Wincent
Den Tag vor Tourstart verbrachte ich wie versprochen bei Marco. Eigentlich wollte er erst mitkommen für das erste Wochenende, aber ihm kam etwas dazwischen. Ob dieses etwas rein zufällig ‚Linda' hieß, wusste ich noch nicht, aber das würde ich schon noch heraus finden. Wir hatten uns schon vor Stunden auf seiner Couch gemütlich gemacht und zockten. Mittlerweile war ich da wieder voll im Fieber und es lenkte mich richtig gut ab. „Dann kommst du aber wenigstens zum Tourabschluss nach Hamburg", meinte ich, als wir grade mal eine Pinkel- und Essenspause einlegten, „du kannst Linda auch mitbringen". Marco sah zu mir rüber und hob eine Augenbraue. „Wie oft muss ich dir noch sagen, dass das nix Ernstes is? Du musst nicht immer so tun, als wären wir zusammen. Ich kann genauso was alleine machen, wie sie auch", sagte er. Oh, war da etwa jemand gereizt? „Lässt sie dich nicht ran oder was ist dein Problem, Alter?", stichelte ich weiter. Er stellte sein Glas wieder auf den Tisch und atmete tief durch.
„Ich hab kein Problem", bemühte er ruhig zu antworten, „wobei doch, ich hab ein Problem damit, dass du mir ständig Gefühle für sie andichtest". Betroffene Hunde bellen, oder wie war das noch gleich? „Weil ihr längst mehr seid als eine Affäre, meine Güte...das könnt ihr doch nicht immer noch meinen...ihr ward zusammen auf Emmas Geburtstag, wir haben Viererdates, merkst du das nicht?", sprach ich weiter. Ich würde ihm einfach so sehr wünschen, dass sie die Eine ist. Er meinte zwar immer das wär ihm zu stressig und er brauchte seine Freiheit, aber dafür war er schon viel zu lange mit ein und derselben Frau im Bett, und das sagte ich ihm auch. „Und wie viele hast du neben ihr? Wenn das nur ne Affäre is, dürft ihr ja auch noch Jemanden haben, oder?", fragte ich. Er schüttelte den Kopf und sah mich direkt an. Ich sah ihm genau an, dass das, was er sagte, alles andere als die Wahrheit war. „Sie kann tun und lassen, was sie will, mit wem sie will und so oft sie will", meinte er. „Und deshalb vögelst du auch...", fing ich an, aber wurde direkt von ihm unterbrochen. „Anne, Bianca und Kati", haute er raus und mir verschlug es die Sprache.
„Da guckste, wa? Du interpretierst da zu viel rein, Wince", sagte er und schob mir die Chipsschüssel auf den Schoß. Das konnte er unmöglich ernst meinen. „Aber nur mit Linda gehst du abends aus", kommentierte ich. Seufzend drehte sich Marco zu mir. Das Spiel stand mittlerweile schon seit zwanzig Minuten auf Pause. „Weil sie cool is. Und witzig. Sie hat ne große Klappe, dass sogar mir manchmal kein Konter einfällt, und das soll was heißen. Und wir sind zu viert ne ziemlich gute Truppe, findest du nicht? Es ist alles so leicht und entspannt, und das ist gut so", erklärte er. Innerlich musste ich schmunzeln. Ach, da ist also doch was Besonderes an Linda. Ich ließ es fürs Erste gut sein und wir starteten das Spiel wieder. Wir hatten einen ziemlich guten Lauf sowohl im Spiel als auch was Marcos Biervorrat betraf, dass ich spät in der Nacht echt ganz schön einen Sitzen hatte. „Aber wenn sie doch so toll ist, und es auch im Bett noch so gut läuft, was spricht dagegen ihr das zu sagen?", fragte ich. Seufzend schmiss er seinen Controller auf den Tisch und sah zu mir rüber. „Was spricht dagegen, dass sie die Eine ist?", stichelte ich weiter. Ich war manchmal vielleicht etwas streitsüchtig, wenn ich angetrunken war. „Mein Gott, Wince. Ich bin nicht du und Linda ist nicht Emma. Wir wollen nix Ernstes und wir brauchen das auch nicht. Sei doch einfach froh, dass ich mich mit der besten Freundin deiner Holden gut verstehe. Ich bin nicht soweit, ich brauch das jetzt noch nicht, und sie auch nicht. Oder weißt du was, was ich nicht weiß?", fragte er.
