Emma
Ich wusste überhaupt nicht, wie mir geschah, als mich Wincent aus der Tür zerrte. Ich schaffte es gerade noch meine Jacke und meine Tasche zu greifen, da fiel die Tür schon ins Schloss. „Was ist denn los auf einmal?", fragte ich ihn und eine noch blödere Frage hätte ich wohl nicht stellen können. „Nix", brummte er und stapfte über die Straße nach Hause. Nix. Na sicher. Kaum waren wir Zuhause stürmte Wincent ins Schlafzimmer und kam wenig später in Joggingklamotten zurück. Ich wusste ja, dass er Sport brauchte, um sich abzureagieren, aber es war eiskalt und es begann gerade zu regnen. „Ich glaube das ist jetzt nicht das richtige Wetter zum Joggen, du erkältest dich noch", sagte ich und erntete den nächsten bösen Blick. „Du bist nicht meine Mutter", bluffte er mich an, steckte sich die AirPods in die Ohren und schon war er weg. Herzlichen Dank für dieses angenehme Gespräch, Herr Weiß.
Was zur Hölle war nur vorgefallen zwischen ihm und Angela? Dass sie gestritten hatten war ja wohl offensichtlich, sonst hätten wir nicht Hals über Kopf das Haus verlassen müssen. Vielleicht war die Sache mit der Verlobung doch nicht so das beste Thema heute. Wir waren gerade erst frisch zusammen, ich könnte mir durchaus vorstellen, dass sie diese Verkündung überforderte- hätte es mich wohl auch. Ich schmiss mich auf die Couch, kuschelte mit Carlos und rief Linda an. Ich musste mit Irgendjemandem reden. Es klingelte ewig, bis sie schwer atmend abhob. Ich rollte mit den Augen. „Bist du bei Marco?", fragte ich sie. „Mhm", machte sie nur, „aber was is los? Du rufst nicht einfach so an..." Korrekt, aber das will ich auch nicht besprechen, während der beste Kumpel meines Freundes in dir steckt, dachte ich. „Ruf mich einfach zurück, wenn ihr fertig seid", gab ich nur genervt von mir und legte auf.
Ich suchte mir Beschäftigung Zuhause, räumte die Spülmaschine aus und wieder ein, Wäsche gab es auch immer und zu guter Letzt begab ich mich auf meine Yogamatte. Das half schließlich immer. Einatmen, Ausatmen. Einatmen, Ausatmen. Ich hörte genau, als Wincent wenig später wieder nach Hause kam, aber ich beachtete ihn gar nicht. Seine schlechte Laune störte gerade nur meine innere Ruhe. Er warf seine Schuhe in die Ecke, schmetterte sein Handy auf den Tisch und ich spürte genau, dass er hinter mir stand. Ich zog meinen Flow jedoch weiter durch und beugte mich nach vorne. „Ganze Vorbeuge, tief ein- und ausatmen", sprach meine Yogalehrerin auf meine Ohren. Aber was ich danach hörte, brachte mich völlig aus dem Konzept.
„Heißer Arsch", meinte Wincent und gab mir einen nicht besonders sanften Klaps auf den Hintern. Empört fuhr ich zu ihm rum. „Sag mal, gehts noch?", schrie ich ihn an und nahm meine Kopfhörer ab. Grinsend musterte er mich und kam näher auf mich zu. „Darf ich nicht den heißen Körper meiner Freundin bewundern?", fragte er und ich ging weiter von ihm weg. Bis ich die Tischkante hinter mir spürte. Was war denn mit dem jetzt los? Erst machte er mich so blöd von der Seite an und jetzt meinte er er könnte sich bei mir abreagieren? Scheinbar war das wirklich sein Plan. Er drückte mir seine Lippen auf meine und drängte sich gegen mich, dass ich kaum atmen konnte. Ich mobilisierte all meine Kräfte um ihn von mir wegzuschieben. „Spinnst du?", schrie ich ihn wieder an. Erst will ich eine Erklärung für diese bescheidene Laune.
