wenn sie das nicht klären würden. Selbst wenn er in der momentanen Situation meinte, er hätte ihr nichts mehr zu sagen, war das ja doch gelogen. Er brauchte seine Mum, mehr als mich wahrscheinlich.

 Und er wollte und sollte sich auf keinen Fall entscheiden müssen. Wenn ich das erwarten würde, wäre unsere Beziehung von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Warum musste sie sowas zu ihm sagen? Warum dachte sie so? Je mehr ich alleine war und je weniger ich zu tun hatte, desto schlimmer wurden meine Gedanken. Ich wollte immer ein gutes Verhältnis zu Wincents Mum und ich dachte auch, dass sie mich mochte. Ich wollte nicht, dass sie sich wegen mir in den Haaren hatten und ich wollte noch weniger, dass Wincent mit seiner Familie brach. Das war ihm immer das Wichtigste. Jedes Mal, wenn ich diese Gedanken nicht mehr ertragen konnte, ging ich laufen. Und ich ging viel laufen in diesen paar Tagen, die Wincent nicht Zuhause war. Ich lief solange, bis ich beinahe kotzen musste und machte im Anschluss noch ein Workout Zuhause. Ich musste einfach irgendwas tun, um nicht daran denken zu müssen. Daran, dass die Mutter meines Verlobten etwas gegen unsere Beziehung hatte.

Das muss man sich mal überlegen. Das ist wie in einem schlechten Film. Nur dass ich selbst und wirklich in dieser Situation steckte und keine Ahnung hatte, wie ich da wieder rauskommen sollte. Ich ließ mich auf meine Matte sinken und starrte an die Decke. Ich atmete angestrengt. Selbst wenn wir erst in zwei Jahren heiraten würden, hätte ich immer noch das Gefühl, dass mich Angela nicht akzeptierte. Aber was konnte ich noch tun, um sie zu überzeugen? Mir fiel nichts ein. Entweder sie würde meine Erklärung akzeptieren oder nicht. Mehr Möglichkeiten gab es nicht. Halbe Sachen würde ich niemals aushalten können, nicht über Monate, Jahre... Langsam beruhigte ich mich. Jede Faser meines Körpers schmerzte, als ich unter die Dusche stieg. Minutenlang stand ich unter dem heißen Wasser und ließ mich einfach nur berieseln. Ich werde Wincent bitten mit ihr zu reden und wenn das zu einem Ergebnis kommt, dann... 

Alles in mir zog sich zusammen, aber es gab keine Alternative. Selbst wenn meine Liebe noch so groß war, ich könnte nicht damit leben ihn und seine Mum so auseinander gebracht zu haben. Das würde uns irgendwann auf kurz oder lang wieder einholen. Und diese Situation spielte sich immer wieder vor meinem geistigen Auge ab. Seine Vorwürfe. Die Wut und Enttäuschung in seinen Augen. Seine Verletztheit, dass ich das gute Verhältnis zu seiner Mutter zerstört hatte. Nein, das konnte ich mir nicht anhören. Das hatte ich nicht verdient. Nicht wenn ich es zu diesem heutigen Zeitpunkt schon wusste. Ich schmeckte Salz auf meinen Lippen und merkte erst jetzt, wie sehr ich eigentlich heulte. Diese angespannte Situation mit Angela machte mich wirklich fertig, das sah ich ein. Kaum lag ich nach der Dusche angezogen in meinem Bett, rief Wincent an. Ich erschrak fast vor mir selbst, als ich mich in der Kamera sah.

„Hey Baby", begrüßte er mich und auch er peilte sofort, dass was los war. „Was is mit dir?", fragte er besorgt. Eigentlich wollte ich ihn nicht damit belasten, nicht wenn er eigentlich proben sollte und ich so weit weg war, aber ich konnte nichts gegen meine aufkommenden Tränen tun. „Die Sache mit deiner Mum...das macht mich fertig, dass sie mich nicht akzeptieren will oder kann", schluchzte ich. Er wusste ja gar nichts davon, dass wir uns nochmal gesehen hatten, als er krank war und vor allem hatte ich nichts von meiner Ansage erzählt. „Warum sagst du mir sowas nicht? So lange schleppst du das schon mit dir rum?", fragte er wieder nach. Ich zuckte nur mit den Schultern, weil ich keine Antwort darauf hatte. Ich wusste nicht genau, warum ich ihm nichts davon erzählt hatte. „Sie kriegt sich schon wieder ein", meinte Wincent und ich glaubte er redete sich das selbst ebenso gerne ein. Und es beruhigte mich nicht unbedingt, schließlich war das der blödeste Spruch, den er hätte bringen können. Er wollte offenbar nicht über dieses Thema reden. „Ich hab zu ihr gesagt wir reden, wenn ich wieder da bin. Schaffst du das?", meinte er. Irritiert sah ich zu ihm auf. Ich lebte seit Wochen damit, also kam es auf die paar Tage auch nicht an. „Ich hab schon ganz andere Sachen geschafft", erwiderte ich und ich merkte, dass ich einen eingeschnappten Ton drauf hatte. Aber er hatte mir einfach nicht richtig zugehört, oder? Verstand er nicht, wie fertig mich das machte? Seufzend ließ er sich auf einen Stuhl sinken.

„So war das nicht gemeint...ich komm übermorgen nach Hause, dann klären wir das, okay? Oder soll ich heute schon fahren?", fragte er. Na auf gar keinen Fall! Als ob ich ohne ihn nicht klar käme. „Nein, spinnst du? Du bleibst natürlich...sonst geb ich ihr doch gleich noch mehr Futter", murmelte ich. Ich wusste warum ich nicht darüber reden wollte- weil es mich nur noch mehr aufregte. „Lass uns einfach nicht mehr drüber reden, okay? Habt noch schöne Proben und dann sehen wir uns ja bald", meinte ich und versuchte mich in einem Lächeln. Wincent sah mich eindringlich an, aber ich ließ nicht locker. Dann musste er sich geschlagen geben. „Okay, aber melde dich bitte, wenn was is...du kannst mich immer anrufen, Schatz", sagte er abschließend. Irgendwie kamen wir grad nicht zu einer Lösung und das musste auch er akzeptieren. „Ich weiß", antwortete ich und verabschiedete mich dann. Ich legte schnell auf, bevor mir wieder die Tränen kamen. 

Nur mit DirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt