Kapitel 81

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Wincent

Was ist denn deren Problem? Ich hatte einfach nur mit Bella gespielt, es war nie gefährlich, geschweige denn war irgendwas passiert. Paul war mittlerweile hinter Lisa hergegangen und Emma sah mich an. „Verstehst du es wenigstens ein bisschen?", fragte sie leise und setzte sich neben mich. „Emma, da war nichts. Ihr habt das doch alle gar nicht gesehen. Das war nicht gefährlich.", sagte ich wieder. „Wincent? Es ist nicht dein Kind und wenn die Eltern das nicht okay finden, dann solltest du das einsehen. Mütter haben immer Angst um ihr Kind, besonders, wenn sie die Situation nicht kontrollieren können. Versuch es zu verstehen. Niemand meint das böse.", redete Emma und ich nickte. „Aber trotzdem. Ich bin erwachsen, ich bin schon in der Lage sowas einzuschätzen.", versuchte ich es nochmal. „Das spricht dir auch niemand ab, aber es ist nicht dein Kind und dann hast du nix zu melden. Wenn es für die Beiden zu viel war, dann war es zu viel.", meinte Emma ruhig. 

„Ja okay, du hast Recht", pflichtete ich ihr bei. „Aber ich freu mich schon auf die Zeit, wenn wir Kinder haben. Da darf ich wenigstens entscheiden, was gut für sie ist, immerhin bin ich dann der Papa.", stellte ich überzeugt fest. „Die besorgte Mama wirst du trotzdem nicht los.", mischte sich Paul ein. Dieser kam gerade rein, während Emma mich nur fassungslos ansah. „Komm mal mit.", forderte mich Paul auf und ich folgte ihm auf den Balkon. „Wincent, willst du es eigentlich nicht verstehen?", fragte er. „Was denn?", stöhnte ich. „Drei Leute hier fanden das gefährlich, nur du nicht. Mir ist das auch schon passiert, manchmal überschätzt man sich und muss eben ein bisschen vorsichtiger sein. So ein Baby ist noch so empfindlich.", sagte Paul und langsam machte es bei mir ‚klick'. „Ja, ich weiß ja, aber mir kam das alles so harmlos vor.", verteidigte ich mich wieder. „Manchmal merkt man das selbst auch gar nicht oder erst im Nachhinein. Mach dich nicht fertig, Kumpel, aber entschuldige dich wenigstens bei den Mädels, du warst zu beiden nicht fair.", klopfte Paul mir auf die Schulter und ging wieder rein, stattdessen kam Lisa raus.

„Bevor du mir einen Vortrag hältst: Es tut mir leid! Ich habs vielleicht selbst nicht gemerkt, wie doll das war und spätestens als du was gesagt hast, hätte ich das einsehen müssen.", begann ich und wollte eigentlich noch viel mehr sagen. „Schon gut, Wincent. Wir machen alle Fehler. Und im Gegensatz zu Paul hast du sie nicht auf die noch warme Herdplatte gelegt.", grinste Lisa und verschwand wieder. Ich schüttelte leicht den Kopf und wusste, dass jetzt noch die wichtigste Entschuldigung ausstand. Ich ging rein und setzte mich wieder neben Emma. Ich wollte gerade beginnen, da schnitt sie mir das Wort ab. „Es ist gut, dass du dich entschuldigt hast. Niemand ist dir wirklich böse, auch ich nicht, aber glaub mir, die Papa- Instinkte werden dich bei unseren eigenen Kindern von so nem Mist abhalten. Du wirst dein eigenes Kind sowas von in Watte packen, da geb ich dir Brief und Siegel", sagte sie und küsste mich lange. Ich musste in den Kuss grinsen bei diesem Gedanken, dass bei Paul und dem Herd die Papa- Instinkte wohl auch mal ausgesetzt hatten. „Was grinst du so?", kicherte Emma. „Ach... mir wurde nur erzählt, dass auch diese Instinkte mal nicht so gut funktionieren.", schmunzelte ich und stand dann auf, um Lisa in der Küche zur Hand zu gehen. Nach dieser Aufregung brauchte mein Magen dringend eine Stärkung.

