Kapitel 39

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Wincent

„Jungs, heut gehts richtig los.", stürmte ich am nächsten Morgen die Probenhalle und schmiss meine Sachen in die Ecke. „Wow, so motiviert warst du schon ewig nicht mehr bei den Proben.", lachte Manu und klopfte mir auf die Schulter. „Ich. Hab. Bock.", brüllte ich und hüpfte auf und ab. „Okay, okay. Lass die alten Herren noch kurz ihren Kaffee zu Ende trinken und dann gehts los.", schmunzelte Benni. Ich tingelte um unsere kleine Bühne und suchte mir mein Plätzchen aus. „Ich glaub du bist ohne Emma echt unausgelastet, wie soll das die nächsten Tage werden?", fragte Manni. War ja klar, dass der Spruch wieder von ihm kommen musste. „Für sowas muss sie nicht in der Nähe sein, da haben wir schon ganz andere Lösungen gefunden.", grinste ich und dachte wieder an den Tag zurück, als ich Emma das erste Mal vorschlug mit auf Tour zu kommen... das war heiß. „Erspar uns das Kopfkino und guck nicht so...du sabberst schon fast", lachte Flo. Ich hob nur entschuldigend die Hände und begann meinen Rucksack auszupacken. Alles für die Stimme, Schlauch, Texte, Laptop, alles was man so braucht. In-Ears, ganz wichtig. Mit den Dingern in der Hand ging ich zu Friedl und holte mir mein Mikro ab. „Feuerwerk zum warmwerden.", wies ich an und damit ging es los. Die ersten Stunden gaben wir Vollgas und die Jungs waren vor allem von den neuen Songs begeistert. „Und jetzt hab ich darüber nachgedacht, ob wir irgendwie die Songs vom alten Album nochmal einbauen können.", erklärte ich. „Geile Idee... aber so ganz normal? Das raubt so viel Zeit für die ‚Irgendwie Anders'- Songs.", merkte Benni an. „Und die Tour ist halt schon fürs zweite Album.", schloss sich Manu an. „Ihr habt Recht und irgendwie haben wir uns ja auch verändert.", stimmte ich zu. Stumm grübelten wir ein bisschen vor uns hin. „Also ich hätte ja Bock auf was Rockiges.", warf Ketti ein. Mein Blick ging durch die Runde. „Rock ist geil. Geht ihr auch bei ein bisschen Metal mit?", fragte ich. Einstimmiges Nicken. „Geil, lasst uns einfach mal rumprobieren.", sprang ich wieder auf. Wir schnappten uns einen Song nach dem anderen und bastelten stundenlang, bis ich irgendwann fast keinen Ton mehr rausbekam.

„Kommt, wir machen mal ne Pause.", sagte Manu dann. Ich nickte und schmiss mich auf die Couch. Kurze Nachricht an Emma, dass alles läuft und dann konzentrierte ich mich wieder auf meine Jungs. Den restlichen Abend verbrachten wir mit Brainstorming, was wir alles machen könnten, bis wir Abends alle todmüde ins Bett fielen.

„Guten Morgen.", trällerte ich, als ich die Probenhalle an Tag drei betrat. „Deine Stimme klingt aber noch gut.", lachte Flo. „Heiße Nacht gehabt?", schrie Manni von der Bühne. „Einen Tag ohne geht.", grinste ich zurück. Ich breitete meinen Kram aus und trank meinen ersten Kaffee. „Jungs, geht noch jemand mit einkaufen?", fragte ich dann. Unsere Vorräte waren ziemlich mager. „Ich komm mit.", rief Benni und stürmte auf mich zu. Alle Anderen notierten ihre Wünsche und wir fuhren los. „Wollen wir heute Abend essen gehen?", fragte Benni unterwegs. „Gerne, wenn wir nicht wieder so lange in der Halle sitzen.", schmunzelte ich. „Wir versuchens mal.", lachte er. Beim Einkaufen räumten wir nur so die Süßigkeitenregale leer und ich trauerte direkt meinem gerade wieder geformten Körper hinterher. Den Jojo-Effekt scheint es nicht nur beim Abnehmen zu geben, sondern auch bei meiner Muskelmasse. Zurück in der Probenhalle ging's wieder ans Rockmedley. Wir waren alle Feuer und Flamme für das Teil und jeder konnte sich endlich mal austoben. Ich fieberte dem Abend entgegen, an dem wir das das erste Mal live spielen würden. In der Mittagspause telefonierten alle mit ihren Frauen und ich hatte endlich mal auch jemanden, den ich anrufen konnte.

„Naaa?", ging Emma ans Telefon. „Hey Süße, alles gut?", fragte ich und erkundigte mich, wie ihre Arbeit so lief. „Klar, bei dir?". „Proben laufen, mal sehen, was meine Stimme die nächsten Tage macht. Wir haben sooooo geile Ideen, du kannst dich freuen.", erzählte ich euphorisch; alles wollte ich ihr aber auch nicht vorher verraten. „Ich freu mich immer über eure Musik.", lachte sie. „Ich dachte über mich.", kommentierte ich und ließ mich auf die Couch fallen. „Na das eh. Du fehlst schon.", sagte Emma. „Also wenn du nicht mal mehr drei Tage ohne mich schaffst muss ich mir Sorgen machen. Wie hast du das vor anderthalb Jahren gemacht?" „Da war ich noch nicht so süchtig nach dir.", erwiderte sie und ihre Stimme machte mich jetzt schon wieder wahnsinnig. „Süchtig, aha", wiederholte ich. „Ich könnte dich hier gerade auch ganz gut gebrauchen, viel an hab ich auch nicht", sprach Emma weiter. Oh nein, ihre Worte kamen direkt bei mir an und ließen meine Gedanken durchdrehen. 

„Emma, quäl mich nicht.", brachte ich hervor und versuchte mich selbst zu beruhigen. Egal, was sie tat oder sagte, sie hatte direkt und immer diese Wirkung auf mich. „Willst du ein Foto?", fragte sie. Das heizte mein Kopfkino nur noch weiter an. Aber da ging die Hallentür schon auf und nach und nach kamen die Jungs zurück. „Heute Abend will ich mehr als ein Foto.", meinte ich schnell. „Ruf mich an, ich freu mich auf dich.", flüsterte Emma. Ich konnte das Ende des Probentages kaum erwarten. „Hmmm und ich mich erst auf dich.", raunte ich. „Wincent!", brüllte Manni. „Emma, ich liebe dich.", sagte ich noch schnell und legte dann auf. „Ich komm ja schon, nu gönn mir mal mein Glück, Mensch", warf ich Manni zu.

Wir probten noch ein paar Stunden, erfüllten dann aber Bennis Wunsch und gingen essen. „Was grinst du denn eigentlich die ganze Zeit so?", fragte ich irgendwann, als mir dieses süffisante Grinsen echt auf den Keks ging. Benni schwieg nur und bestellte für uns alle eine Runde Bier. „Warum?", fragte Manu. „Ich wollte gar keins mehr.", warf Flo ein. „Die geht auf mich. Ich muss euch was sagen.", grinste Benni noch mehr und augenblicklich wurden wir alle still. „Sabi und ich... sie ist schwanger. Wir bekommen ein Baby, ich werde Vater.", erzählte er mit Tränen in den Augen. Sofort prasselten die Glückwünsche auf ihn ein und während ich darauf wartete, dass ich an der Reihe war, sah ich vor meinem inneren Auge das Szenario, wenn ich den Jungs erzählen darf, dass mein größter Wunsch in Erfüllung geht und ich Vater werde. Wenn Emma schwanger ist, schwanger von mir.

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