Wincent
Heute war nun der zweite Weihnachtstag und den wollten Emma und ich einfach nur zu zweit verbringen. Gestern war Emma bei Linda und ihrer Mum und ich war bei meiner Familie. Den ganzen Tag tollte ich mit meinen Cousinen und Cousins rum, die mittlerweile auch schon alle ganz schön groß waren. Irgendwann hatte ich mich mit einem Bier neben meinen Opa gesetzt und ihn einfach angesehen, wie er völlig glückselig auf seine Familie schaute. „Genau so will ich hier in 40 Jahren auch sitzen.", lächelte ich zufrieden. „Das glaub ich dir und das wirst du auch, mein Junge. Behandle deine Frau einfach immer gut, alles andere ergibt sich von alleine.", sagte er. Nie wieder würde ich Emma falsch behandeln, das hatte ich viel zu lange getan. „Na? Was träumst du schon wieder?", riss Emma mich aus meinen Gedanken. „Ach, ich lasse nur die letzten zwei Tage nochmal an mir vorbei ziehen. Ich liebe ja diese Harmonie.", erklärte ich und nahm ihr den Kaffee ab, den sie mir hinhielt.
„Und heute machen wir uns einen wunderschönen Tag zu zweit.", lächelte sie und kuschelte sich an mich. Ich legte meinen Arm um Emma und wir sahen einfach beide ein wenig aus dem Fenster, während wir unseren Kaffee schlürften. Für Ende Dezember war es fast zu schön, ab und an kämpfte sich sogar die Sonne durch die Wolken. Immer wieder gab Emmas Handy einen Ton von sich, doch sie ignorierte es einfach. „Was machen wir jetzt heute noch? Das Wetter ist so schön.", sagte Emma irgendwann. „Den Weihnachtsspeck abtrainieren?", fragte ich. „Boah Wincent.", verdrehte sie die Augen. „Nicht joggen?", schmunzelte ich, denn ich hatte ausnahmsweise mal keine Hintergedanken. „Ach so... doch klar. Ich geh kurz ins Bad.", sagte Emma dann und schnappte sich ihr Handy. Ich ging erstmal ins Schlafzimmer und zog mich um, bevor ich eigentlich auch nochmal kurz ins Bad wollte. Die Stimme, die ich hörte irritierte mich allerdings. Das war Linda. „Weißt du, langsam kann ich mich ein bisschen freuen. Ich mein, ein kleiner Wurm in meinem Bauch, mein Leben wird sich ändern, aber das wird so schön. Egal wie das mit Marco weiter geht, ich werde dieses Kind über alles lieben.
„Ich glaube das ist das Beste, was mir passieren konnte. Ein Baby, eigentlich vollkommen surreal, dass ich das mal sage.", hörte ich Linda sagen.
Kurz war Stille und eigentlich hätte ich diesen Moment nutzen sollen, um auf mich aufmerksam zu machen, aber stattdessen blieb ich einfach wie angewurzelt stehen. „Hey Süße, das freut mich total. Du wirst die beste Mutter, die diese Welt zu bieten hat und es ist ganz normal, dass man am Anfang überrumpelt bist, gerade in deiner Situation. Aber es ist schön, dass du dich jetzt freuen kannst und ich werd immer für dich da sein. Das mit Marco wird schon noch, gib ihm Zeit. Er ist anders als Wincent...Wincent wäre sofort im siebten Himmel.", antwortete Emma. Scheinbar schickten sich die beiden Sprachnachrichten. Schön, dass sie meinen Wunsch kannte, aber mich trotzdem zappeln ließ. Alle bekamen Kinder, alle... sogar die, die es nicht wollten und was war mit uns? Warum hätte sie ihre Pille auf der Tour nicht einfach zu einem anderen Zeitpunkt vergessen können? Ich schüttelte mich kurz bei diesen Gedanken und ging dann zur Tür. „Emma, können wir endlich los?", rief ich genervt. Von einer Sekunde auf die andere war meine Laune im Keller. „Bin doch schon da.", kam sie dann aus dem Bad und wollte mir einen Kuss geben. Ich erwiderte diesen nur halbherzig und zog mir meine Schuhe an. Wir joggten los und ich konzentrierte mich nur auf mich. Der Feldweg war mein Ziel und ich rannte einfach darauf zu. „Wincent, jetzt mach doch mal langsam, sonst kannst du alleine weiterlaufen.", rief Emma mir hinterher. Ich blieb kurz stehen und merkte erst jetzt, wie sehr meine Lunge brannte. Uns kam gerade eine Familie entgegen. Die Eltern hatten ihre Finger miteinander verschränkt, das kleine Mädchen lief aufgeregt übers Feld und der Vater schob stolz den Kinderwagen.