„Ach komm, Babe, lass uns einfach nur ein bisschen Spaß haben", meinte er wieder und hob mich auf den Tisch. Ich wollte protestieren, aber so schnell konnte ich gar nicht gucken, da waren seine Lippen auf meinen und seine Hände überall an mir. Aber ich wollte das nicht. Nicht jetzt und nicht so. „Du hast doch den Schuss nicht gehört", schrie ich ihn wieder an und schubste ihn von mir weg. Langsam wurde sein Blick ernst. „Wag es bloß nicht", drohte ich ihm, als er mich wieder anfassen wollte. „Erst kriegst du dich in den Griff und dann redest du mit mir. Ich bin doch nicht dein Fußabtreter", sagte ich und ging an ihm vorbei. Er griff nach meinem Handgelenk und drehte mich zu sich um. Ich starrte ihn an, dann sah ich auf meine Hand, die er viel zu fest umgriffen hatte, und dann sah ich ihn wieder an. Dann ließ er mich gehen.
Ich hätte schreien wollen vor Wut- was zur Hölle war nur los mit ihm? Was hatte er sich dabei gedacht? Dass es mich heiß machen würde, wenn er mir mit so einem Kommentar auf den Arsch schlagen würde? Nach der Aktion vorher? Bitte. Der hatte eindeutig zu viele Filme gesehen. Den restlichen Abend sprachen wir kaum miteinander. Ich telefonierte später noch mit Linda und erklärte ihr die Sachlage, aber die war genauso verwirrt wie ich. Natürlich musste irgendwas mit seiner Mum gewesen sein, aber wenn er nicht redete? Wir konnten nicht hellsehen. Wincent verkrümelte sich ins Schlafzimmer und arbeitete oder telefonierte mit Kevin oder was auch immer. Es war mir auch egal. Ich schob ihm nur nen Teller Nudeln hin, das wars. Ich hoffte, er würde schon schlafen, als ich ins Bett ging, aber dem war natürlich nicht so.
Er sah direkt zu mir auf, als ich in der Tür stand. Ich schlüpfte unter meine Decke und löschte direkt das Licht. „Gute Nacht", sagte ich noch und versuchte mich runterzufahren, was mir natürlich ganz und gar nicht gelang. „Es tut mir leid", hörte ich Wincent sagen. Ich drehte mich zu ihm um und sah direkt in seine Augen. „Was genau?", meinte ich. Er seufzte. Oh, er wusste genau, was ich meinte. „Dass ich dir nicht gesagt hab, was los ist. Dass ich dich so angeblufft hab und vor allem dass ich dich angefasst hab, obwohl du das nicht wolltest", gab er leise zu. Na also. Ich konnte ihm auch nicht böse sein, nicht deswegen, weil ich wusste, dass irgendwas mit seiner Mum war. Und das tat mir auch weh. „Entschuldigung angenommen", sagte ich und kuschelte mich in seinen Arm. Dann erzählte er endlich, was seine Mum gesagt hatte. Was sie davon hielt, dass er mir tatsächlich einen Heiratsantrag gemacht hatte. Ich versuchte Ordnung in seine Gedanken zu bringen.
„Kannst du das nicht ein bisschen verstehen, dass sie sich Sorgen um dich macht? Es war ja wirklich nicht einfach...", meinte ich. Ich musste mich wirklich zwingen meine eigenen Gefühle im Zaum zu halten. Mir setzte das nämlich ganz schön zu, dass sie so über uns dachte. Dass sie mich für unsere Situation verantwortlich machte. „Und irgendwo hat sie ja auch Recht. Wir sind wirklich nicht lange zusammen und schon machst du ernst...das würde wohl jede Mutter überfordern", versuchte ich sie in Schutz zu nehmen. Ich wollte nicht, dass Wincent wegen mir mit seiner Mutter im Clinch lag.
„Aber sie hat kein Recht über unsere Beziehung zu urteilen. Sie soll sich einfach nur für mich freuen, dass ich heiraten will. Sie soll aufhören in der Vergangenheit rumzuwühlen. Und vor allem soll sie die Frau an meiner Seite akzeptieren, und solange sie das nicht tut, hab ich ihr nichts zu sagen", brummte er. Ich versuchte wirklich ihn zu besänftigen. „Komm schon, sag sowas nicht. Lass einfach n bisschen Gras über die Sache wachsen und dann redet ihr nochmal in Ruhe. Ich will nicht, dass ihr wegen mir Stress habt", meinte und und kuschelte mich noch fester in seinen Arm. Ich brauchte das wahrscheinlich grade mehr als er.
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Nur mit Dir
FanfictionDas hier ist der zweite Teil rund um Emma und Wincent. Es war schwierig mit den Beiden; dieser Pakt ihrer Freundschaft- plus, von der jeder sagte, dass es nicht gut gehen könnte. Und jeder sollte Recht behalten. Erst verliebt sich der eine, dann der...