Wincent
Langsam ging ich ins Wohnzimmer rüber und traute meinen Augen kaum, als ich meine Frau entdeckte. Sie raubte mir in diesem Kleid, dass ihr so unfassbar gut stand, fast den Atem. Das Oberteil war mit zarter Spitze besetzt und dünne Träger zierten Emmas Schultern. Die Spitze lief noch ein kleines Stück über den ausgestellten Rock, aber der Rest war relativ schlicht. Linda hatte alle Arbeit geleistet und Emmas Haare locker zusammengesteckt und in Wellen über eine Schulter drapiert. Ich hatte keine Worte dafür. „Wow", war alles, was ich rausbrachte, als ich auf Emma zuging. „Du siehst wunderschön aus", flüsterte ich und gab ihr einen kurzen Kuss. Ich musste sie immer wieder ansehen und drehte sie an meiner Hand um ihre eigene Achse. Sie trug tatsächlich ein Brautkleid, was bedeutete, dass wir wirklich heiraten würden. „Du könntest sowas auch öfter tragen", brachte Emma an und strich mir über das Hemd, bevor sie ihre Hände an meine Schultern legte.
„Ach, hast du auf einmal doch ein Problem mit meinen Jogginghosen?", zog ich sie auf und sie rollte direkt mit den Augen. „Nein, natürlich nicht. Aber ich muss gestehen, dass du so ziemlich heiß aussiehst", flüsterte sie und zog mich an sich, um mich zu küssen. Ich merkte direkt, dass dieser Kuss mehr war, als er sollte, aber dafür hatten wir keine Zeit. „Dein Lippenstift verschmiert doch", meinte ich und ließ von ihr ab. „Der is kussecht", erwiderte sie frech und küsste mich wieder. Diese Frau! Machte mich selbst an unserem Hochzeitsmorgen schon fertig. Glücklicherweise klingelte es kurze Zeit später und unsere Trauzeugen holten uns ab und fuhren uns zum Standesamt. Meine Familie, Lindas Mum und unsere engsten Freunde warteten schon vor dem Gebäude, als wir ankamen. Ich warf nochmal einen Blick zu Emma neben mir. „Bereit?", fragte ich sie und sie nickte nur. „Aber sowas von", erwiderte sie und ließ sich aus dem Auto helfen, als unsere Gäste im Standesamt verschwunden waren.
Wir zogen gemeinsam ein und ich spürte jeden Blick auf uns. Ich versuchte niemandem in die Augen zu schauen, aber bei meiner Mum konnte ich nicht mehr. Sie sah so gerührt zu mir auf und Tränen rollten ihr über die Wangen, dass auch bei mir die Emotionen stiegen. Von der Rede der Standesbeamtin kriegte ich gar nicht viel mit, ich hing immer nur an Emma, und erst als ich meinen Namen hörte, stand ich auf. Es war Zeit für mein Gelübde und dafür nahm ich Emmas Hände in meine, und entgegen meiner Angst kamen all meine aufgeschriebenen Worte ohne Aussetzer und Stolperer aus meinem Mund. Emmas Augen wurden immer nasser und die ein oder andere Träne lief über ihre Wange, sodass ich sie ihr wegstreichen musste. Dann war Emma dran, die sich erstmal Luft zu fächerte, bevor sie zu ihrer Rede ansetzte.
„Wincent, als ich über mein Gelübde nachgedacht habe, sind mir so viele Dinge eingefallen, die ich dir sagen will, aber grade hab ich keine Worte dafür. Du weißt, wie glücklich ich mit dir bin und dass du alles bist für mich. Ich liebe dich mit all deinen Stärken und Schwächen und ich verspreche dir, dass ich dich immer bei allem unterstützen werde. Ich danke dir, dass du mich nimmst, wie ich bin, und immer für mich da bist. Ich weiß, dass wir beide besonders sind und dass nichts und niemand unsere Liebe erschüttern kann. Ich freue mich auf alles, was kommt, weil du an meiner Seite bist. Ich liebe dich", sprach sie zu mir. Ich versuchte meine Tränen wegzublinzeln, aber wenn ich in ihre Augen sah, erschien mir das als unmöglich. Ich strich über ihre Fingerknöchel und wartete fast schon ungeduldig auf die offizielle Frage der Standesbeamtin. Wie aus der Pistole geschossen kam uns beiden ein bestimmtes ‚ja, ich will' über die Lippen, sodass ein Schmunzeln hinter uns durch die Reihen ging. Und dann kam endlich das offizielle ‚Go' der Beamtin.
