Kapitel 101

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Emma

Wincent brauchte nach seinem Absturz mit den Jungs fast zwei ganze Tage, bis er sich wieder erholt hatte. Tja, wir werden ja auch nicht jünger, ne? Eventuell genoss ich es sogar ein bisschen, dass er so litt, und ganz eventuell zog ich ihn auch gelegentlich damit auf. Aber nur im Spaß. Wir hatten die letzten Tage vor der Hochzeit nur noch kleine Dekoarbeiten in der Location zu erledigen, was zu einem Großteil Lindas hervorragendem Organisationstalent geschuldet war. Somit verbrachten wir den Tag vor der Hochzeit ganz entspannt zu Zweit Zuhause. Irgendwie herrschte zwar eine ganz besondere Stimmung zwischen uns, aber das lag wohl einfach an der Emotionalität des morgigen Tages. Immer, wenn ich Wincent über den Weg lief, grinste er mich so an. Ich suchte mir meine Sachen für den nächsten Tag zusammen und drapierte alles im Büro, während ich Wincent das Schlafzimmer überließ. Irgendwie war ich doch ziemlich gespannt auf seinen Anzug, aber den sollte er brav bis zum nächsten Tag im Schrank hängen lassen. 

Während Wincent trotzdem noch die letzten Sachen von Amelie abarbeitete, putzte ich die Bude und wusch die letzten zwei Maschinen Wäsche. Wir würden am Tag nach der Hochzeit sicher nicht dazu kommen und dann ging es für uns eh in die Flitterwochen. Zwei Wochen Strand, Meer und nichts tun und darauf freute ich mich wie bescheuert. Neben der Vorbereitungen hatten wir schließlich auch noch genug gearbeitet, um uns diese zwei Wochen Auszeit auch wirklich nehmen zu können. Als ich am späten Nachmittag alles erledigt hatte, saß Wincent immer noch vor dem Laptop. Ich schlang meine Arme um ihn und küsste ihn auf die Haare. „Jetzt ist aber gut, Babe", flüsterte ich und klappte seinen Laptop zu, „alles andere muss mal zwei Wochen Pause haben". Er lehnte sich gegen mich und nickte. „Du hast Recht", sagte er und verschränkte seine Finger mit meinen, „jetzt sind wir dran". Ich löste meine Arme, dass er aufstehen konnte. „Richtig, und deswegen gehen wir jetzt ne Runde joggen", schlug ich vor. Auch dazu würden wir die nächsten zwei Wochen sicher nicht kommen und irgendwo hatte ich gerade zu viel Energie. Eventuell lag das an meiner Aufregung, aber das konnte ich nicht zugeben.

Wir zogen uns um und liefen eine große Runde über die Felder. Glücklicherweise lief Wincent auch nicht so schnell wie sonst, denn ich stellte fest, dass ich ziemlich aus der Puste war. Warum auch immer. Selbst beim Laufen sah Wincent immer wieder zu mir rüber und grinste mich an. „Was is eigentlich los mit dir?", fragte ich, als wir wieder Zuhause angekommen waren. „Nichts", grinste er und schenkte uns ein großes Glas Wasser ein. Ich musterte ihn. „Ich kanns einfach nur nicht glauben, dass du morgen meine Frau bist", flüsterte er und legte seine Hände an meine Wange, bevor er mich lange und gefühlvoll küsste. „Ich freu mich so", flüsterte ich zurück und ich merkte schon, wie sich die Tränen in meinen Augen sammelten. Wie sollte das nur Morgen werden? Wincent strich mir über die Wange und küsste mich nochmal. „Dusche und dann Bierchen?", schlug er vor und ich nickte. 

Dann ging er vor ins Bad und ich schenkte mir noch ein Glas Wasser ein. Vor dem Bier müsste ich allerdings noch einen Test machen. Ich hatte zwar nicht das Gefühl schwanger zu sein und auch keine Anzeichen bemerkt, aber ich wollte auf Nummer sicher gehen, bevor ich an meiner Hochzeit einen Sekt trinken konnte, oder auch einen zweiten. Und das wollte ich eigentlich nicht auslassen, wenn ich nicht schwanger war. Wovon ich nach wie vor nicht ausging. Obwohl wir ausreichend geübt hatten. „Soll ich ne Pizza bestellen?", riss mich Wincent aus meinen Grübeleien. Seine noch feuchten Haare standen ihm in allen Himmelsrichtungen vom Kopf ab und dass er kein Shirt trug, heizte mir ganz schön ein. Ich konnte nicht fassen, dass dieser Mann für immer Meiner war. „Sabberst du wegen der Pizza oder wegen mir?", grinste er mich an und schloss meinen offen stehenden Mund. Ich schüttelte mich. „Wegen der Pizza natürlich. Ich nehm ne Vegetarische, bitte", erwiderte ich und verschwand grinsend im Bad.

Ich gönnte mir ein ausgiebiges Pflegeprogramm, um am nächsten Tag nicht in Stress zu geraten und überlegte, ob ich Wincent einweihen sollte wegen des Tests. Wobei, ich war mir so sicher, der würde negativ sein, das könnte ich ihm danach immer noch sagen. Also pinkelte ich am Endes meines Programm auf diesen Test und, während der Timer lief, zog ich mich an und föhnte meine Haare. Ich war kein bisschen aufgeregt, ganz anders als beim letzten Mal, und so griff ich ganz unbedarft nach dem Teststreifen, als die Zeit um war. Ich sah darauf und konnte kaum glauben, was ich da las. „What the fuck", murmelte ich. Ich setzte mich auf den Klodeckel und starrte bestimmt zehn Minuten ungläubig auf den Test. 

Positiv. Positiv? 

Ich konnte dem Ganzen kaum trauen, schließlich hatte ich überhaupt nichts an mir bemerkt und hätte wahrscheinlich alles darauf verwettet nicht schwanger zu sein. Ich machte einen zweiten Test und einen dritten und alle waren sie positiv. Ich konnte es wirklich kaum glauben. Ich sah mich im Spiegel an und dann rollten mir die ersten Tränen über die Wange. Ich war schwanger. Ein noch schöneres Hochzeitsgeschenk konnten wir beide wohl nicht bekommen. Unfassbar. Ich strich mir die Tränen von den Wangen und atmete tief durch, bevor ich aus dem Bad trat. Ich musste Wincent einweihen, sofort, und kurz verfluchte ich mich, dass ich ihm vorher nichts davon erzählt hatte. „Wince, ich muss...", fing ich an, bis ich wie angewurzelt im Türrahmen stehen blieb.

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