Wincent
„Und nun frage ich Sie, Emma van der Heide, wollen Sie den hier anwesenden Wincent Weiß zu Ihrem rechtmäßig angetrauten Ehemann nehmen, so beantworten Sie meine Frage bitte mit ‚Ja, ich will'", sprach die Standesbeamtin nun Emma an. Ich schaute zu ihr rüber und sie sah zu mir. Ihr Strahlen, dass sie den ganzen Tag im Gesicht hatte, schwand jedoch urplötzlich. Fast schon panisch starrte sie mich an. Ich versuchte sie zu beruhigen und griff nach ihrer Hand, die sie mir allerdings sofort entzog. „Nein", hörte ich sie sagen, „nein, ich kann das nicht. Ich kann das nicht". „Emma, was ist los?", versuchte ich ruhig auf sie einzuwirken. Die Panik war ihr ins Gesicht geschrieben und dazu liefen ihr Tränen über die Wange. Ich spürte Marcos Blick auf mir und sah wie Linda ihre Hand auf Emmas Schulter legte. Auch die schob Emma sofort wieder weg. „Ich kann das nicht", schrie sie wieder und hechtete aus der Tür. Linda sah mich fassungslos an, bevor sie sich in Bewegung setzte. Was war hier passiert? Was darf doch nicht wahr sein. Mein Herz überschlug sich und ich kriegte irgendwie keine Luft mehr. Ich fiel und fiel wie im freien Fall.
Bis mich jemand ans Bein tritt und ich hochschreckte. Ich atmete als wäre ich einen Marathon gelaufen, aber als ich meine Augen aufschlug beruhigte ich mich sofort. Ich lag in meinem Bett, Zuhause, und als ich meinen Kopf drehte lag Emma neben mir. Was ein beschissener Traum. „Mann, ey, Wince, da klingelt ständig jemand an der Tür", brummelte sie und stupste mich wieder an. Ich räusperte mich und rollte mich anschließend aus dem Bett. Wer zum Henker störte uns so früh und das an unserem Hochzeitstag. Ich schlurfte zur Haustür und öffnete sie. „Herrgott, wie oft muss ich noch klingeln? Seid ihr beide taub oder was?", prasselten direkt Lindas Worte auf mich ein. Sie polterte an mir vorbei und schob ihren Koffer ins Wohnzimmer. „Wo ist sie?" fragte sie mich. Ich war immer noch völlig verpennt und hatte keine Ahnung wovon sie redete. Linda stellte sich direkt vor mich und tätschelte mein Gesicht. „Habt ihr verschlafen?", fragte sie wieder.
„Wincent! Alter! Es ist fast zehn Uhr", sagte sie laut und da weiteten sich meine Augen. „Was?", murmelte ich. Linda riss die Terrassentür auf und lief dann schnurstracks ins Schlafzimmer und machte dort an den Fenstern weiter. „Ihr habt verschlafen, ihr Helden", sagte sie laut und zog Emma die Decke weg. Die rollte sich direkt zusammen, weil ihr sicher kalt wurde, schließlich lag sie noch immer nackt in unserem Bett. „Habt ihr in weiser Voraussicht die Hochzeitsnacht vorgezogen oder was?", stichelte Linda. Langsam musste ich schmunzeln und strich meiner Freundin sanft über den Rücken. Sie war leider ein Morgenmuffel geworden, wie ich. „Emma, es ist zehn Uhr!", flüsterte ich ihr ins Ohr und dann schreckte auch sie hoch. „Haben wir verschlafen?", fragte sie und starrte Linda an. „Offensichtlich", meinte die nur und stellte sich mit verschränkten Armen an unser Bett. „Scheiße!", rief Emma aus und hechtete ins Bad. Linda sah mich an und hob nur eine Augenbraue. „Ihr seid echt die Größten, ey", murmelte sie und schüttelte den Kopf.
