Kapitel 88

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Emma

Was hatte ich dieses Tourgefühl vermisst! Sogar das Schlafen im Tourbus hatte mir gefehlt, wobei das letzte Nacht auch an Wincent gelegen haben könnte. „Na? Heiße Nacht gehabt?", wurden wir am nächsten Morgen am Frühstückstisch empfangen und damit erledigte sich meine Frage, ob wir wohl zu laut gewesen sein könnten. Grinsend sah ich zu Manni rüber. „Ja, danke der Nachfrage", erwiderte ich nur und nahm meinen Kaffee von Amelie entgegen. Ich merkte, dass er mich gerne mit dieser Frage verlegen gemacht hätte, aber die Zeiten waren lange vorbei- wenn es sie überhaupt gab. Aber wozu auch die Geheimnistuerei? Jeder weiß, dass wir Sex haben und gerade, wenn wir uns länger nicht gesehen haben, nicht bis zum Hotel warten können. Das würde es die kommende Nacht sowieso auch nicht geben. Wincent zwinkerte mir zu, als er sich mir gegenüber setzte. „Irgendwie ist das langweilig mit euch, wenn ihr so locker mit eurem Liebesleben hausieren geht", murmelte Manni und dann mussten wir lachen. „Tut mir gar nicht leid, dass ihr das mitkriegen müsst", meinte Wincent und grinste süffisant. Er musste es wieder direkt übertreiben. Ich trat ihm gegen sein Schienbein, also zumindest versuchte ich es, aber leider erwischte ich ihn nicht wirklich. 

„Netter Versuch, Schatz", zwinkerte er mich an, „du hast mir erst beigebracht, dass wir uns nicht verstecken müssen, also leb jetzt damit". Er hatte die Jungs natürlich sofort auf seiner Seite, die ihn bejubelten, dass ich nur mit den Augen rollen konnte. „Ich hab dir den heißen Sex erst beigebracht, mit dem du hier prahlst, also...", konterte ich und dann war wieder Ruhe am Tisch. Wo auch immer das jedes Mal herkam, aber ich hatte gerne das letzte Wort. Amelie schüttelte nur mit dem Kopf. Eventuell hatte ich mich dem Niveau auch ganz gut angepasst. Kurz bevor wir an der Location angekommen waren, holte ich noch meine Tasche von oben und stieß auf dem Rückweg voll mit Wincent zusammen. Seine Augen funkelten mich an, als ich zu ihm aufsah. „Du hast mir das beigebracht, ja?", fragte er ernst und damit hatte er mich direkt. Ich fand es unglaublich heiß, wenn er so streng mit mir war.

Er schob mich an die Wand und legte seine Hand an meinen Hals. Ich musste schlucken. „Ich glaube du fandest mich von Anfang an ziemlich gut", raunte er mir ins Ohr und schob ohne Vorwarnung seine Hand in meine Hose. Mir entfuhr ein leises Seufzen. Er hatte mich komplett in der Hand- und das wusste er. Während er mit seinen Fingern meine empfindlichste Stelle verwöhnte, drohte ich mich vollends zu verlieren. Dass wir immer noch mitten im Gang zu seinem Zimmer standen, hatte ich völlig ausgeblendet. Ich war genug damit beschäftigt nicht laut zu werden. „Gefällt dir das?", flüsterte Wincent wieder und als ich nickte ließ er urplötzlich von mir ab. Ich riss meine Augen auf und blickte ich sein selbstgefälliges Grinsen. „Was du kannst, kann ich schon lange", meinte er und dann ließ er mich doch tatsächlich stehen. 

„Das ist doch nicht dein Ernst", rief ich ihm nach und lehnte meinen Kopf an die Wand. Dieser Mann, ey! Schmunzelnd schüttelte ich mit dem Kopf und als ich mich wieder runter gebracht hatte, ging ich ihm nach. Scheinbar brauchte ich dafür doch länger, als gedacht, und so stand direkt vor dem Bus niemand mehr. Alle waren schon in ihrer Arbeit vertieft, also gesellte ich mich wie immer zu Amelie. Sie verlor kein Wort über heute Morgen, sondern erledigte mit meiner Hilfe einfach den restlichen Papierkram und die Organisation für den Abend. Während Wincent beim Interview war, klebte ich die Setlists auf die Bühne und danach trafen wir uns am Backstageausgang. Er hatte schließlich den Nachmittag frei und den wollten wir ganz alleine zu Zweit in der Stadt verbringen. Das Wetter war herrlich, also suchten wir uns ein nettes Lokal zum Mittagessen und schlenderten dann etwas am Rhein entlang. „Wincent!", ertönte es irgendwann hinter uns. Es war klar, dass wir irgendwann von Fans entdeckt werden würden und das war auch überhaupt nicht schlimm. Ich sah ihn bestärkend an und dann ging er auf die Mädelsgruppe zu und erfüllte sämtliche Fotowünsche.

Ich hielt mich wie immer im Hintergrund, übernahm den Fotografenjob und beobachtete die Leute um uns rum. Wenn einer aufmerksam wurde, lief das manchmal auch aus dem Ruder, und dafür hatten wir weder Zeit noch Lust. Ich spürte, dass die Mädels auch mich musterten, also ging ich ein bisschen weiter auf Wincent zu. „Emma, echt nicht böse gemeint, aber is dein Shirt nur so unvorteilhaft oder seid ihr bald zu dritt?", haute eine einfach raus und ich musste den Spruch gedanklich dreimal hören, bis ich mir sicher war mich nicht verhört zu haben. Und dann murmelte Wincent zu allem Überfluss auch noch ‚Leider nicht', sodass es jeder hörte, und damit wurden die Augen der Mädels nur noch größer. 

„In seinen Träumen sind wir schon längst zu dritt, aber keine Sorge, er bleibt erstmal auf der Bühne. Wir haben ja noch nicht mal geheiratet", lachte ich und versuchte uns so zu retten. „Außerdem hatten wir gerade super leckere Pizza, und da finde ich nie ein Ende", fügte ich noch an. Ich hatte so auf Wincents Unterstützung gehofft, aber der sagte nichts mehr zu dem Thema. Herzlichen Dank! Ob meine Ausrede Früchte tragen würde, wusste ich nicht, aber für den Moment konnte ich es eh nicht mehr ändern. Memo an mich selbst: oversize Shirts sind unvorteilhaft für Fans! „Erstmal mache ich aus der hier Frau Weiß und dann schauen wir weiter", sagte Wincent dann doch noch und legte seinen Arm um mich. Die Mädels quiekten nur kurz, dass ich mir nun wieder sicher war, sie würden ihm glauben. Und es war ja auch nicht gelogen. Wir wussten es ja noch nicht besser.

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