Kapitel 106

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Emma

Ich heulte die ganze Zeit, spätestens ab dem Moment, an dem Marco von den dunklen Seiten in Wincents Leben erzählt hatte. Wir hatten wirklich viel durch, ja, und nicht jede Beziehung hätte das wohl so überstanden. Als die Beiden endlich die Bühne geräumt hatten, fiel ich Linda um den Hals. „Du bist die beste Freundin, die ich mir wünschen könnte", schluchzte ich. Und auch sie schniefte etwas. „Und ich wollte eigentlich nicht heulen", seufzte sie, als wir uns voneinander lösten. „Als ob du das könntest, ausgerechnet heute", stichelte Marco und legte einen Arm um sie. Ich legte meinen Kopf schief. „Und den feuchten Schleier in deinen Augen vorhin hab ich mir ja eingebildet, stimmt's?", zog ich ihn auf und umarmte auch ihn zum Dank. Marco schlang seine Arme um mich und drückte mich fest an sich. „Natürlich nicht", flüsterte er, „alles, was ich gesagt hab, war die Wahrheit. Ihr könnt wirklich stolz auf euch sein". 

Dabei schossen mir direkt wieder Tränen in die Augen. Herrgott, wo soll das noch enden? Meine Hormone brachten mich schon jetzt um. „Und ich könnte mich ohrfeigen, dass ich nicht selbst mein Glück versucht hab, als ers kurzfristig mal versemmelt hatte", löste Marco die Sentimentalität zwischen uns Beiden auf. „Ey", machte ich und löste mich von ihm. Schief grinste er mich an. Mein Güte, er war wie Wincent, nur anders. „Du kannst das auch haben", meinte ich nur und nickte in Richtung meiner besten Freundin, die sich an der Bar bediente. Ich konnte nicht akzeptieren, dass die Beiden das nicht auf die Reihe kriegen konnten. „Mal sehen", zuckte er nur mit den Schultern und gab mir einen Kuss auf die Wange, bevor er mich stehen ließ. Kai die Party eröffnen zu lassen, war eine sehr gute Idee von unseren Trauzeugen, denn somit war unsere ganze Gesellschaft direkt auf dem Höchstlevel. Wir feierten und tanzten ausgelassen und der Alkohol floss in rauen Mengen, bei allen außer mir versteht sich. Ich hatte wirklich Mühe mir immer wieder neue Ausreden einfallen zu lassen, aber je angeheiterter unsere Gäste wurden, desto leichtgläubiger wurden sie. Keiner wollte Genaueres über eine Blasenentzündung und damit verbundene Antibiotikaeinnahme wissen.

Ich entdeckte meinen Mann mal wieder an der Bar und stellte mich neben ihn. Er hatte schon einen schönen Glanz im Gesicht, dass ich fast etwas wehmütig war, nüchtern zu sein. Ich bestellte mir ein Wasser und stieß mit ihm an, als seine Mum neben uns auftauchte. „Emma, das ist jetzt schon das dritte Mal in Folge, dass ich dich mit einer Flasche Wasser hier stehen sehe", meinte sie und musterte mich. Hilfesuchend sah ich zu Wincent rüber, aber der grinste nur debil. „Wollt ihr mir etwa sagen, dass es ein Enkelkind für mich gibt?", fragte sie und hob eine Augenbraue. Boden, tu dich auf, flehte ich. Noch bevor mir eine Erklärung oder Ausrede einfiel, sprach sie weiter. „Ne, das is ziemlich unrealistisch", lallte sie, „ihr seid ja momentan voll im Arbeitsmodus, ihr wollt die Welt sehen und so, ne". Okay, sie war ordentlich angeheitert, dass ich schmunzeln musste. „Korrekt, Mama", stimmte Wincent ihr zu und legte seinen Arm um sie. 

„Und darauf trinken wir", rief sie aus und schob uns jeweils einen Shot hin. Ich setzte an und während die anderen Beiden ihren Shot kippten, landete meiner hinter mir in der Wiese. Angela peilte davon natürlich genau gar nichts und ließ uns wenig später auch wieder alleine und stürzte sich auf Manni und den Rest der Jungs, die tranken wenigstens richtig mit ihr. Ich kuschelte mich in Wincents Arm und sah zu ihm hoch. „Darauf trinkst du also? Auf die Arbeit und das Reisen?", meinte ich und er grinste nur. „Mir ist der Anlass zu trinken gerade ziemlich egal, falls dir das entgangen ist. Und auf mein Baby konnte ich ja nicht trinken", meinte er und legte seine Hände an meine Wangen. Auch er war ganz gut dabei. „Bald", sagte ich nur und schlang meine Arme um ihn. „Ich freu mich drauf", grinste er und legte seine Lippen sanft auf meine. Das war der erste Moment, dass wir mal Zeit hatten und so uferte dieser Kuss ganz schön schnell aus. Er hob mich auf den Barhocker und stellte sich zwischen meine Beine so gut das bei dem Rock eben ging.

Ich schmeckte den Jägermeister auf Wincents Lippen und vertiefte unseren Kuss nur noch mehr. Erst als seine Hände immer tiefer über meine Seiten zu meinen Oberschenkeln wanderten, ließ ich von ihm ab. „Wir können nicht jetzt von unserer eigenen Hochzeitsparty verschwinden", nuschelte ich an seine Lippen. Wieder küsste er mich und schob seine Hände an meinen unteren Rücken. „Außerdem hab ich ein unpraktisches Kleid an", flüsterte ich wieder. Auch dieser Einwand störte ihn nicht, sondern ließ ihn mich nur noch fester an ihn drücken. Ich konnte nur ahnen, was diese Knutscherei mit seinem Körper anstellen würde, wenn die Schmetterlinge in meinem Bauch schon Achterbahn fuhren. „Ey, nehmt euch n Zimmer", tauchte irgendwann Marcos Stimme neben uns auf und erst dann ließ Wincent grinsend von mir ab. „Neidisch?", zog er seinen besten Freund auf, der nur eine Augenbraue hob und zu Linda rüber schielte. „Ich glaub, ich werd die da abschleppen", brüstete er sich und verschwand mit zwei Cocktails wieder.

 Ich rollte mit den Augen. „Dir is es doch lieber, er schleppt die ab, als irgendjemand anderes", merkte Wincent an. Ich hätte mich da schon wieder reinsteigern können, aber diese Gedanken schob ich schnell beiseite. Damit wollte ich mich in meiner Hochzeitsnacht nun wirklich nicht beschäftigen. Ich legte meine Hände an Wincents Taille und sah zu ihm hoch. „Mir is egal, wer hier wen abschleppt, Hauptsache du schleppst mich ab", flüsterte ich und zog ihn zu mir runter, um ihn zu küssen. „Ich werd mich bemühen", schmunzelte er nur, „aber erstmal muss ich noch eins mit den Jungs trinken, okay?" Natürlich ließ ich ihn ziehen und beobachtete die Party. Ich hätte glücklicher nicht sein können und ich war mir sicher, Mama war nicht unbedingt unbeteiligt an diesem Tag. Sie schenkte uns das schönste Sommerwetter am Tag und die schönste, sternenklarste Nacht. Ich wusste sie war stolz auf mich und glücklich, dass ich die Liebe meines Lebens gefunden hatte. Ich war angekommen und ich war glückselig und zufrieden. Nach all dem Chaos in meinem Leben, war ich nun auf dem richtigen Weg. 

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