Sofort schüttelte ich mit dem Kopf. „Ich weiß nix. Wir philosophieren da zwar viel zu gerne drüber, aber ich würde nix von dir ausplaudern und so is es bei Emma und Linda auch. Aber wär das nicht schön, wenn das einfach für immer so wär? Du, ich, Emma, Linda...die Kinder...", driftete ich schon wieder ab. Marco trank sein Bier aus und hielt mir meins hin. „Ich freu mich wirklich für dich, dass du scheinbar mit Emma grade so angekommen bist und alles hast, was du brauchst. Aber du musst aufhören mir das gleiche einzureden, weil wir uns gerade in völlig anderen Situationen befinden. Du warst, was das angeht, schon immer anders als ich. Ich hätte dir von vornherein sagen können, dass du diese F+-Sache nicht hinkriegst- und das soll jetzt nicht blöd klingen. Aber du bist dafür nicht gemacht. Und das ist okay, ich mag dich trotzdem, oder genau deswegen, keine Ahnung. Aber ich bitte dich und das meine ich völlig Ernst. Quatsch mich nicht ständig damit voll. Ich hab alles, was ich brauche, und gerade will ich auf keinen Fall Verpflichtungen. Wenn ich morgen alle Zelte hier abbrechen will und auf Weltreise gehen will, dann will ich das tun ohne mich vorher mit irgendjemandem abzusprechen", erklärte er mir und ich wurde augenblicklich still. Dass er in diesem Zustand noch solche Worte zusammenbrachte. „Aber wir wollten doch immer zusammen Kinder kriegen...dass die genauso aufwachsen wie wir", murmelte ich. Marco sah mich an und hob eine Augenbraue. „Als ob du jetzt mit Emma n Kind kriegen willst...", lachte er, „genießt doch erstmal eure Beziehung zu Zweit...das scheint ja mehr als gut zu laufen bei euch, also warum da jetzt irgendwas dran ändern?"
Und schon wieder waren wir weg von dem Ernsten. Ich wollte ja auch nicht hier und heute ein Kind mit ihr, aber ich war mir sicher, dass sie die Mutter meiner Kinder ist und dass ich diesen Wunsch nicht mehr Jahre hinten anstellen konnte und wollte. „Du kannst mir doch nicht erzählen, dass du keine Familie willst?", brachte ich entsetzt an. Ich hatte eindeutig zu viel, ja. „Och Wince, komm schon, übertreibs nicht...Mach das alles nicht größer, als es ist. Ich geh einfach nur mit Linda ins Bett, Punkt. Und du und Emma, ihr liebt euch und das ist doch gut so. Können wir das Thema jetzt bitte endlich beenden? Find dich damit ab, dass du verloren hast", lachte er. Ich wusste das eigentlich auch, aber ich in meiner Vorstellung war mein Leben so perfekt, dass nur noch Marco und Linda fehlten. Dann hätte ich alles, was ich immer wollte.
Aber vielleicht hatte er Recht und es war wirklich besser so, denn was wäre denn, wenn einer der Beiden die Beziehung gegen die Wand fahren würde? Gezwungermaßen würde das schließlich auch die Beziehung von Emma und mir belasten, schließlich ging es um unsere besten Freunde. Und als ich das ganze Thema mal von dieser Seite betrachtete, machte es viel mehr Sinn für mich. Ich hatte weder Bock noch den Nerv auf Stress. „Du hast Recht", meinte ich, „ihr macht das schon, oder auch nicht, je nachdem. Und falls du es doch irgendwann einsiehst, das sie die Eine ist, werde ich hier sitzen und dich breit angrinsen und sagen ‚Siehst du? Das hab ich dir schon vor Jahren gesagt' und es wird sich gut anfühlen". Marco rollte mit den Augen und stieß mit mir an. Er atmete tief durch und sagte doch letztendlich Nichts. „Irgendwie is es doch besser, wenn wir nur über die Frauen und den guten Sex reden, oder? Sind wir doch mal ehrlich...", brabbelte er und ganz eventuell plauderte ich an diesem Abend viel zu viel aus dem Nähkästchen.
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Nur mit Dir
FanfictionDas hier ist der zweite Teil rund um Emma und Wincent. Es war schwierig mit den Beiden; dieser Pakt ihrer Freundschaft- plus, von der jeder sagte, dass es nicht gut gehen könnte. Und jeder sollte Recht behalten. Erst verliebt sich der eine, dann der...