Leider hatte sie wohl recht. Wie konnten wir nur ausgerechnet an unserem Hochzeitstag den Wecker vergessen? „Zum Glück haben wir ja dich", erwiderte ich nur und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Dann kümmerte ich mich um den Kaffee, während Linda ihr Reich im Büro aufbaute. Emma war schon Ewigkeiten im Bad verschwunden, dass ich doch mal nach ihr schauen musste. Ich klopfte an der Tür, aber drinnen war es still. „Emma?", fragte ich, bevor ich die Tür öffnete. „Was is los?", fragte ich, als ich sie vor der Toilette sitzend vorfand. Ich reichte ihr ein Glas Wasser und half ihr auf die Beine. „Wohl die Aufregung", lächelte sie schwach. Ich drückte sie an mich und strich über ihren Rücken. „Es wird alles gut werden, du wirst sehen", flüsterte ich ihr ins Ohr. Sie löste sich etwas von mir und sah mich an. Ich hatte das Gefühl, sie würde noch irgendetwas sagen wollen, aber da stand Linda schon im Türrahmen.
„Emma, los jetzt, wir kriegen sonst echt n Zeitproblem", mahnte sie uns. Ich stieg also schnell unter die Dusche, während Emma ihre Zähne putzte und mich dann alleine ließ. Irgendwie brauchte ich heute ewig mit meinen Haaren und zugegeben langsam wuchs auch bei mir die Aufregung, dass ich mir wünschte Marco würde mir gut zureden. Just in den Moment klingelte mein Handy und mein bester Freund rief an. „Wince, ich weiß, dass du grade ausflippst, aber das musst du nicht. Du siehst spitze aus, sie wird umwerfend aussehen und der Tag wird wunderschön, das versprech ich dir. Und jetzt mach hinne, nimm das gute Aftershave und denk an die Krawatte. Ich hab dir n Tutorial geschickt, wenn du verzweifelst. Ich hol euch in einer Stunde ab", sagte er und es war clever von ihm mich nicht mal zu Wort kommen zu lassen. „Danke, du bist der Beste", sagte ich nur und legte dann wieder auf.
Ich trank erst noch einen zweiten Kaffee auf der Terrasse, versuchte mich runter zu bringen und warf einen weiteren Blick auf mein Gelübde. Wahrscheinlich würde mir später kein Wort davon mehr einfallen. Aber es half alles nichts, ich musste da durch und vor allem musste ich mich langsam mal umziehen. Ich griff nach dem Anzug, der mir nach wie vor mega gut gefiel, und zog die Hose und das Hemd an. Marco kannte mich einfach zu gut, denn tatsächlich scheiterte ich kläglich an dem blöden Krawattenknoten. Selbst mit dem Video war es ein Trauerspiel. „Dann eben nicht", brummelte ich und schmiss sie aufs Bett. Darauf wird es nicht ankommen. „Soll ich dir helfen?", streckte Linda dann ihren Kopf durch die Tür. Seufzend sah ich sie an und deutete auf die Krawatte. Sie legte mir den Stoff um den Hals und machte ein paar flinke Bewegungen, dann saß das Teil perfekt. „Danke", meinte ich und sah sie an. „Nicht dafür", erwiderte sie und lächelte mich an. „Danke dir, dass du an Emmas Seite bist. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal sage, aber du bist perfekt für sie", sprach sie weiter. Ein größeres Kompliment hätte sie mir nicht machen können. „Und jetzt geh ich und hol meine Männer ab. Deine Braut wartet im Wohnzimmer auf dich", sagte sie und ging wieder. Ich zog mir mein Jackett über und checkte mich ein letztes Mal im Spiegel ab, bevor ich bereit war für Emma.
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Nur mit Dir
FanfictionDas hier ist der zweite Teil rund um Emma und Wincent. Es war schwierig mit den Beiden; dieser Pakt ihrer Freundschaft- plus, von der jeder sagte, dass es nicht gut gehen könnte. Und jeder sollte Recht behalten. Erst verliebt sich der eine, dann der...