Ich ging einen Schritt auf Emma zu und legte meine Hände an ihre Wangen. „Ich liebe dich, Frau Weiß", flüsterte ich an ihre Lippen, bevor ich mich völlig in dem ersten Kuss mit meiner frisch angetrauten Frau verlor. Den Jubel unserer Gäste hörte ich nur ganz dumpf im Hintergrund. Emma löste sich leicht von mir und strahlte mich an. „Wir habens echt getan", flüsterte sie und da riss ich ihre Hand hoch und drehte uns in der klassischsten Siegespose zu unseren Gäste. Wir ließen uns kurz beglückwünschen und räumten dann relativ schnell den Saal für das nächste Paar. Erst als wir in der Location angekommen waren, hatten wir Zeit für den Sektempfang und das ein oder andere Gespräch mit unseren Liebsten. Emma die ganze Zeit lachend bei meiner Mum oder mit meinen Jungs zu sehen, führte mir mal wieder vor Augen wie viel Glück ich gerade hatte. Meine Aufregung legte sich im Laufe der Feier und Zufriedenheit und Glückseligkeit machte sich in mir breit.
Dennoch brauchte ich irgendwann nach dem Essen mal einen Moment zum Durchatmen und lief alleine eine kleine Runde um den See. Wie automatisch zogen unsere vergangen Jahre an meinem inneren Auge vorbei und selbst wenn ich dachte, es wäre nicht möglich solche Gefühle für Emma zu haben, hob die Tatsache, dass sie nun meinen Namen trug, meine Liebe auf das nächste Level. Ich war angekommen, komplett. Ich blickte auf den See vor mir, als ich plötzlich die Stimme meiner Frau hinter mir vernahm. „Hey schöner Mann", sagte sie und kuschelte sich an meinen Rücken. Ich drehte mich um und grinste sie an. Wie schon heute Nachmittag kamen wie automatisch Worte der Dankbarkeit aus meinem Mund und ich sah, dass sie wieder mit den Tränen kämpfte. „Wirklich, Emma...du warst es immer und du wirst es immer sein. Ich liebe dich", flüsterte ich und küsste sie. Wir sollten wohl auch irgendwann mal wieder zurück zu unseren Gästen gehen und so machte ich mich auf den Weg.
„Aber warte...ich muss dir auch noch was sagen", sagte Emma und hielt mich am Arm zurück. Sofort wurde ich wieder aufgeregt und sah sie auffordernd an. Ich sah ihren Kopf förmlich rauchen, als sie nach den richtigen Worten suchte. Aber dann platzte sie auf einmal damit raus. „Ich bin schwanger", sagte sie und ich traute meinen Ohren kaum. Wir sahen uns tief in die Augen und ich hätte platzen können vor Glück. Bevor mich meine Emotionen komplett überrollen konnten, drückte ich sie fest an mich. War das echt wahr? „Du wirst Papa, Wincent", schluchzte sie und damit brachen auch bei mir alle Dämme. Ich werde Papa. Ein schöneres Geschenk hätte sie mir nicht machen können.
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Nur mit Dir
FanfictionDas hier ist der zweite Teil rund um Emma und Wincent. Es war schwierig mit den Beiden; dieser Pakt ihrer Freundschaft- plus, von der jeder sagte, dass es nicht gut gehen könnte. Und jeder sollte Recht behalten. Erst verliebt sich der eine, dann der...