Wie würden Emma und ich wohl in dieser Situation aussehen?, fragte ich mich. Aber statt unserem Bild hatte ich einen euphorischen Benni, einen stolzen Paul und einen überforderten Marco vor meinem inneren Auge. „Hey, was ist los? Hast du einen Geist gesehen?", kam Emma dann bei mir an und schlang ihre Arme um mich. „Nein, lass mich.", brummte ich und löste mich aus ihrem Griff. „Was ist los?", wiederholte Emma ihre Worte und stellte sich vor mich. „Nichts.", verdrehte ich die Augen und joggte einfach weiter. „Alter Wincent, es reicht!", schrie Emma. So laut war sie noch nie geworden, ich blieb sofort stehen und richtete meinen Blick aufs Feld. „Seit wir los wollten bist du komisch, was ist verkehrt mit dir?", fragte sie nochmal und strich über meinen Arm. „Ich will nicht drüber reden, Emma.", brummte ich und zog ihn unter ihrer Hand weg. „Hab ich verstanden, aber renn bitte nicht so.", gab sie nach und wir joggten gemütlich weiter. Mein Kopf machte allerdings was er wollte und ich sah nur noch Kinder, überall Kinder.
Wieder zu Hause kuschelten wir uns nach einer Dusche aufs Sofa und ich nickte wohl ein bisschen weg. Emma und ich hatten Kinder, wir waren glücklicher denn je. Genau wie Marco und Linda, wir waren fast eine Großfamilie. „Wincent, wach auf.", hörte ich dann Emmas Stimme. „Wo ist unser Kleiner?", murmelte ich und schlang meine Arme um sie. „Wincent, du träumst.", sagte Emma und da öffnete ich meine Augen. Emma sah mich direkt an und irgendwie wirkte sie traurig. „Fuck.", brummte ich und setzte mich auf. „Wincent, bitte! Rede doch mit mir.", forderte Emma mich auf und dieses Mal kam ich dieser Aufforderung nach. „Warum bekommen alle Kinder, nur wir nicht?", stellte ich dann die Frage, die mich schon länger beschäftigte. „Ach Wincent. Wir werden auch Kinder bekommen, wenn es an der Zeit dafür ist.", erwiderte Emma seufzend. „Und was ist, wenn die Zeit dafür schon gekommen ist?", hakte ich nach. „Lass uns doch erstmal die Zeit als Paar genießen, bevor wir den nächsten Schritt gehen. Es geht gerade alles so schnell, lass uns das nicht auch noch überstürzen.", erklärte sie. Mein Kopf begann eine wilde Theorie zusammen zu spinnen, mein Puls beschleunigte sich, alle Erlebnisse der letzten Wochen zogen nochmal an mir vorbei und dann platze es einfach aus mir raus.
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Nur mit Dir
FanfictionDas hier ist der zweite Teil rund um Emma und Wincent. Es war schwierig mit den Beiden; dieser Pakt ihrer Freundschaft- plus, von der jeder sagte, dass es nicht gut gehen könnte. Und jeder sollte Recht behalten. Erst verliebt sich der eine, dann der...