Bis die Pizzen im Ofen waren, hatte sich auch Bella wieder eingekriegt und war wieder die Alte; wahrscheinlich hatte sie der kurze Anfall von Lisa mehr durcheinander gebracht als uns. Ich saß mit ihr auf dem Schoß vor dem Ofen und beide schauten wir durch die Scheibe. Wir mussten völlig fasziniert von dem schmelzendem Käse gewesen sein. Ich hatte so Hunger! Als ich mich gerade zu Lisa umdrehte, sah ich noch im Augenwinkel wie Bella ihre Hand hob.

Ich sah Lisas große Augen und drehte mich reflexartig zurück zu Bella und nahm ihre Hand, die auf dem besten Weg an die Ofenscheibe war, weg. „Heiß, Bella", sagte ich ruhig zu ihr. Hinter mir atmete es dreistimmig auf. Ich versuchte so gut es ging Bella die Gefährlichkeit zu erklären und hielt ihre kleine Hand kurz vor die Scheibe. Sofort zog sie sie weg. „Siehst du? Da ists heiß. Das tut weh.", meinte ich. Ich entschied mich für ein Ablenkungsprogramm und nahm die Kleine auf den Arm und brachte sie ins Wohnzimmer zum Spielen. Zurück in der Küche wurde ich immer noch mit großen Augen gemustert. „Was is?", fragte ich und nach und nach legten die Drei ihre Köpfe schief. Ich musste kurz lachen. „Glaubt ihr echt ich bin so minderbemittelt, dass ich mich gleich aufs nächste Adrenalinlevel begebe? Traurig, Leude, echt", meinte ich und griff nach der Schüssel Salat, die ich auf den Esstisch stellte. 

Lisa folgte mir und schmiss sich mir überschwenglich an den Hals. „Entschuldige, dass ich dich so blöd angemacht hab. Ich weiß, dass du niemals irgendwas Gefährliches mit meiner Tochter tun wirst", murmelte sie mir ins Ohr und ich konnte nur weiter grinsen. „Schon gut, Vorsicht is bekanntlich besser als Nachsicht", gab ich zu und setzte sie wieder ab. Ich sah an ihr vorbei in Emmas und Pauls sanftes Lächeln. „Bella, was meinst du, soll dich der Wincent später ins Bett bringen?", hörte ich Lisa hinter mir und kurz darauf ein lautes ‚ja' und aufgeregtes Klatschen von Bella. Die Kleine war echt ne Wucht! Ich war so krass verliebt in sie, dass ich platzen könnte.

Und natürlich war mir nicht entgangen, wie Emma mich ansah, jedes Mal wenn ich mit Bella zusammen war. Sie zog mich mit ihren Blicken beinahe aus, dass ich mich kaum aufs Pizzaessen konzentrieren konnte. Während Paul und Lisa die Kleine bettfertig machten, kümmerten Emma und ich uns ums Aufräumen. Ich spürte ihre Blicke auf mir, die ganze Zeit. Seufzend lehnte ich mich gegen die Arbeitsplatte und wartete, bis Emma mich ansah. „Kannst du bitte aufhören mich auszuziehen?", grinste ich und meine Freundin hatte mich direkt durchschaut. Langsam kam sie auf mich zu und schlang ihre Arme um meine Mitte. „Das kann ich leider nicht", murmelte sie an meine Lippen und küsste mich kurz darauf so, dass mir die Luft wegblieb. Sie krallte ihre Finger in mein Shirt und mir war klar, dass das gleich eskalieren würde. Vorsichtig versuchte ich sie von mir wegzuschieben. „Gib mir mehr, Babe", nuschelte sie an meine Lippen und küsste mich wieder. Ich konnte nur schmunzeln. „Später, Zuhause. Jetzt bring ich erstmal die Lütte ins Bett", meinte ich und ließ sie einfach stehen. Andernfalls hätte sonst auch ich nicht mehr an mich halten können. 

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