Kapitel 11

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Wincent

Mit viel lauter Musik ging die Fahrt ziemlich schnell vorbei und ich parkte in Berlin vor Amelies Büro und Wohnung. Ich stieg aus, atmete einmal tief durch und streckte mich. So langsam könntest du mal wieder was Alkoholhaltiges gebrauchen, stichelte mich mein inneres Teufelchen an, aber es war gerade 16 Uhr, das bekam ich Amelie nie verkauft. Kurz überlegte ich nochmal meinen Vorrat im Kofferraum anzuzapfen, aber Amelie hatte schon mitbekommen, dass ich da war und stand winkend am Fenster. Ich schmiss mir also nur meinen Rucksack über die Schulter und ging rein. 

„Da bist du ja.", lächelte sie und schloss mich in ihre Arme. Es ging mit dem typischen Wie geht es dir bla bla los, bevor wir uns direkt an die Planung setzten. Ich war ganz gut abgelenkt und merkte kaum, wie es später wurde. „Soll ich uns mal Essen machen?", fragte Amelie irgendwann und ich nickte sofort. Essen wäre auch mal wieder geil. „Willst du nen Wein dazu?", reif Amelie dann aus der Küche. Oh ja, den kann ich gebrauchen. „Gerne.", rief ich nur und widmete mich nochmal meinen Unterlagen. Der Abend mit Amelie war wirklich schön und mit dem ein oder anderen Gläschen Wein ging es mir auch direkt wieder richtig gut. Die nächsten zwei Tage bei Amelie vergingen ziemlich schnell und ich konnte mich ganz gut mit einer Pille vorm Schlafen über Wasser halten. Den Tag über war ich so gut abgelenkt, dass ich das Gefühl hatte dem Alkohol endlich nicht mehr verfallen zu sein und Abends trieb mich die Pille schnell genug in den Schlaf. Jetzt war ich aber wieder zu Hause und ich versuchte es wirklich ohne Alkohol, aber die ganzen Bierflaschen, die rumstanden verführten mich ab und an dann doch wieder. Ich kam mit viel weniger hin, als noch vor ein paar Wochen, aber so zwei Bier zum Abend brauchte ich schon zum Einschlafen. Heute hatte sich meine kleine Schwester angekündigt und ich versuchte die Wohnung wenigstens ein bisschen aufzuräumen.

Früher war ich immer ein Vorbild für sie, sie soll nicht sehen, was momentan mit mir los ist- sie hatte vor Weihnachten eh schon viel zu viel gesehen. Es klingelte und ich schob gerade noch meine Pillen in eine Schublade. Mit einem breiten Lächeln ging ich zur Tür, ich freute mich richtig auf Shayenne. Ich öffnete und zog sie direkt in meine Arme. Viel zu schnell löste sie sich allerdings wieder und schob mich von sich weg. „Du stinkst, säufst du immer noch?", fragte sie, zog sich ihre Schuhe aus und begann meine Wohnung zu inspizieren. „Nein, tu ich nicht.", verteidigte ich mich sofort, doch Shayenne hatte schon meine leeren Bierflaschen gefunden. Sie war wie ich, sie wusste, wo ich sowas verstecken würde. „Wincent, bitte. Du bist mein großer Bruder, ich mach mir Sorgen. Hör auf mit dem Scheiß.", sagte sie und sah mich bittend an. „Ich bin dabei, ich versprech es dir.", versicherte ich, setzte mich aufs Sofa und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. „Warum machst du das?", fragte Shayenne und kuschelte sich trotz allem an mich. „Es... ich weiß es nicht, es hilft einfach.", scheiterte ich an einem Erklärungsversuch.

„Du hast so viele Leute, die dir helfen wollen. Mama hat dir Hilfe angeboten, ich bin da. Marco, Amelie, deine Band. Alle sind für dich da. Du brauchst diesen Scheiß nicht.", redete meine kleine Schwester auf mich ein und die Tatsache, wie sie redete zeigte mir, wie groß ihre Sorge sein musste. Ich musste es vom Alkohol wegschaffen und von den verdammten Pillen. Das versprach ich auch Shayenne, also zumindest das mit dem Alkohol, alles andere musste ich mit mir selbst ausmachen. 

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